Ein Herzschlag danach
der Gondel stand. Also hatte mich Alex die ganze Zeit schon geliebt. Seit dem Augenblick, als wir uns wiedergesehen hatten? Während ich eifersüchtig auf Rachel war? Die ganze Zeit, die ich weit von ihm entfernt geschlafen hatte, in seinem Bett, ganz für mich allein? Ihm beim Essen gegenübergesessen, Teller zerschmettert, mich auf seinem Motorrad an ihn geklammert, ihn heimlich durch den Türspalt im Bad beobachtet hatte – all die Zeit war er schon in mich verliebt gewesen? Und diese ganze lange Zeit hatten wir verschwendet, während wir uns doch ununterbrochen hätten küssen können? Und er hatte bis zum letzten Augenblick gewartet, es mir zu sagen? Wenn ihn die Einheit nicht schon umgebracht hatte, würde ich es tun.
Das Grinsen kehrte auf mein Gesicht zurück. Ich war einfach glücklich. Dann dämmerte mir etwas anderes: Alex würde ganz bestimmt nicht mehr in die Einheit zurückkehren können. Er musste mit uns gehen. Juhu!
»Alles in Ordnung bei dir, Lila?«, erkundigte sich Nate.
Ich zuckte zusammen und blickte auf. »Äh, ja, warum?«
»Na, weil du nach Atem ringst und in die Luft boxt und grinst wie ein Mondkalb.«
»Lass sie. Sie ist einfach nur glücklich.«
Das kam von Amber. Sie lächelte und nickte mir zu. »Bleib so. Ist mal ’ne richtig nette Abwechslung.«
Ryder legte ihr von hinten die Arme um die Schultern und zwinkerte mir zu. Ich grinste unwillkürlich zurück. Am liebsten hätte ich die beiden umarmt. Sie waren verliebt. Ich liebte sie dafür, dass sie verliebt waren. Die Welt war einfach wunderbar und Rachel lag wie ein Paket verschnürt im Kofferraum und Alex würde gleich zu mir zurückkehren und überhaupt: Er liebte mich. Und ich …
»Okay, Demos, ich glaube, du musst mir mal kurz helfen«, rief Suki über die Schulter.
Ich schnitt ihr eine Grimasse.
»Lila, fahr deine Gedanken mal ein paar Hundert Dezibel herunter. Ich höre nicht mal mehr mich selbst, geschweige denn das, was alle anderen hier denken. Er liebt dich. Du liebst ihn. Super. Und bevor du jetzt auch noch zu singen anfängst, was Bienchen und Apfelblüten so miteinander treiben, sollten wir gemeinsam über ein paar ernstere Dinge nachdenken.«
»Wie wär’s mit Jack? Denk doch mal an Jack.« Nate grinste mir boshaft zu.
Jack? Ich wollte nicht an Jack denken. Es freute mich, dass er in Sicherheit war, aber wenn ich mir das Wiedersehen mit Alex vorstellte, stand Jack nicht auf der Bühne. Sondern irgendwo hinter der Szenerie, mit dem Rücken zu uns.
»Genau. Das ist das Letzte, was Jack mit ansehen möchte.«
Das brachte mich wieder in die Realität zurück. »Was? Wieso?«
»Jack. Du hast Recht, wenn du dir Sorgen machst«, fuhr Nate fort. »Er war richtig sauer auf Alex.«
Oje. »Was hat er gedacht?«
»Was er gedacht hat?«, wiederholte Nate. »Keine Ahnung, ich kann keine Gedanken hören, aber ich hab gehört, was er gesagt hat!«
Damit hatte Nate meine volle Aufmerksamkeit. Er hatte eine Hand in die Hüfte gestützt, der andere Arm hing lässig über Sukis Schulter.
»Wann? Was ist passiert?« Mit weit aufgerissenen Augen schaute ich zu ihnen auf.
»Jack und Alex hatten einen gigantischen Streit wegen dir.«
»Wegen mir?«
»Genau.« Er kicherte. »Das war echt Hardcore, Mann.«
»Was … was hat Jack gesagt?«
»Er fing an mit: ›Kumpel, was soll das mit meiner Schwester?‹ Und Alex sagte: ›Ich liebe sie.‹ Und Jack: ›Vergiss es, Mann!‹ Aber Alex drehte sich nur um und sagte: ›So ist es eben. Basta‹, und das war’s dann. Weißt du, irgendwie kann ich sogar verstehen, warum du auf ihn abfährst. Der Typ ist wirklich super.« Nate verdrehte genüsslich die Augen.
»Äh. Okaaayyy. Danke.«
»Nate, du bist einfach unglaublich.« Suki rammte ihm den Ellbogen in die Rippen. Sie grinste mich an. »Ich wette mit dir, er ist ständig hinter den heißen Jungs von der Einheit her, statt sich um die nützlichen Burschen zu kümmern.«
»Bin ich nicht.«
»Bist du doch.«
»Du doch auch.«
Sie führten sich auf wie streitende Gören.
»Ich doch nicht.« Suki zog einen Schmollmund. »Nur er.«
»Lila«, sagte Nate plötzlich wieder ernst. »Hast du meinen Dad gesehen? Geht’s ihm gut?«
Unwillkürlich warf ich Suki einen Blick zu; hoffentlich verriet sie mich nicht. »Ja, ihm geht’s gut.« Dabei dachte ich an Keys blutverschmiertes Gesicht. »Aber er macht sich große Sorgen um dich.« Mir fiel wieder ein, dass Alex ihm versprochen hatte, Nate vor der Einheit zu beschützen und
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