Ein Highlander zu Weihnachten
gewesen und fange jetzt nicht damit an. Für meinen Unterhalt komme ich auf, egal unter welchen Umständen.«
»Ist ja gut, ist ja gut. Ich wollte ja gar nicht deine Männlichkeit in Zweifel ziehen. Ich dachte nur, du solltest wissen, dass Tavish Geld hinterlassen …«
»Das ist hier keine Diskussion. Ich teile es dir einfach mit.«
»Ach so, ja?« Claire schimpfte leise über männliche Wahnideen vor sich hin, während sie weiter die Treppe emporeilte. »Wir müssen die Rentiere wegschaffen, ehe Brindle oder die Polizei kommen.«
»Aber wohin? Wir können sie doch nicht einfach freilassen.«
»Oh doch. Das können wir.«
* * *
Mrs Grouse erwartete sie bereits, als sie zur Tür hineinstürmten. »Keine Telefonanrufe und nichts Neues im Fernsehen.« Sie warf Cam einen besorgten Blick zu und reichte jedem von ihnen eine Tasse Kaffee. »Und was jetzt?«
Claire nippte nur an dem Kaffee und griff sich dann wieder ihren Mantel. »Wir müssen los und am helllichten Tag zwei Rentiere verstecken.«
»Zwei?« Mrs Grouse schüttelte den Kopf und drohte Cam mit dem Finger, wobei allerdings so etwas wie Bewunderung in ihren Augen aufblitzte. Cam zuckte die Achseln und schenkte ihr ein etwas schuldbewusstes Grinsen.
Der Mann bringt mich noch ins Grab. Oder ich ihn.
Claire nahm die Lieferwagenschlüssel, die auf magische Weise wieder auf dem Beistelltisch erschienen waren. »Wenn Brindle hier vorbeikommt, setz ihm was von deinem Kuchen vor und sag ihm – Herrgott, ich weiß auch nicht was. Denk dir irgendetwas aus. Wir sind in einer Stunde wieder zurück.«
Mrs Grouse nickte. »Und falls die Polizei kommt?«
»Dann hast du von nichts eine Ahnung. Noch nicht mal das. Du bist gerade eben aufgewacht. – Los, komm«, sagte sie dann zu Cam.
Der Kälte wegen dick eingemummelt und in Handschuhen setzte sie sich ans Lenkrad, Cam stieg auf den Beifahrersitz. Sie fuhren in Richtung Innenstadt. Sie waren noch keine zwei Blocks weit gekommen, als der Wind auffrischte und dichtes Schneetreiben sie einzuhüllen begann.
»O je, genau das können wir jetzt überhaupt nicht gebrauchen.« Ein Blinder mit einem Krückstock würde ihren Spuren im Stadtwald folgen können. Die Polizei würde die Reifenabdrücke nehmen. Sie schaltete den Scheibenwischer ein und seufzte leise: »Lieber Gott, warum immer ich?«
Als habe er ihre Gedanken erraten, meinte Cam: »Das ist gut. Der Schnee deckt unsere Spuren zu.«
»Dein Wort in Gottes Ohr.« Bei dem heftigen Wind hatte sie diesbezüglich ihre Zweifel.
Nach einer schweigsamen Viertelstunde fuhren sie die Boylston Street hinauf und näherten sich dem kleineren der beiden Waldstücke, die zusammen Boston Common bildeten. Claires Magen spielte verrückt, der kalte Schweiß brach ihr aus. Nur noch ein Block, und dann waren sie da. Sie schaffte das. Sie schaffte das. Sie musste den Lieferwagen nur in der Einfahrt des Betriebsweges zurücksetzen, den die Waldarbeiter benutzten, und dann die Türen öffnen. Die Rentiere würden heraus und in den Wald springen. Dort konnten sie dann bleiben, bis jemand sie entdeckte und den Zoo benachrichtigte. Der Plan war gut. Rentiere kamen aus Lappland. Sie mochten Schnee. Der Schneesturm konnte ihnen nichts anhaben. Und sie, Claire, würde damit noch in der gesetzlichen Grauzone bleiben. Naja, in der dunkelgrauen Zone.
Sie kreuzten die Charles Street, die durch den Stadtwald führte, und verlangsamten ihr Tempo, als sie sich dem größeren Teil des Waldes näherten. Wo war der Betriebsweg? Die starken Schneefälle vom Wochenanfang hatten den Stadtwald schon in eine wunderschöne, aber fremdartige Zauberlandschaft verwandelt. Der Schneesturm, der gerade um ihr Auto herumtobte, tat ein Übriges.
Sie konzentrierte sich darauf, trotz der sich verschlechternden Sicht irgendwelche Spuren oder eine Unterbrechung am Fahrbahnrand zu erkennen, die auf die Abzweigung in den Betriebsweg hinwies. Sie erschrak, als Cam zischte: »Ein Stück weiter, auf deiner Seite – links.«
Ein Streifenwagen stand mit laufendem Motor in der Einfahrt des Waldweges, den sie gesucht hatte – verflucht!
Claire nahm den Fuß vom Gas. Was nun?
Da sie keine Wahl hatte, ließ sie das Auto an dem Streifenwagen vorbeirollen, bog an der nächste Ecke in die Park Street ab und hielt an. Sie atmete laut hörbar aus und hörte zu ihrer Überraschung, dass Cam das Gleiche tat. »Wir zwei geben wirklich ein tolles Gespann ab.«
»Ja. Im Geiste habe ich uns schon hinter Gittern gesehen.«
»Ich
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