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Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Titel: Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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schwingt Ärger. Sie hat auch ihrer Mutter nie was recht machen können.
    »So macht man es eben. Hier, lassen Sie mal sehen.« Er hebt mit der Hand ihr Kinn an. »Aha. Das Auge sieht schon besser aus. Abgeschwollen.« Sie ist kein hübsches Mädchen, aber sie hat ein aufgewecktes und ausdruckvolles Gesicht. »Tja, dann …«
    Er nimmt die Hand weg und macht sich ans Brotschneiden.
    »Also, Sie haben den ganzen Tag nur herumgesessen und geflickt?«
    »Ich bin einkaufen gegangen. Hab' Frühstück gemacht. Hab' mir den Mantel da aus dem Schrank ausgeborgt, als ich wegging. Es war kalt. Aber ich hab' ihn wieder reingehängt.«
    »Hat er gepaßt?«
    »Ganz gut. Sie hätten mal sehen sollen, wie der Grünkramhändler mich angeguckt hat!« Sie lacht, als sie daran denkt, wie sie in dem Mantel ausgesehen hat. Sie lacht begeistert und vulgär. Wie vorhin hält sie mitten im Lachen inne, und weg ist es.
    »Warum hat er Sie angeguckt?« fragt LaPointe, von ihrem Lachen angesteckt.
    »Ich glaube, ich muß in so 'nem Alten-Damen-Mantel sehr komisch ausgesehen haben.«
    Er runzelt verständnislos die Stirn. Sie meint wohl altmodischen Mantel. Das ist doch nicht der Mantel einer alten Frau, es war der Mantel einer jungen Frau. Er macht sich an den Steaks zu schaffen.
    »Hier gibt's nicht viel zu tun«, sagt sie offen. »Sie haben keine Zeitschriften. Und Sie haben kein Fernsehen.«
    »Ich habe ein Radio.«
    »Ich wollte es anstellen. Aber es geht nicht.«
    »Sie brauchen nur an dem Knopf zu ruckeln.«
    »Warum lassen Sie ihn nicht festmachen?«
    »Wozu die Mühe? Ich weiß doch, wie man an dem Knopf ruckelt. Also, dann wollen wir mal. Ich glaube, das Essen ist fertig.«
    Sie schlingt wie ein hungriges Kind, zweimal jedoch erinnert sie sich an ihre Manieren und sagt ihm, daß es ihr schmeckt. Auch ihren Wein trinkt sie zu hastig.
    »Ich mach' den Abwasch«, erbietet sie sich anschließend. »Das wenigstens kann ich.«
    »Sie müssen aber nicht.« Doch der Gedanke, sie in der Küche herumfuhrwerken zu sehen, behagt ihm. »Also gut, wenn Sie wollen. Ich mach' den Kaffee, während Sie abwaschen.«
    In der engen Küche ist eigentlich kein Platz für zwei, und dreimal berühren sich ihre Schultern. Jedesmal sagt er: »Verzeihung.«
    »… und da hab' ich mir gedacht: versuchst du's mal mit Montreal. Ich meine, irgendwo mußte ich ja hin, also warum nicht nach hier? Ich hoffte, ich würde einen Job finden … vielleicht als Cocktailkellnerin. Die machen einen Haufen Geld, wissen Sie. Ich hatte mal 'ne Freundin, die schrieb mir von den Trinkgeldern.«
    »Aber Sie haben nichts gefunden?«
    Sie hat sich's auf dem Sofa bequem gemacht und Lucilles gesteppten Morgenrock um sich geschlagen; er sitzt in seinem Lehnstuhl. Sie schüttelt den Kopf und schaut weg, hin zu den zischenden Gasflammen. »Nein. Ein paar Wochen lang hab' ich's überall versucht, bis ich kein Geld mehr hatte. Aber die Cocktail-Bars wollten keinen Krüppel. Und mein Busen ist zu klein.«
    Das letzte sagte sie ganz sachlich. Sie kennt die Welt. Und doch liegt Wehmut darin, oder Erschöpfung.
    »Und so sind Sie dann auf den Strich gegangen.«
    Sie zuckt die Achseln. »Das war mehr 'ne Art Zufall. Ich meine, ich habe im Leben nicht daran gedacht, für Geld zu bumsen. Natürlich hatte ich schon mit Männern gebumst. Damals, zu Hause. Aber nur mit Freunden und Jungen, die mit mir ausgingen. Nur so zum Spaß.«
    »Benutzen Sie nicht dieses Wort.« LaPointe weiß, daß keine seiner Töchter dieses Wort je benutzen würde.
    Marie-Louise wirft angestrengt nachdenkend den Kopf hoch. Mit dem hochgeworfenen Kopf und ihrem krausen Haarmop sieht sie aus wie ein Struwwelpeter. »Bumsen?« fragt sie unsicher. »Wie soll ich denn sagen?«
    »Ich weiß nicht. Lieben – oder so ähnlich.«
    Sie grinst schelmisch. »Das klingt aber komisch. Lieben. Klingt wie im Kino.«
    »Und doch …«
    »Okay. Also, ich hab' nie im Leben daran gedacht, es für Geld … zu tun. Ich dachte, dafür zahlt doch keiner.«
    LaPointe schüttelt den Kopf. Es tun klingt ja noch schlimmer.
    »Also, ich wohnte eine Weile mit ein paar Leuten zusammen. Alle in meinem Alter, die lebten sozusagen zusammen in einem großen alten Haus. Aber dann kriegte ich Krach mit dem Macker, der den Laden schmiß, und nahm mir ein Zimmer. Dann ging mir das Geld aus, und ich flog raus. Die haben fast meine ganzen Kleider und meinen Koffer dabehalten. Darum hab' ich auch keinen Mantel. Jedenfalls saß ich auf der Straße und lief so

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