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Ein Herzschlag bis zum Tod

Ein Herzschlag bis zum Tod

Titel: Ein Herzschlag bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara J. Henry
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brauchst, aber es sollte eine Überraschung sein.«
    »Das war sehr in Ordnung. Und Zach hat auch noch ein paar andere Sachen mitgebracht.« Ich erwähnte nicht, dass er das niemals von sich aus getan hätte.
    Die Psychologin hatte ihr Okay für Claudes Besuch gegeben, solange niemand Pauls Mutter erwähnte und es keine emotionalen Szenen gab. Das verstand sich eigentlich von selbst. Auch verstand es sich von selbst, dass ich bei einem solchen Familientreffen nichts zu suchen hatte, und das sagte ich auch.
    »Nein, nein, für Paul ist es besser, wenn du dabei bist.«
    Pauls Wohlergehen überwog mein Unbehagen angesichts der Begegnung mit dem geheimnisvollen Onkel, doch es würde |190| ganz bestimmt unangenehm werden – mit mir als Ersatz für Madeleine.
    »Weiß Claude von der Sache mit der Fähre und der Rettung?«
    Philippe schüttelte den Kopf. »Er weiß, dass du Paul gefunden hast und hergekommen bist, um ihm beim Eingewöhnen zu helfen. Von der Sache im See wollte ich ihm nichts erzählen. Claude lässt nicht locker, wenn er etwas in Erfahrung bringen will.«
    »Hat er es denn nicht von der Polizei erfahren?«
Jemand hat versucht, Ihren Neffen zu ertränken. Können Sie sich vorstellen, wer dahintersteckt?
    »Möglich.« Er wog seine Worte sorgsam ab. »Aber wenn ich nicht darüber spreche, wird er es auch nicht erwähnen.«
    Aha, solange der Gastgeber nicht erwähnte, dass ein rosa Elefant im Zimmer stand, konnten die Gäste das auch nicht tun. Das schien eine nützliche Regel zu sein – an die sich keiner meiner Freunde jemals gehalten hätte.
    Immerhin würde Claude mir keine Fragen über den Zwischenfall auf der Fähre stellen. Ich wünschte, Philippe hätte ihm nicht erzählen müssen, dass ich Paul gefunden hatte, aber irgendwie musste er meine Anwesenheit ja erklären. Vielleicht hatte die Polizei es ihm ohnehin schon gesagt.
    Madeleines Bruder würde also morgen zum Abendessen kommen.
    In dieser Nacht kreisten wilde Bilder in meinem Kopf: Paul und Philippe und die Entführer und Claude und Madeleine und Elise und Jameson. Wie rasch ich mich in dieses Leben verstrickte und wie schnell diese Menschen in meinem eigenen Leben Wurzeln schlugen. Alles verschmolz miteinander. Doch es war nicht meine Welt. Ich war es gewöhnt, die Kontrolle zu behalten, in meinem eigenen Haus zu leben, alle Entscheidungen selbst zu treffen. Das war hier unmöglich.
    Und das gefiel mir überhaupt nicht.

|191| 30
    Heute Morgen hatten Philippe und Paul einen weiteren Termin bei der Psychologin. Ich schaute zu, wie Elise Schokoladenpudding kochte – erst in meiner Studienzeit war mir klar geworden, dass man Pudding nicht nur kalt anrühren konnte. Gekochter Pudding kommt mir immer noch seltsam exotisch vor.
    Ich wollte Elise Fragen stellen. Ich wollte wissen, wie Pauls Mutter gewesen war. Ich wollte wissen, was für eine Ehe sie geführt hatte. Ich wollte wissen, warum und wieso Philippe sein altes Leben und Zuhause hinter sich gelassen hatte und damit auch alle Menschen außer Elise und seinem Schwager.
    Aber all das konnte ich natürlich nicht fragen.
     
    Ich musste eine Runde Rad fahren. Nur auf meinem Fahrrad fühle ich mich vollkommen wohl. Ich bin Herrin meiner Umgebung, wie ich es auf zwei Beinen nie wäre. Wenn die Pedale rhythmisch kreisen und die Räder über das Pflaster surren, kann mein Gehirn mühelos arbeiten. Dann löse ich Probleme. Meistens jedenfalls.
    Ich ging in die Garage und hob mein Fahrrad auf den Arbeitsständer. Es war schmutzig von meiner letzten Fahrt auf der River Road, wo der Sand noch lange liegen bleibt, nachdem der Schnee geschmolzen ist. Ich reinigte den Rahmen, säuberte die Kette, kratzte den Dreck ab und schmierte die Drehpunkte. Ich hatte die Kabel der Kettenwechsler gelöst und ölte gerade den Kettenkasten, als eine Autotür zugeschlagen wurde. Als |192| die Verbindungstür zum Haus aufging, blickte ich hoch und entdeckte Jameson, der Jeans und ein offenes Hemd trug.
    Ich stand auf und wischte mir die Hände an einem Lappen ab. »Was machen Sie denn hier?« Noch während ich die Worte aussprach, fiel mir auf, wie unhöflich sie klangen. Er hielt mir etwas Schwarzes hin – den Rucksack, den ich auf der Fähre zurückgelassen hatte.
    »Woher haben Sie den?«, fragte ich überrascht. Ich hatte Thomas schon bitten wollen, ihn zu holen, aber dann hätte ich ihm so vieles erklären müssen, und das wollte ich nicht.
    Jameson streckte die Hand aus und ließ das Vorderrad kreisen. Das

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