Ein Highlander zu Weihnachten
und drückten Claire noch enger an Cam. Er mochte es, wie ihre Schenkel sich an seine pressten. »Geht es?«
Claires Nase zuckte, wahrscheinlich wegen des komischen Geruchs, der von ihrem Nachbarn ausging. »So was kannst auch nur du fragen.«
Er grinste und war froh, dass seine Nase ein gutes Stück höher saß. Und genau davor, sozusagen in Augenhöhe, war an der Wand ein Netzplan der MTA angebracht. Warum waren ihm diese Pläne auf der Fahrt zur Bibliothek nicht aufgefallen? Die Entdeckung hätte ihm eine Menge Ärger und Lauferei erspart. »Claire, an welcher Strecke wohnst du? Welche Farbe?« Aus den Schildern an den Haltestellen konnte er erkennen, dass sie die rote Linie fuhren.
»An der grünen. Am Stadtpark steigen wir um.«
Sie dachten beide an die Rentiere und wechselten besorgte Blicke.
18
Martha, wir sind wieder da!« Und es wurde auch Zeit. Sie waren nur einen Block weit gelaufen, aber Claire war dank des Windes schon ganz steifgefroren.
Sie sah sich um, während sie ihren Mantel aufhängte. Schließlich zuckte sie die Achseln. »Sie muss nach unten gegangen sein. Ich möchte bloß wissen, wo Brindle bleibt? Er hätte längst hier sein sollen.«
Sie war sehr erleichtert, dass kein Streifenwagen sie vor der Tür erwartet hatte und keine Polizisten auf der Couch saßen.
Cam zeigte mit einer Kopfbewegung auf den Couchtisch. »Da liegt eine Nachricht für dich.«
Claire ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen und fing an, ihre schneeverkrusteten Socken abzupellen. »Und was steht drin?«
Er knipste eine Lampe an und nahm den Brief. »Liebe Claire, Mr Brindle rief an und sagte, er würde es heute nicht schaffen, aber kommen, sobald die Straßen wieder frei sind. Du dürftest MacLeod unter keinen Umständen – das hat sie unterstrichen – aus den Augen lassen.« Er lachte in sich hinein. »Brindle ist doch eine treue Seele.« Dann las er weiter: »Er lässt dir außerdem ausrichten, dass die anderen Anklagen gegen Cameron auf sein Betreiben hin fallen gelassen wurden, sodass es im März keinen Prozess geben wird, obwohl er nicht genau sagen kann, weshalb er sich Zitat ›angesichts Camerons Neigung zu schwerem Raub‹ die Mühe gemacht hat.« Cam lachte. »Ich bekomme mein Eigentum zurück. Das sind großartige Nachrichten.«
»Ganz wundervolle Nachrichten.« Ausnahmsweise. Das bedeutete wahrscheinlich auch, dass sie die Kautionssumme zurückerstattet bekommen würde – aber wohl erst in ein paar Monaten.
Er überflog den restlichen Brief. »Sie schreibt noch, dass die Polizei nicht angerufen hat oder vorbeigekommen ist. Aber ihre Tochter hat angerufen. Sie kommt zu Weihnachten nach Hause.« Er ließ das Blatt auf den Couchtisch neben den Stapel von Quittungen fallen. »Darüber wird sie sich mächtig freuen.«
»Ja. Wahrscheinlich ist sie gerade wie wild beim Putzen.« Claire stand auf. Weil sie die Schecks und das Bargeld nicht auf dem Tisch liegen sah, überlegte sie, wo Mrs Grouse alles versteckt haben mochte. Sie ging in die Küche, schaltete den Heißwasserkessel an und guckte in einer Keksdose nach. Nichts. Sie trommelte mit den Fingern auf den Küchentisch. Wo versteckte man als Fünfundachtzigjährige mit ausgesprochener Aversion gegen Banken sein Geld? Sie sah in den Brotkasten und seufzte erleichtert. Alles lag da. Nun musste sie nur noch ihre Vorräte prüfen. So wie es gerade schneite, würde der Strom über kurz oder lang ausfallen, und wegen Cam war sie nicht dazu gekommen, irgendwelche Vorkehrungen zu treffen.
Sie hörte den Fernseher und rief: »Haben sie die Rentiere gefunden?«
»Ja!« Barfuß und grinsend kam er in die Küche. »Die laufen alle beide kreuz und quer durch den Park, und Dutzende Polizisten sind hinter ihnen her. Sehr lustig anzusehen.«
Klar, dass er das lustig fand. »Ich bin froh, dass sie wohlauf sind.«
»Der Mann meinte, dass ein Tierarzt sie nach Hause bringen würde. Wusstest du, dass ein Rentier fünfzig Meilen die Stunde rennen kann?« Er schüttelte den Kopf vor ungläubigem Staunen. »Das ist schneller als unsere Reisegeschwindigkeit nach Salem.« Er nahm eine Packung Kekse vom Schrank. »Ich habe mich übrigens im Fernsehen gesehen und vermute mal, du hast dir ganz umsonst Sorgen gemacht. Ich hätte mich selber nicht erkannt, wenn der Bock nicht auch zu sehen gewesen wäre.«
Sie starrte ihn mit offenem Mund an. Ihr fiel nur ein einziger knapp zwei Meter großer Schotte ein, der mit einem wild um sich tretenden Rentier von drei
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