Ein Highlander zu Weihnachten
drauf.« Der Mann und seine ganzen Süchte waren ihre Mutter sehr teuer zu stehen gekommen und hatten sie schließlich das Leben gekostet. Genauso gut hätte ihr Vater ihr gleich eine Pistole an die Schläfe halten und abdrücken können. Zu ihrem großen Bedauern hatte sie das Gericht nicht davon überzeugen können, dass er an ihr regelrecht Mord begangen hatte – obwohl sie es weiß Gott versucht hatte.
Claire merkte bestürzt, dass sie gerade Sachen ausplapperte, die sie nicht einmal Tracy erzählt hatte. Was war nur los mit ihr?
Sie war peinlich berührt. Dann riss sie sich zusammen, entzog Cam, wenn auch widerwillig, ihre Hand und unterbrach die warme Verbindung zwischen ihnen, was sie jedoch schon im selben Moment bereute. Zum Glück war er wenigstens so weise, jegliches Mitleid, das er empfinden mochte, für sich zu behalten.
»So, jetzt habe ich dir den Tag gründlich verdorben. Genug davon.« Sie blickte sich nach irgendetwas um, womit sie ihn ablenken konnte, und sah die Bedienung kommen, die ein großes Tablett auf der Schulter balancierte. »Prima, da kommt unser Essen.«
Er wandte wie erhofft den Blick ab und richtete sich auf. »Bist du ganz sicher, dass mir das schmecken wird?«
Sie lächelte. »Wenn nicht, dann ist bei dir irgendwas ernstlich nicht in Ordnung.«
Nach zehn Minuten hatte Cam seinen Teller geleert – er schien gerade sein Faible für Ketchup entdeckt zu haben – und warf begehrliche Blicke auf ihre Pommes frites. Selbst schon gesättigt schob sie die übrigen Fritten von ihrem Teller auf seinen. »Ich habe nicht zu viel versprochen, oder?«
Er lächelte sie mit seinen tiefen Grübchen an. Drei weitere von ihren Fritten verschwanden in seinem Mund. »Nein, Mädchen, du hast bei Gott die Wahrheit gesagt.«
»Prima. Nächstes Mal musst du Pizza probieren. Um die Ecke von uns ist ein nettes kleines italienisches Restaurant. Da machen sie die beste Pepperoni-Salami-Pizza von ganz Boston.«
Hatte sie gerade uns gesagt? Das sollte sie lieber lassen. Falls diese Hexe imstande war, den Fluch zu lösen, würden ihr solche Denkgewohnheiten nur das Herz brechen.
Sie begriff schlagartig, dass Cam bald fort sein konnte, dass er auf genauso wundersame Art und Weise, wie er gekommen war, einfach wieder verschwinden konnte. Plötzlich tanzten schwarze Punkte vor ihren Augen, und dann fing ihr Herzschlag an zu stolpern.
Ganz ruhig bleiben, Claire. Du weißt, was du zu tun hast. Hol tief Luft. Genau so. Und jetzt ganz langsam ausatmen.
Dass sie jetzt in Ohnmacht fiel, war das Letzte, was Cam gebrauchen konnte.
Tief atmen, entspann dich. So ist es gut. Das ist nur eine stressbedingte Rhythmusstörung, hat der Arzt gesagt. Wie beim letzten Mal. Geht auch wieder weg, wenn du nur ruhig bleibst.
Sie konzentrierte sich auf ihre Atmung. Sekunden verstrichen. Das dumpfe Pochen kehrte immer seltener wieder, und ihr Herz wurde langsamer; die furchtbaren unregelmäßigen Schläge, die alles aus dem Lot gebracht hatten, wichen dem normalen ruhigen Herzrhythmus, an den sie nie einen Gedanken zu verschwenden brauchte. Alles gut. Siehst du? Alles ist gut.
Sie holte tief Luft.
Ihr Herz hatte nicht mehr verrückt gespielt, seit sie am offenen Grab ihrer Mutter gestanden hatte. Victor und Tracy hatten geglaubt, sie hätte eine Herzattacke und hatten sie ins Massachusetts General Hospital gebracht. Dort hatte sie erfahren, was es wirklich war. »Tritt vor allem bei Frauen auf. Ist kein Grund zur Sorge, solange es wieder aufhört«, hatte ihr der Arzt erklärt.
»Mädchen, fühlst du dich nicht gut?«
»Mir geht’s prima.« Sie lächelte, nachdem sie sich im Geiste noch einmal selbst befragt hatte. »Alles in Ordnung.« Eben. Sie würde mit seinem Verschwinden genauso fertig werden wie mit jedem anderen Unglück in ihrem Leben. Indem sie einen Tag nach dem anderen anging.
Ihre Bedienung kam vorbei, und Claire hob den Arm. »Tammy, würden Sie uns bitte ein Stück von Ihrem Schokoladennusskuchen bringen?« Cam konnte unmöglich gehen, ehe er den wenigstens einmal gekostet hatte.
»Natürlich. Kommt sofort.«
Cam saß da, mit aufgestütztem Ellenbogen und in die Hand gelegtem Kinn, und lächelte sie an. »Was ist los?«
»Du bist wirklich bemerkenswert.«
Das Kompliment kam aus heiterem Himmel. »Danke schön.«
»Den einen Tag findest du einen nackten Fremdling über dir in deiner Schlafkammer, den nächsten Tag kaufst du ihn frei und kleidest ihn ein, und jetzt fährst du kreuz und quer durch die
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