Ein Herzschlag danach
gespannt, was er darauf antworten würde. Er schaute wieder zum Eingang, als erwartete er, dass Demos jeden Augenblick hereinstürmen würde. Nach ein paar Sekunden wandte er mir langsam das Gesicht zu. »Lila. Ich hasse dich nicht.«
Ich klammerte mich an die leichte Betonung, die er auf das Wort »hassen« gelegt hatte. Es war, als hätte er das Wort erst gegen andere, ähnliche Wörter abwägen müssen, wie »verabscheuen« oder »verachten«. Ich nahm eine Papierserviette und drehte sie zu einem Strick. »Warum hast du mich dann belogen?«
Er runzelte die Stirn. »Belogen? Worüber?«
»Über Demos. Ich weiß jetzt, dass er meine Mutter ermordet hat. Und dass er hinter mir her ist. Aber du hast gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen müsse. Dass Suki nichts mit den Leuten zu tun habe, die Mum umgebracht haben. Dabei steckt sie mit Demos unter einer Decke.«
Alex zog die Brauen zusammen und betrachtete mich finster. Unter seinem prüfenden Blick wurde ich rot. »Ich rate mal, dass du das alles von Key erfahren hast?«
»So ungefähr.« Ich verschwieg, dass ich mich in Jacks Computer gehackt hatte.
Er nickte. »Es tut mir leid, dass ich dich belogen habe.«
Das kam unerwartet. Ich schwieg verblüfft. Doch dann schüttelte ich den Kopf. Die Entschuldigung war schön und gut, aber was ich wirklich wissen wollte, war, warum er mich belogen hatte.
Er schaute auf die Tischplatte, dann zur Tür, schließlich wieder in meine Augen. »Würdest du mir glauben, wenn ich dir sage, dass ich es nur zu deiner eigenen Sicherheit getan habe?«
Ich hob meine Augenbrauen und das hieß: Nein, das kaufe ich dir nicht ab.
Er seufzte. »Ich wollte nicht, dass du auf dumme Gedanken kommst. Zum Beispiel hättest du auf die Idee kommen können, dich als Lockvogel anzubieten. Oder einfach abzuhauen. Du hast so furchtbar verängstigt ausgesehen.«
»Hast du wirklich geglaubt, dass ich davonlaufen würde?« Schließlich war ich Alex den ganzen Weg von London hierher nachgelaufen!
»Es soll schon vorgekommen sein, dass du davongelaufen bist, Lila«, bemerkte Alex sarkastisch und nahm einen Schluck Kaffee. »Die Folgerung ist also keineswegs absurd.«
Dem konnte ich nicht widersprechen, deshalb presste ich die Lippen fest aufeinander und ließ ihn weiterreden.
»Ich wollte, dass du verstehst, warum es zwischen Jack und deinem Vater nicht läuft – warum Jack so unvernünftig war.« Alex legte die Hände auf den Tisch und schaute nachdenklich darauf. »Aber du solltest nicht wissen, dass die Mörder deiner Mutter auch hinter dir her sind. Du hast es nicht verdient, ständig in Angst leben zu müssen. Zumal es ja noch gar keine konkrete Drohung gegeben hatte.« Er fuhr sich durch das kurz geschnittene Haar. Plötzlich war er wieder mein Alex – der bei Mums Beerdigung meine Hand gehalten hatte, der mich immer vor anderen beschützt hatte. »Lila, ich will nicht, dass du Angst hast oder verletzt wirst. So einfach ist die Sache.«
Ich nickte. Er hatte nicht die Vergangenheitsform benutzt, sondern Gegenwart: Ich will nicht, dass du Angst hast. Und schon begann ich zu hoffen, dass er mich doch nicht aus ganzem Herzen verabscheute.
»Warum bist du aus der Bar weggelaufen?«
»Key kam in die Bar. Er hat mir erzählt, welche Aufgabe die Einheit hat.«
Natürlich war etwas anderes ausschlaggebend gewesen – dass ich ihn mit Rachel zusammen gesehen hatte. Aber das brauchte er nicht zu wissen.
Alex starrte mich finster an. »Und was genau hat dir Key erzählt?«
Ich zupfte die Serviette auseinander, bis der Tisch mit tausend Papierfetzen übersät war. »Dass eure Einheit den Auftrag hat, Leute wie mich zu jagen und zu fangen. Und wenn ihr sie gefangen habt, verschwinden sie und werden nie mehr gesehen.«
»Woher weiß er das?«, fragte Alex wie zu sich selbst.
Ich fuhr zurück. Wenn ich eine Bestätigung suchte, dass Key die Wahrheit gesagt hatte, dann hatte Alex sie mir soeben geliefert.
Danach sprachen wir nicht mehr viel.
Als wir aus dem Einkaufszentrum traten, blieben wir zunächst im Schatten stehen, während Alex den Parkplatz genau beobachtete. Dann griff er nach meiner Hand und zog mich hinter sich her. Seine andere Hand lag auf der Waffe, die in seinem Gürtel steckte. Mein Herz schlug wie verrückt, als wir über den Parkplatz liefen. So musste sich ein Kaninchen fühlen, wenn es aus seinem Bau kam und den Fuchs in der Nähe wusste.
Alex blieb hinter dem Toyota stehen; ich wartete darauf, dass er aufschloss. Aber
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