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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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sie mit einem ironischen Schmollen, das übrigens sehr schön zu der Lebhaftigkeit ihrer Physiognomie paßte.
     
    "Wenn ich die Keckheit gehabt, Sie irgend wie zu verletzen, so erlauben Sie mir noch eine größere: Sie um Verzeihung zu bitten ... Und in der That, ich möchte Sie gern überzeugen, daß Sie sich über mich in einem Irrthum befinden."
     
    "Das wird ziemlich schwer sein."
     
    "Warum?"
     
    "Weil Sie nicht zu uns kommen und diese Bälle sich wahrscheinlich nicht oft wiederholen werden."
     
    Das bedeutet, dachte ich, daß Ihre Thür mir für immer verschlossen ist.
     
    "Wissen Sie auch, Fürstin," sagte ich mit einem Anflug von Aerger, "daß man einen Reuigen nie zurückstoßen sollte: Aus Verzweiflung könnte er eine noch größere Schuld auf sich laden ... Und dann ..."
     
    Das Flüstern und Lachen derer, die uns umgaben, veranlaßten mich, mich umzuwenden und erlaubten mir nicht, meine Phrase zu vollenden. Einige Schritte von mir stand eine Gruppe von Männern, und unter ihnen befand sich der Dragonerhauptmann, der gegen die reizende Fürstin feindselige Absichten zu haben schien: er zeigte sich über irgend etwas hocherfreut, rieb sich die Hände, lachte und tauschte mit seinen Kameraden verständnißvolle Zeichen aus. Plötzlich trat aus ihrer Mitte ein Herr mit Frack, langem Schnurrbart und rothem Gesicht hervor, und ging mit schwankenden Schritten gerade auf die Fürstin zu, – er war betrunken. Er stellte sich, die Hände auf dem Rücken gekreuzt, ihr gerade gegenüber auf, richtete seine trüben grauen Augen auf sie und sagte mit heiserer Stimme:
     
    " Permettez ... Aber wozu Umstände! ... Kurz, ich engagire Sie zu der Mazurka ..."
     
    "Was wünschen Sie?" flüsterte Mary mit bebender Stimme und warf einen flehenden Blick um sich.
     
    Leider waren ihre Mutter oder einer von den Herren ihrer Bekanntschaft nicht in der Nähe. Ein Adjutant schien mir freilich Alles gesehen zu haben, aber er versteckte sich in der Menge, um nicht in die Geschichte verwickelt zu werden.
     
    "Nun?" sagte der betrunkene Herr, indem er dem Dragonerhauptmann, der ihn durch Zeichen ermuthigte, winkte. "Schlagen Sie mir den Tanz vielleicht ab? ... Ich habe also noch einmal die Ehre, Sie zu der Mazurka zu engagiren ... Sie glauben vielleicht, ich sei betrunken? Durchaus nicht! ... Im Gegentheil, ich kann Sie versichern ..."
     
    Ich bemerkte, daß Mary nahe daran war, vor Schreck und Abscheu ohnmächtig zu werden.
     
    Ich trat auf den betrunkenen Herrn zu, faßte ihn ziemlich derb am Arm, sah ihm fest in die Augen und ersuchte ihn, sich zu entfernen, – weil, fügte ich hinzu, die Fürstin die Mazurka schon längst mir zugesagt habe.
     
    "Nun, dann ist nichts zu machen," versetzte er lachend ... "also das nächste Mal."
     
    Und damit zog er sich zu seinen Verbündeten zurück, die ihn sofort in ein anderes Zimmer führten.
     
    Ich ward mit einem tiefen entzückenden Blicke belohnt. 
     
     
     
    Mary eilte zu ihrer Mutter und erzählte ihr den ganzen Auftritt. Diese suchte mich auf und dankte mir. Zugleich theilte sie mir mit, daß sie meine Mutter kenne und mit einem halben Dutzend meiner Tanten befreundet sei.
     
    "Ich weiß nicht, wie es kommt," setzte sie hinzu, "daß wir noch nicht mit einander bekannt sind; aber gestehen Sie, daß dies lediglich Ihre Schuld ist. Sie fliehen alle Welt; das ist unbegreiflich. Ich hoffe, daß die Luft meines Salons Sie von Ihrem Spleen heilen wird."
     
    Ich antwortete mit einer jener Phrasen, die man für solche Gelegenheiten immer in Bereitschaft haben muß.
     
    Die Quadrillen zogen sich schrecklich lange hin.
     
    Endlich gab das Orchester das Zeichen zu der Mazurka; ich nahm meinen Platz neben der Fürstin ein. Ich spielte nicht mit einem Worte auf den betrunkenen Herrn an, ebensowenig auf mein früheres Betragen oder auf Gruschnitzki. Der Eindruck, den der unangenehme Auftritt auf sie gemacht, hatte sich nach und nach verwischt; ihr Antlitz wurde wieder heiter; sie scherzte in der anmuthigsten Weise. Ihre Einfälle waren geistreich, ohne daß sie es darauf abgesehen hatte, lebhaft und ungezwungen, und einigen ihrer Bemerkungen fehlte es nicht an Tiefe ...
     
    Ich gab ihr in ziemlich confusen Phrasen zu verstehen, daß sie mir schon seit lange gefalle. Sie neigte das Köpfchen und erröthete ein wenig.
     
    "Sie sind ein seltsamer Mensch!" sagte sie mit einem gezwungenen Lächeln, indem sie mich mit ihren Sammetaugen ansah.
     
    "Ich wollte mich Ihnen nicht

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