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Ein Herzschlag bis zum Tod

Ein Herzschlag bis zum Tod

Titel: Ein Herzschlag bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara J. Henry
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Paul rutschte unruhig herum, vielleicht ahnte er, was ich vorhatte. Ich fragte ihn, ob er zur Schule gehe.
    »
Je ne vais pas à l’école
.« Keine Schule?
    Ich erkundigte mich beiläufig, wo er wohne. Wieder runzelte er die Stirn und zuckte mit den Schultern. »
Tu habites avec tes parents?
« Er wurde ziemlich erregt und schüttelte heftig den Kopf. Entweder wohnte er nicht bei seinen Eltern oder wollte nicht darauf antworten.
    Ich sah mir seine Kleidung an. Er brauchte unbedingt etwas Vernünftiges zum Anziehen. Vielleicht könnte er sich entspannen, wenn andere Kinder in der Nähe waren. Und ich musste, obwohl ich es nie zugegeben hätte, mit jemandem reden.
    Ich griff zum Telefon und rief meine Freundin Baker in Saranac Lake an. »
C’est mon amie
.
Elle a trois jeunes fils
«, erklärte ich Paul. Drei Söhne. Ich hatte Baker bei der Zeitung kennengelernt, als sie eine Kollegin im Mutterschaftsurlaub vertreten hatte. Sie hieß Susan, war aber immer beim Nachnamen genannt worden, seit sie mit mehreren Susans zusammengearbeitet hatte. Für mich ist sie Baker geblieben, obwohl sie längst einen neuen Nachnamen, einen großen, kräftigen Ehemann und drei kleine Söhne hat.
    Ihr Mann ging ans Telefon.
    »Hallo, Mike, hier ist Troy. Kann ich mit Baker sprechen?«
    »Sie muss irgendwo stecken.« Er musste schreien, um den Lärm im Hintergrund zu übertönen. »Sie spielt gerade Häuptling mit dem Indianerstamm. Sekunde.«
    Baker war außer Atem, als sie ans Telefon kam. Falls sie sich wunderte, dass ich mir Kleidung von ihrem ältesten Sohn ausleihen |41| wollte, sagte sie es nicht. »Ich nehme an, du erklärst es mir, wenn du kommst«, bemerkte sie trocken.
    »Klar doch. In einer halben Stunde bin ich da. Soll ich dir etwas mitbringen?«
    »Nein, außer du hast zufällig ein Kostüm für einen Algonquin-Häuptling. Bis gleich.«
    Paul runzelte besorgt die Stirn. »Wir besuchen meine Freunde. Wir leihen uns Kleider«, erklärte ich ihm. Er wirkte argwöhnisch, widersprach aber nicht. Ich steckte Führerschein und Geld in die Tasche meiner Jeans, die Brieftasche musste noch trocknen. Pauls feuchte Turnschuhe waren ein bisschen eingelaufen, aber ich zog sie ihm trotzdem an. Er und Tiger sahen zu, wie ich unsere Wäsche hinter dem Haus auf die Leine hängte. Dann brachte ich den Hund ins Haus, und wir fuhren los.
    Auf der Main Street kamen wir nur langsam voran. Lake Placid war zweimal Austragungsort der Olympischen Winterspiele gewesen, 1932 und 1980.   Die Touristen scheinen den Ort für einen olympischen Vergnügungspark zu halten und seine Bewohner für Statisten. Natürlich können sie nicht ahnen, dass die meisten Einwohner nie Urlaub machen, weil sie es sich bei den niedrigen Löhnen hier im Norden nicht leisten können. Oder dass das olympische Dorf von 1980 heute ein Gefängnis ist und die Jobs als Wärter sehr begehrt sind, weil man dort gut bezahlt wird.
    Ich liebe diese Gegend und wohne seit über fünf Jahren hier. Man kann vor dem Frühstück mit dem Kajak über einen klaren See paddeln und nach dem Mittagessen einen Berg besteigen. In Saranac Lake findet ein spektakulärer Winterkarneval statt. Es gibt einen prachtvollen Eispalast und eine Parade, bei der trotz Kälte die ganze Stadt auf den Beinen ist. Außerdem hat Lake Placid am 4.   Juli das schönste Feuerwerk, das ich je gesehen habe.
    Ich bin als Sportredakteurin der Tageszeitung nach Saranac |42| Lake gekommen und habe früher über den Sport an drei High Schools und zwei Colleges wie auch über sämtliche Sportereignisse in Lake Placid berichtet: Reitturniere, Boxkämpfe, Bob- und Rodelrennen, Biathlon und Skispringen. Hinzu kamen die örtlichen Sportarten wie Softball, Bowling, Dart, Hundeschlittenrennen und Eisangeln. Bei einer kleinen Zeitung ist die Redakteurin Reporterin, Fotografin und Layouterin in einer Person. Irgendwann hatte ich zu viele Nächte auf der Couch im Büro geschlafen, weil ich nicht mehr die Zeit oder die Energie hatte, um nach Hause zu fahren, und es wurde Zeit für eine Veränderung.
    Heute schreibe ich freiberuflich und arbeite als I T-Beraterin . Ich verfasse Presseerklärungen für die örtliche Handelskammer und Theaterkritiken für die Zeitung, verkaufe Artikel über Schlittenhunderennen, Rugby-Turniere, Dreitage-Kanu-Rennen und Skispringen an Zeitschriften wie
Southwest Spirit
und
Scholastic Scope.
Ich verdiene nicht die Welt und auch nicht regelmäßig, habe aber wenig Ausgaben. Mir gefällt diese Freiheit. Sie

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