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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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Lieben! Wartet, ihr werdet nicht lange triumphiren! ... Ja, ich habe eine Ahnung, daß ... Wenn ich die Bekanntschaft einer Frau gemacht, kann ich immer sicher errathen, ob sie mich liebt oder nicht ...
     
    Den Rest des Abends verbrachte ich in Wera's Nähe, und wir unterhielten uns lange über die Vergangenheit ... Warum liebt sie mich eigentlich? In der That, ich weiß es nicht. Ich begreife es um so weniger, als sie die einzige Frau ist, die mich vollständig kennt, mit all meinen kleinen Schwächen und schlechten Leidenschaften ... Sollte das Böse denn so verführerisch sein? ...
     
    Gruschnitzki und ich gingen zusammen fort. Auf der Straße erfaßte er meinen Arm und sagte nach langem Schweigen:
     
    "Nun?"
     
    Es schwebte mir auf der Zunge, ihm zu antworten:
     
    "Du bist ein Dummkopf!" aber ich behielt diesen Ausruf für mich und beschränkte mich darauf, die Achseln in die Höhe zu ziehen.
     
     
    * * *
     
     6. Juni.
     
     
    Während all dieser Tage bin ich nicht ein einziges Mal von meinem Verhaltungsplan abgewichen. Mary fängt an, Gefallen an meiner Unterhaltung zu finden. Ich habe ihr einige der romantischsten Abenteuer meines Lebens erzählt, und sie beginnt mich als einen außerordentlichen Menschen zu betrachten. Ich mache mich über Alles lustig, besonders über Gefühle. Das fängt an, sie zu erschrecken. In meiner Gegenwart wagt sie es nicht mehr, sich mit Gruschnitzki in sentimentale Regionen emporzuschwingen, und einige Mal ist es ihm sogar passirt, daß sie seine Ergüsse mit ironischem Lächeln beantwortete. Aber sobald ich die beiden zusammen sehe, nehme ich eine bescheidene Miene an und entferne mich. Das erste Mal war sie darüber erfreut oder gab sich wenigstens den Anschein; das zweite Mal war sie erzürnt auf mich; das dritte Mal auf – Gruschnitzki.
     
    "Sie haben sehr wenig Eigenliebe," sagte sie gestern zu mir. "Warum glauben Sie, daß mir Gruschnitzki's Gesellschaft angenehmer sei als die Ihre?"
     
    Ich antwortete ihr, daß ich mein eigenes Glück dem eines Freundes opferte.
     
    "Und das meine!" setzte sie hinzu.
     
    Ich blickte sie fest an und machte ein ernstes Gesicht. Dann sprach ich den ganzen Tag kein Wort mehr mit ihr ... Am Abend war sie nachdenklich; und heut' Morgen an der Quelle war sie's noch mehr. Als ich mich ihr näherte, hörte sie zerstreut Gruschnitzki zu, der ihr eine Rede zu halten schien über die Schönheiten der Natur. Aber kaum hatte sie mich bemerkt, so brach sie in helles Lachen aus und gab sich doch – ganz zur Unzeit – den Anschein, als hätte sie mich nicht gesehen. Ich entfernte mich und beobachtete sie verstohlen. Sie wandte sich von dem Fähndrich ab und gähnte zweimal. Entschieden, Gruschnitzki langweilt sie. Noch zwei Tage und sie spricht kein Wort mehr mit ihm.
     
     
    * * *
     
     13. Juni.
     
     
    Ich frage mich oft, warum ich so hartnäckig um die Liebe eines Mädchens werbe, das ich nicht verführen will, und welches ich niemals heirathen werde. Warum diese frauenartige Koketterie? Wera liebt mich mehr als Mary mich jemals lieben wird. Wenn diese Fürstin sich mir als eine unbesiegbare Schönheit zeigte, so könnte mich vielleicht die Schwierigkeit des Unternehmens anstacheln ...
     
    Aber damit ist es nichts. Die Triebfeder meiner Handlungsweise ist also nicht jenes unruhige Bedürfniß zu lieben, das uns in der ersten Zeit unserer Jugend so quält, das uns von einer Frau zur andern zieht, bis wir eine finden, die uns nicht leiden mag. Dann beginnt unsere Beständigkeit – unsere Leidenschaft ist wahr, unendlich wie eine mathematische Linie, die an einem bestimmten Punkte beginnt und sich in der Unendlichkeit verliert. Das Geheimniß einer solchen unendlichen Leidenschaft liegt in der Unmöglichkeit, an ein Ziel, das heißt an das Ende zu gelangen.
     
    Was ist also der Grund meiner Aufregung? – Neid gegen Gruschnitzki? Der Aermste! Er verdient ein solches Gefühl gar nicht. Oder sollte ich von jenem schlechten, aber unwiderstehlichen Gefühl beherrscht sein, das uns verleitet, die süßesten Illusionen des Nebenmenschen zu vernichten, um die kleine Genugthuung zu haben, ihm sagen zu können, wenn er uns voll Verzweiflung fragt, woran er in Zukunft glauben könne:
     
    Lieber Freund, dasselbe Unglück ist mir passirt; und doch siehst du, daß ich mit der größten Ruhe fortfahre gut zu diniren, zu soupiren und zu schlafen, und ich hoffe, auch ohne Stöhnen und Thränen zu sterben.
     
    Aber es liegt ja ein unbegreiflicher

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