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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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nicht. Zu mir ist er nett.«
    »Ich kann ihn mir eigentlich
zärtlich gar nicht vorstellen.«
    »Was heißt zärtlich...« Franzi
tappte auf dem Nachttisch nach ihren Zigaretten. Es bahnte sich ein intimes
Gespräch an, und das schaffte sie einfach nicht ohne Zigarette.
    »Gib mir auch eine«, bat
Evelyne.
    Franzi warf, nachdem sie sich
ihre Zigarette angesteckt hatte, die Packung und das Feuerzeug auf Evelynes
Bett.
    »Du weißt schon, wie ich es
meine«, sagte Evelyne und musterte die Freundin neugierig.
    »Natürlich«, sagte Franzi so
gleichgültig wie nur möglich. Sie verwünschte Mrs. Ronsfield, die den
verdammten >wunderbaren Morgen< hereingelassen hatte. Nun sah Evelyn auch
noch, daß sie rot wurde.
    »Na ja, es war ja auch höchste
Zeit. Du bist sowieso schon ganz verkrampft«, meinte Evelyne sachlich. Sie
begann ihre morgendliche Bettgymnastik, Radfahren mit hochgestreckten Beinen.
»Weiß er, daß er dein erster Junge ist?« Sie hörte mit den Beinübungen auf,
warf sich auf den Bauch und musterte die Freundin mit einem fast anteilnehmenden
Lächeln.
    Das Wort Junge paßte so gar
nicht zu Lester. Für Franzi war er in seiner leicht ironischen, überlegenen Art
ein richtiger Mann. Evelyne sah das natürlich nicht. Sie hatte ihn schließlich
schon erlebt, als er noch in gräßliches Geheul über ein verschwundenes
Modellflugzeug ausbrechen konnte.
    »Natürlich weiß er es«, sagte
Franzi.
    Plötzlich lachte Evelyne auf.
Ihr war ein komischer Gedanke gekommen. »Ich wette, daß Mama glaubt, Lester
hätte von alldem keine Ahnung. Mütter wiegen sich zu gern in der Vorstellung,
daß ihre Kinder kleine liebe Babys bleiben.«
    Die Zigarette, die sie während
ihrer Radfahrübung auf den Nachttisch gelegt hatte, hatte einen dunkelbraunen
Fleck in die Resopalplatte gebrannt. Sie wischte gleichgültig mit der Hand
darüber und drückte die Zigarette auf dem Fußboden aus.
    »Möchtest du ihn heiraten?«
    »Ach wo«, sagte Franzi
wegwerfend, obwohl sie sich im Augenblick außer Lester keinen Mann vorstellen
konnte, mit dem sie Intimitäten austauschen könnte. Intimität war übrigens ein
schauerliches Wort. Es klang so peinlich, nach Chambre separée und rotem Licht
und schwüler Musik und Champagner. Franzi brauchte keinen Sekt. Sie begehrte
Lester, denn sie liebte ihn, und sie konnte sich nicht vorstellen, daß das eine
vom anderen zu trennen sei.
    Evelyne entschloß sich
aufzustehen. Sie stakte mit ihren langen Beinen zum Waschbecken und begann sich
gründlich ihre Zähne zu putzen. Zwischen dem Gurgeln, kaum verständlich, fragte
sie: »Du bist doch vorsichtig?«
    »Klar.«
    Evelyne gurgelte geräuschvoll
und spuckte das Wasser ins Becken. Sie wischte sich den Mund mit dem Handtuch
trocken. »Du darfst nicht einen einzigen Tag mit der Pille aufhören«, meinte
sie belehrend.
    »Ich weiß...«
    Franzi war in dieser Beziehung
nicht so pedantisch. Wenn sie an dem einen oder anderen Tag einmal vergessen
hatte, die Wunderpille einzunehmen, schluckte sie am darauffolgenden Tag
einfach zwei.
    Mrs. Ronsfield rauschte erneut
ins Zimmer. »Was? Noch immer nicht angezogen! Fünf Minuten bleibt der Tee noch
stehen, dann räume ich den Frühstückstisch ab«, rief sie im Tonfall heiterer
Aktivität und knallte die Tür wieder zu.
    »Entsetzlich!«
    Evelyne rang die Hände.
    »Du bist unduldsam mit deiner
Mutter, Evelyne«, rügte Franzi. »Sei nicht so biestig.«
    »Du kannst nicht mitreden, du
hast eine großartige Mutter. Du könntest mit ihr doch sicher über all diese
Dinge reden. Über Lester und dich und so.«
    »Ich würde mir eher die Zunge
abbeißen.«
    »Warum?«
    »Weil sie meine Mutter ist. Und
weil sie darauf wartet, daß ich ihr volles Vertrauen entgegenbringe. Verstehst
du das? Ich finde es gräßlich, wenn von einem etwas erwartet wird.«
    Evelyne zuckte die Schultern.
Von ihrem Bett aus konnte sie das Tonbandgerät einschalten. Sie klatschte im
Takt mit.
    »Was tun wir heute?« fragte
Franzi.
    »Nichts.« Evelyne starrte an
die Decke, wiegte ihren schmalen Kopf hin und her und lächelte.
    »Lester möchte mit uns eine
Rundfahrt um die Insel machen«, meinte Franzi.
    »Möchtest du gern, daß ich zu
Hause bleibe? Dann bekomme ich ganz einfach Bauchschmerzen.«
    »Ach was, du kommst natürlich
mit.«
    Ein Geschwader Düsenjäger
brauste vorbei, und beide Mädchen rannten wie elektrisiert zum Fenster. Sie
starrten den stählernen Raubvögeln nach. Als der Lärm wieder der morgendlichen
Stille wich, hörten sie

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