Ein Herzschlag danach
Blick in den kleinen Spiegel hinter der Sonnenblende. Meine schwarz geränderten Augen hätten jeden Waschbär vor Neid erblassen lassen und mein Haar war schrecklich verfilzt. So gut es ging, wischte ich die Mascara ab. Ansonsten konnte ich wenig tun, um mein Aussehen zu verbessern. Seufzend stieg ich aus dem Wagen.
»Schaffst du das ohne Schuhe?«, fragte Alex.
Ich nickte. Wir gingen schnell zum Eingang und schon umfing uns die klimatisierte Kühle des Einkaufszentrums. Alex hielt sich dicht an meiner Seite. Mir war nur allzu deutlich bewusst, was wir für ein Bild abgeben mussten. Bisher hatte ich wie eine Göre ausgesehen, die sich die ganze Nacht auf der Straße herumgetrieben hatte. Jetzt wirkte ich wie eine Göre, die das Hemd des Typs trug, mit dem sie sich die ganze Nacht auf der Straße herumgetrieben hatte. Trotzdem hätte ich das Hemd um keinen Preis ausgezogen. Eigentlich war die Vegas-Ausrede sogar genial, denn genau so sahen wir auch aus. Zwei verkaterte Turteltäubchen auf dem Weg nach Vegas.
Wir betraten den erstbesten Klamottenladen, eine Gap-Filiale. Alex hatte es sehr eilig und ich joggte hinter ihm her. In der Damenabteilung zog er ein paar T-Shirts aus den Stapeln, griff eine Jeans heraus und hielt sie vor mich hin, warf sie wieder zurück, nahm eine andere Hose, betrachtete sie prüfend und legte sie sich über den Arm. Plötzlich schien er sich an mich zu erinnern und blickte sich um.
»Schuhe?«, sagte er in einem Ton, als hätte ich längst wissen müssen, wonach er suchte.
Ich drehte mich um. In der Nähe der Kasse stand ein Regal mit Flip-Flops. Ich griff ein Paar in meiner Größe heraus. Alex stand inzwischen in der Wäscheabteilung und betrachtete Damenslips.
Meine Wangen glühten vor Verlegenheit. Ich flehte zum Himmel, dass er mich nicht laut nach meiner Größe fragen würde. Aber er sagte nur: »Such dir was aus. Ich bin drüben in der Herrenabteilung.«
Kaum hatte er sich entfernt, geriet ich in Panik. Wahllos griff ich ein paar Slips aus den Stapeln und lief ihm hinterher.
»Hast du einen Pulli? Du wirst was Warmes brauchen.«
Wohin fuhren wir eigentlich? Alaska? Ich blickte mich um. In der Wüste gab es kein großes Angebot an warmen Kleidern. Ich suchte einen Sweater heraus und lief schnell zu Alex zurück. Die Kassiererin reichte Alex gerade eine Schere, damit er die Preisanhänger von meinen Flip-Flops schneiden konnte. Sie schien ihn mit den Augen verschlingen zu wollen. Wütend starrte ich sie an und schlüpfte in die Schuhe.
Alex packte mich am Arm und zog mich aus dem Laden. »Hungrig?«
Das klang nicht wie eine Frage; wir waren ohnehin bereits auf dem Weg in ein Fast-Food-Restaurant. Bis zu diesem Augenblick hatte ich vor Angst und Unsicherheit gar nicht daran gedacht, aber plötzlich knurrte mein Magen wie ein Wolf bei Vollmond.
Wir bestellten so viel, dass zehn Männer gut hätten satt werden können, dazu zwei riesige Becher schwarzen Kaffee mit viel Zucker. Ich fühlte mich schlecht, weil er meinetwegen so wenig Schlaf gehabt hatte. Und das auch noch an seinem Geburtstag.
Wir wählten einen Tisch im hinteren Teil des Restaurants nahe dem Notausgang. Alex saß mit dem Rücken zur Wand und aß, als merkte er überhaupt nicht, was er sich in den Mund stopfte. Wachsam ließ er den Blick durch das Restaurant schweifen. Als ich satt war, lehnte ich mich zurück. Plötzlich wurde ich von Erschöpfung überwältigt. Hätte ich den Kopf auf die Tischplatte gelegt, wäre ich innerhalb von Sekunden ins Koma gefallen, und es wäre mir völlig egal gewesen, ob Demos mich finden würde. Oder die Spezialeinheit.
Ich stützte das Kinn in die Hand und betrachtete Alex, der den Raum beobachtete. Unter seinen Augen lagen dunkle Schatten.
»Warum machst du das?«, fragte ich plötzlich.
»Was?« Alex’ Blick kehrte ruckartig zu mir zurück. Und sofort erschien auch wieder die steile Stirnfalte, die ich neuerdings immer bei ihm hervorrief.
»Ich kapiere immer noch nicht, warum du mir hilfst.«
Er blickte zum Eingang hinüber, wo ein paar lärmende Teenager aufgetaucht waren. »Hab ich dir doch schon erklärt: Ich habe keine andere Wahl.« Das sagte er völlig neutral und gleichmütig wie eine einfache Tatsache.
Ich ließ nicht locker. »Aber ich weiß doch, was du über Leute wie mich denkst.«
Er schüttelte den Kopf und verzog einen Mundwinkel, halb lächelnd, halb traurig. »Du kannst gar nicht wissen, was ich denke.«
»Doch. Du hasst mich.«
Ich wartete
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