Ein Herzschlag danach
Alex zu. Er hob den Blick und schaute mir in die Augen.
»Sag mir die Wahrheit, Alex«, flehte ich. »Sucht ihr beide nach den Mördern?« Denn Alex ließ Jack nicht alleine. Das wusste ich mit Sicherheit.
Er wog seine Antwort ab. Aber ich sah sie in seinem Blick, noch bevor er sie aussprach. »Ja. Wir suchen nach ihnen.«
Meine Stimme bebte. »Und … habt ihr sie gefunden?«
Wollte ich die Antwort überhaupt hören? Es war wie ein Tanz auf dem Seil – ich wusste, dass es keine Rolle spielte, ob ich rechts oder links hinunterfiel, das Ergebnis war dasselbe. Ich wäre gelähmt.
»Ja.«
Das war doch unmöglich! Fünf Jahre waren vergangen, alle hatten längst die Hoffnung aufgegeben, Antworten auf die ungelösten Fragen zu finden. Ich war überzeugt, dass auf der Welt nur noch drei Personen lebten (mit Alex vier), die sich dafür interessierten, ob die Mörder meiner Mutter jemals gefunden wurden.
»Wie? Wie habt ihr es herausgefunden?«
»Wir haben Informationen bekommen«, sagte Alex einfach.
»Versteh ich nicht. Welche Informationen? Woher? Verdammt sag mir doch endlich, was los ist!«
»Geheimdienstinformationen. Durch unsere Einheit. Wir können … Informationen über solche Dinge durch unsere Einheit einholen.«
»Welche Dinge?«, schrie ich frustriert. »Was hat eure Einheit mit dem Tod meiner Mutter zu tun? Ich verstehe das nicht!«
»Mit dem Mord an deiner Mutter hat die Special Op eigentlich nicht direkt zu tun.« Alex hielt inne und wog wieder sorgfältig ab, was er sagen wollte. »Aber Jack und ich konnten durch die Einheit bestimmte Erkundigungen anstellen. Und diese Informationen halfen uns dann, die Täter aufzuspüren.«
»Und jetzt? Was ist, nachdem ihr sie aufgespürt habt?«
»Wir werden sie fangen.«
»Warum hat mir Jack nichts davon erzählt?«
»Er will dich nicht in die Sache hineinziehen.« Alex’ Stimme war leise und ruhig, aber ich hatte das Gefühl, dass er die Diskussion beenden wollte. Offenbar hatte ich schon genug Fragen gestellt.
»Und warum erzählst du es mir jetzt?«
Alex biss sich auf die Unterlippe und sagte leise: »Weil es dich verletzt, wenn dir keiner etwas sagt, und ich will nicht, dass du verletzt wirst. Und weil ich meine, dass du ein Recht hast, es zu erfahren.«
Wir starrten einander an. Sein Blick wich meinem nicht aus.
Es war Zeit für noch eine Frage. Eine Frage, auf die ich bis zu diesem Augenblick keine Antwort mehr erwartet hätte. »Wer war es? Wer hat meine Mutter umgebracht?«
Alex antwortete nicht darauf. Mir stiegen die Tränen in die Augen, als die Erinnerung an meinen Albtraum zurückkehrte.
»Reicht es dir nicht zu wissen, dass wir die Mörder fangen werden?«, fragte er schließlich.
»Nein!«, schrie ich ihn an. »Nicht, wenn das heißt, dass ihr euch dadurch in Gefahr begebt!« Ich wandte mich ab, um meine Tränen zu verbergen.
Alex hob sanft mein Kinn an, bis ich ihm wieder in die Augen sah. Er legte beide Hände um mein Gesicht und hielt es fest. »Uns passiert nichts. Ich verspreche es dir.«
Ich wollte es ihm glauben, aber wenn man als Kind erlebt hat, wie ein Elternteil ermordet wird, erscheinen solche Versprechungen ziemlich sinnlos.
»Das möchte ich euch auch geraten haben«, war alles, was ich halb schluchzend hervorbrachte. Aber die Furcht, die mich gepackt hatte, wich langsam von mir.
»Kannst du Jack wenigstens verzeihen, dass er dich nicht eingeweiht hat?«, fragte Alex.
Ich nickte.
Motorenlärm durchbrach die Stille. Alex sprang auf, trat ans Fenster und spähte zwischen den Vorhängen hindurch.
»Jack ist zurück«, sagte er.
Wen hatte er denn sonst erwartet?
Eine halbe Minute später schlenderte Jack herein.
»Hi«, sagte er mit breitem Lächeln.
»Hi«, antworteten wir wie aus einem Mund.
Jack warf mir einen Blick zu und schon verging ihm das Lächeln. »Was ist los?«
»Alles super«, log ich. Alex sah mich mit seltsamem Gesichtsausdruck an. »Es ist nur … ich … ich …« Nur die Kleinigkeit eben, dass ich gerade erfahren hatte, dass mein Bruder einen Rachefeldzug führte. Weshalb mein Gemütszustand auch ein paar Lichtjahre von »super« entfernt war.
»Wir haben uns gerade über die alten Zeiten unterhalten«, warf Alex ein.
Ich versuchte, mich zusammenzureißen. »Ja, wie ich damals mein Bein gebrochen hab.« Das war alles, was mir momentan einfiel.
»Ja, klar, daran erinnere ich mich noch sehr gut.«
Alex warf mir einen Blick zu, den ich schwer deuten konnte. Glaubte er, dass ich
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