Ein Herzschlag danach
Waffe!, dachte ich. Ich erzähle ihm alles, was er wissen will.
Aber er richtete die Mündung der Pistole nach unten und gab mir die Waffe.
»Weißt du, wie man so was benutzt?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Hier.« Er drückte meine Hände um den Griff. Die Pistole war schwerer, als ich erwartet hatte, und von seinem Körper angenehm vorgewärmt. »Das hier ist die Sicherung. Im Moment ist die Waffe gesichert, wenn du den kleinen Hebel vorschiebst, ist sie ungesichert.« Er stellte sich hinter mich, legte den Arm über meine Schulter und den Daumen über meinen. Gemeinsam entsicherten wir die Waffe. Dann hob er sie an, bis wir auf den gerahmten Druck an der Wand zielten. »Erst zielen, dann abdrücken.«
Er sicherte die Waffe, dann ließ er sie los. Das Gewicht zog meinen Arm nach unten und er schob ihn wieder höher, bis ich die Pistole auf Brusthöhe hielt. »Hoch zielen, immer auf die Brust. Du hast zwar deine ganz eigene Waffe, aber für alle Fälle kann es nicht schaden, wenn du weißt, wie man mit einer Pistole umgeht.«
Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen stieg, entschloss mich aber, auf den Kommentar nicht einzugehen. »Für welche Fälle?«
»Mir ist einfach wohler, wenn ich weiß, dass du schießen kannst. Nur bitte nicht auf mich, wenn ich grade unter der Dusche stehe.« Keine Ahnung, wie er jetzt Witze machen konnte.
Alex ging ins Bad, ließ aber die Tür einen Spaltbreit offen stehen. Ich stellte mich ans Fenster und starrte hinaus; die Pistole hing schwer in meiner Hand. Ich hätte sie lieber auf den Tisch gelegt, aber seltsamerweise gab sie mir ein beruhigendes Gefühl.
Die Dusche begann zu rauschen. Ich warf einen kurzen Blick zur Badezimmertür, genau in dem Moment, in dem Alex mit einem Duschtuch um die Hüfte noch einmal herauskam. Er warf seine Klamotten auf das Bett und nahm neue Kleider aus einer der Einkaufstüten. Ohne mich zu beachten, ging er ins Bad zurück. Ich zwang mich, wieder ruhiger zu atmen.
Vom Fenster aus überblickte man den Parkplatz und den leeren, mit Laub bedeckten Pool. Von der Polizei war nichts zu sehen; ich hörte kein Sirenengeheul und keine schwarzen Geländewagen rasten mit quietschenden Reifen auf unseren Parkplatz. Müde legte ich die Stirn gegen die kühle Scheibe. Würde diese Jagd jemals zu Ende sein? Und wer würde sie gewinnen?
Eine Hand schloss sich um meine. Ich fuhr vor Schreck fast aus der Haut.
Alex nahm mir die Waffe aus der Hand. »Lila – ich gebe dir eine Pistole, damit du Wache hältst, und du hörst mich nicht mal kommen.«
»Ich hab schließlich keine Militärausbildung. Und ich hab auch keine speziellen …« Fähigkeiten, hatte ich unwillkürlich sagen wollen, verschluckte das Wort aber lieber. Alex hob spöttisch eine Augenbraue.
Ich ließ mich auf das Bett sinken. Er beobachtete mich aufmerksam. Ich wappnete mich innerlich für die Frage, die längst überfällig war.
»Leg dich schlafen«, sagte er stattdessen. »Ich halte Wache.«
Ich blickte verwirrt auf. »Nein – du brauchst den Schlaf dringender. Du bist völlig erschöpft.« Und tatsächlich sah er sehr müde aus; die Ringe unter seinen Augen waren noch dunkler geworden. Sein Eintagebart schimmerte golden im Licht.
»Es macht mir nichts. Du schläfst zuerst. In ein paar Stunden wecke ich dich.« Er wandte sich ab.
Ich hatte keine Energie, um zu widersprechen. Alex schob einen Stuhl näher ans Fenster und setzte sich. Die Pistole lag auf seinen Knien. Ich wälzte mich herum, mit dem Gesicht zur Wand, und versuchte, trotz meiner Angst ruhig zu atmen. Ich hatte es aufgegeben, darüber nachzugrübeln, was Alex dachte oder fühlte.
Dieses Mal hatten die Männer in meinem Albtraum Gesichter.
Ich folgte der Blutspur vorbei an zerbrochenen Vasen und einem umgestürzten Tisch im Wohnzimmer. Meine Mutter lag auf der Treppe wie eine zerbrochene Puppe, Blut schoss aus ihrer Brust. Ich fiel neben ihr auf die Knie. Meine Hände verfärbten sich, während ich vergeblich versuchte, das Blut zu stillen.
Ein Geräusch ließ mich herumfahren. Direkt neben mir stand Demos, ein Messer in der Hand. Hinter ihm waren drei weitere Männer, deren Gesichter ich in Jacks Datei gesehen hatte. Einer schnippte grinsend eine Zigarettenkippe auf mich. Dahinter nahm ich verschwommen Suki wahr. Ich versuchte zu schreien und mich auf Demos zu stürzen, um ihm das Messer aus der Hand zu schlagen. Aber meine Arme gehorchten mir nicht … sie wurden mit eisernem Griff
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