Ein Highlander zu Weihnachten
Sehenswürdigkeit. Da können wir fragen. Die wissen bestimmt, wo wir sie finden. Wenn nicht, können wir zur Salem Historical Society laufen und dort fragen.«
»Und wenn man ihren Aufenthaltsort dort auch nicht kennt?«
»Es gibt noch mehr Orte, an denen wir fragen können. Sieh mal, es gibt sogar einen Laden für Hexenzubehör, der Tränke, Kristallkugeln und so was verkauft.«
»Ist das dein Ernst?«
Sie lachte. »Aber ja. Auf der Webseite steht sogar, dass man dort Besen kaufen kann.«
»Ich komme aus dem Staunen nicht heraus.«
»Das ist gut. Ich würde dich ungern langweilen.«
»Das, werte Dame, könnte nicht einmal dann geschehen, wenn ich den Rest meines Lebens hier zubringen müsste … wozu ich keinerlei Neigung verspüre.«
Nein, er würde alles daran setzen, um heimzukehren – und sie konnte es ihm nicht einmal übel nehmen. Aber vermissen würde sie ihn, allen Schwierigkeiten zum Trotz, die er ihr einbrockte. Denn seine Anwesenheit hatte sie schlicht und einfach wieder ins Leben zurückgeholt. Sie hatte nicht einmal gewusst, wie sehr ihr das gefehlt hatte. Tracy hatte recht gehabt. Immer nur Arbeit von früh bis spät und niemals ein bisschen Vergnügen – das alles hatte Claire MacGregor zu einem ganz schön langweiligen Mädchen gemacht. Und apropos Tracy …
»Wie fandest du eigentlich Tracy?« Sie hatte sie einander kurz vorgestellt. Dann war ihr eingefallen, dass sie den Ausdruck mit den Angaben über Sandra Power oben liegen gelassen hatte und so hatte sie nicht mitbekommen, wie die beiden miteinander ausgekommen waren.
Cam zog einen Mundwinkel hoch. »Sie ist schön und recht ansehnlich.«
»Und …?«
»Das Mädchen kam mir ein bisschen wie eine Meerjungfrau vor – nicht Fisch, nicht Fleisch.«
»Ich verstehe nicht, was du meinst.«
»Ich möchte nicht unfreundlich sein, denn sie ist deine Freundin, aber sie scheint mir zwei Seelen in ihrer Brust zu haben. Einerseits ist sie sehr von sich selbst eingenommen – man braucht sie sich nur einmal anzusehen, dann weiß man das. Andererseits kann sie sich selbst nicht recht leiden, vielleicht gerade wegen ihres inneren Wesens. Es sollte mich nicht wundern, wenn sie eigentlich jemand ganz anderes zu sein wünschte.«
»Wie kommst du denn auf die Idee?«
Er zuckte die Achseln. »Vielleicht wegen der Art, wie sie beim Sprechen immer nach Spiegeln suchte und sich dann davor drehte. Vielleicht wegen der Art und Weise, wie sie dastand und mit mir schäkerte.«
»Schäkerte.« Aber was hatte sie eigentlich erwartet? Ein bisschen Loyalität von ihrer Freundin? Etwas von dem guten alten: Hände weg, der gehört meiner besten Freundin? Claire knurrte innerlich. Nicht dass Cam und sie ein Paar wären, aber trotzdem.
Sie blickte auf. Cam grinste sie breit an. Tiefe Grübchen bildeten sich auf seinen Wangen und betonten die reizende Kerbe an seinem Kinn. »Bedrückt dich irgendetwas?«
»Nein, alles bestens. Alles in Ordnung.« Von wegen.
»Erzähl mir von deinen Eltern.«
»Meine Eltern. Meine Mutter beging vor acht Jahren Selbstmord. Ich habe sie gefunden.«
»Ach … Mädchen.«
»Sie hatte zu viel von ihren Antidepressiva genommen … ihrer Arznei. Sie hatte jahrelang gegen diese große Traurigkeit angekämpft, aber mir war gar nicht klar gewesen, wie weit ihr alles schon entglitten war. Als ich ihre Wohnung ausräumte, dieses schmuddelige Loch, in dem ich aufgewachsen bin, fand ich eine Kündigung und einen Zwangsräumungsbescheid. Die letzten fünfzehn Jahre hatte sie in einer chemischen Reinigung gearbeitet. Die hat dann offenbar zugemacht, und mit sechzig Jahren, mit ihrer Arthritis und den ganzen Medikamenten, die sie nahm, hat sie keine Arbeit mehr gefunden.«
Claire kehrte das Konfetti, zu dem sie eine Papierserviette verarbeitet hatte, ordentlich zu einem Häufchen zusammen. »Ich habe sie mehr als einmal gebeten, zu mir zu ziehen, aber nein. Sie war verdammt noch mal zu stolz, um sich von ihrer Tochter durchfüttern zu lassen.« Claire wischte sich eine verirrte Träne von der Wange. »Sie hätte mir das alles erzählen sollen.«
Cam langte über den Tisch und legte seine Hand auf ihre. »Deine Mama war also Witwe?«
Sie lachte voller Hohn. Es war ein hässliches Geräusch, das aus ihren dunkelsten Abgründen emporstieg. »Nein, mein Vater sitzt im Gefängnis. Einbrüche, Drogen … es gibt nichts, was er nicht verbrochen hätte.«
»Mädchen, das tut mir leid.«
»Spar dir dein Mitleid. Ich hoffe, er geht im Knast
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