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Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Titel: Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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totkochen muß. »Soll ich Ihnen eine Tasse machen, bevor ich gehe?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Ich mag wirklich nicht so viel Kaffee.«
    »Warum trinken Sie ihn dann immer?«
    Sie zuckt die Achseln. Sie weiß es nicht. Sie nimmt, was sie kriegt.

6
    Nach dem Thermometer ist es nicht so kalt wie letzte Nacht, doch das war eine trockene Kälte, die sich kristallen auf den Dingen niederschlug; diesmal ist es eine feuchte Kälte, deren Zackenschneide sich LaPointe in die Brust bohrt, als er die verlassene Main runtergeht. Bis zur Sherbrooke ist kein Taxi aufzutreiben.
    LaPointes Schritte hallen hohl wider in den leeren, spärlich beleuchteten Fluren vor den Sälen der Polizeigerichte.
    Die Fahrstuhltür geht auf, und er geht den hellerleuchteten Korridor der Zollabteilung runter. Hier ist Lärm und Leben: das stotterige Geklapper einer von ungeübter Hand bearbeiteten Schreibmaschine; das Summen der Leuchtröhren; und irgendwo spielt ein Transistorradio Popmusik.
    Guttmann tritt beim Geräusch des Fahrstuhls in die Halle. Er sieht ungepflegt und eingefallen aus; eher wie ein intellektueller Polyp, denkt LaPointe.
    »Guten Morgen, Sir. Er ist hier drin.« Guttmanns Ton ist ausdruckslos und unfreundlich.
    »Was ist denn los mit Ihnen?« fragt LaPointe.
    »Bitte?«
    »Ihr Benehmen, Ihr Ton. Was ist los?«
    »Ich wußte nicht, daß man das merkt, Sir.«
    »Man merkt es. Ich hab' Ihnen doch gesagt, Sie sollten Ihre Verabredung streichen.«
    »Hab' ich ja, Sir. Sie ist mit 'ner Freundin ins Kino gegangen. Ist aber später noch auf einen Drink reingekommen. Wir wohnen im gleichen Haus.«
    »Und der Anruf hat Sie aus dem Bett geworfen?«
    »So ähnlich.«
    »Im ungünstigsten Moment?«
    »So ungünstig, wie's nur ging.«
    LaPointe lacht. Guttmann erfaßt die Komik der Situation, findet jedoch diesen speziellen Fall gar nicht komisch.
    LaPointe geht, gefolgt von Guttmann, in die Zollabteilung. Joseph Michael Sinclair, der Vet, sitzt auf einer Holzbank an der Wand. Die langen Arme hat er um die Beine geschlungen, sein Gesicht an die Knie gepreßt, und immer noch trägt er seinen albernen Hut mit der Schlappkrempe. Trübsinnig schaukelt er vor und zurück und summt oder stöhnt dabei immer wieder denselben Ton. Mit der Realität scheint er nur schwache Fühlung zu haben. Dann und wann schaut er sich verwirrt und verschreckt in dem Zimmer um, seine Zähne fangen an zu klappern, sein Atem geht wie das Schnüffeln eines Hundes, und er kämpft mühsam mit sich, um nicht zu schreien.
    LaPointes Nüstern blähen sich bei dem Uringestank. Joseph Michael Sinclair hat sich naß gemacht.
    Die Symptome ähneln denen einer Entziehungskur. LaPointe hat das schon mal erlebt. Der Vet ist das Opfer einer Klaustrophobie. Das Zollbüro ist ein großer Raum, der greift seine Gesundheit nicht an. Es war die Fahrt im Polizeiwagen und noch mehr der Gedanke, man könnte ihn in eine Zelle sperren. Der Vet sieht sich in dem klassischen Teufelskreis gefangen: Die Angst, eingesperrt zu werden, macht ihn fast verrückt, und wenn er diese Verrücktheit austobt, sperrt man ihn ein.
    »Wo haben Sie ihn aufgegabelt?« fragt LaPointe einen der Beamten, der sich gerade Kaffee aus dem Automaten holt, einen bulligen alten Hasen, ein Pole, dem es nichts ausmacht, immer noch Sergeant zu sein, weil er die Strapazen der Verantwortung scheut. Obwohl er französisch nur schlecht und mit starkem Akzent spricht, haben ihn die frankokanadischen Polizisten immer als einen der Ihren betrachtet, weil er so offenkundig nicht einer der anderen ist.
    Der Kaffee ist heiß, der polnische Polyp nimmt den Pappbecher zuckend von einer Hand in die andere und schaut sich um, wo er ihn absetzen kann. Er bewegt sich mit einer komischen Eleganz, weil der Pappbecher sich so leicht eindrückt. Schließlich gelingt es ihm, ihn auf ein Fenstersims zu stellen. Dann schüttelt er heftig seine Finger. »Jesusmariaundjoseph, den haben wir oben auf der St. Urbain eingesammelt, gleich südlich der Van Hörne. Irgendein Red hat uns den Tip reintelefoniert. Na, dem haben wir vielleicht nachscheesen müssen. Haut ab quer über die Van Hörne und hoppelt dabei wie 'n lahmer Hase. Mitten durch den Verkehr. Autos und Laster rauf auf die Bremsen! Die Fahrer müssen sich vor Schreck in die Hosen gemacht haben, ganze Stücken müssen ihre Arschlöcher aus den Sitzen gerissen haben. Und nun ich – nischt wie ihm nach, mitten durch den Verkehr gehüpft, rechts, links, immer hinterher. Dann steigt der doch

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