Ein Highlander zu Weihnachten
auch.« Sie schauderte bei dieser Vorstellung. »Und was machen wir jetzt?«
»Purple Pussycat. Wir haben keine andere Wahl.«
Claire stellte sich vor, wie die Rentiere in dem Lokal bei heulender Alarmanlage Amok laufen würden. Sie schüttelte den Kopf. »Auf gar keinen Fall.«
»Und ob. Im Hinterhof ist ein Lagerhaus. Da können wir die Rentiere jetzt erst mal einsperren und heute Abend wiederkommen.«
Großartig, genau dazu hatte sie Lust. Nachts in einen Strip-Club einzubrechen und zwei Rentiere herauszuholen. Ergeben murmelte sie: »Wir haben wohl keine andere Wahl.«
Als das Purple Pussycat in Sicht kam, meinte Cam: »Da dran vorbei und dann links. Dann kommst du direkt in den Hinterhof.«
Hinter dem Lokal zeigte er auf ein heruntergekommenes Gebäude, das seit bestimmt zehn Jahren nicht mehr neu gestrichen worden war.
Sie setzte den Lieferwagen zurück, und Cam stieg aus. Noch ehe sie zum Heck des Wagens kam, hatte er das Schuppentor aufgeschlossen und die Flügel weit aufgestoßen. Wie er zu derlei Fähigkeiten gekommen war, wollte sie gar nicht genauer wissen.
Er legte die Hand auf den Griff der Hecktür. »Stell dich dahin, zwischen das Auto und die Schuppentür. Ich stehe hier, wo der Abstand größer ist. Wir wollen die Biester schließlich nicht entkommen lassen.«
»Stimmt.« Ich kann nicht glauben, was ich hier tue.
Er drehte den Türgriff. »Bist du soweit?«
»Ja.« So ziemlich.
Sie hielt den Atem an, ihr Herz schlug so heftig, als wollte es ihr die Rippen sprengen. Cam riss die Tür auf.
Und nichts geschah.
Cam und Claire sahen sich an. Beide fürchteten sie das Schlimmste – dass die Tiere erstickt sein könnten – und beugten sich vor, um ins Wageninnere zu spähen. In dem Moment sprangen die Rentiere heraus.
Claire sah nichts außer den riesigen Geweihschaufeln, kreischte und duckte sich, als der Bock mit klingelndem Glöckchen um den Hals über sie hinwegsetzte. Die Kuh wollte offenbar nicht hinter ihm zurückstehen und folgte ihm unmittelbar nach, wobei sie Claire mit einem Huf am Hintern traf.
Cam fluchte laut.
Claire drehte sich um und lugte unter ihren über dem Kopf verschränkten Armen hervor, um zu sehen, was geschehen war und ob sie sich schon wieder aufrichten konnte. Cam stand ebenfalls mit schützend über den Kopf gelegten Armen da und starrte den Rentieren nach, die mit hoch aufgerichteten, weiß leuchtenden Schwänzen wie wild davonsprangen und um die Ecke verschwanden. Er fluchte noch einmal, ehe er ihr die Hand reichte und ihr auf die Füße half. »Alles in Ordnung bei dir?«
Vor lauter Angst hatte sie so viel Adrenalin im Blut, wie es sonst für eine ganze Stunde gereicht hätte. Sie strich sich das Haar mit zitternden Händen aus den Augen und schrie: »Sag mal, tickst du noch ganz richtig? Überhaupt nichts ist bei mir in Ordnung!«
17
Cam sah sich auf der Straße um. »Wo sind wir denn?«
Claire stellte den Motor ab. »Bei Victors Atelier. Los, komm.«
Es gab ihm zu denken, dass sie nichts mehr gesagt hatte, seit sie vom Purple Pussycat abgefahren waren. Er folgte ihr in einen Lagerraum, der dem in ihrem Laden ähnelte, nur dass sich hier Stoffballen bis zur Decke türmten. Claire suchte herum und drückte ihm schließlich einen Besen in die Hand.
»Feg mal das Heu aus dem Lieferwagen. Ich suche uns was zu essen. Ich habe mörderische Kopfschmerzen.«
Fegen war zwar Frauenarbeit, aber er hielt es für besser, deswegen nicht zu streiten. Claire war nicht in allerbester Stimmung. Ehrlich gesagt sah sie so aus, als könnte sie kurzerhand jemandem den Hals umdrehen.
Nachdem er den Lieferwagen ausgefegt hatte, ging er wieder hinein. Da er Claire in dem Lagerraum nirgends entdeckte, stieg er die Treppe hinauf.
In dem geräumigen, hell erleuchteten Dachgeschoss fand er sie am Tisch sitzen, das Kinn in die Hand gestützt, vor sich einen Teller. Sie blickte auf, als er näher kam. »Ich habe nichts anderes gefunden als die Cracker hier, Leberpastete und Käse. Bon appétit.«
Heißhungrig murmelte er ein Dankeschön. Als sie ihr mageres Mahl beendet hatten, zog er aus einer Schachtel neben sich eine Schere. »Gibt es hier irgendwo einen Spiegel?«
Sie setzte sich ruckartig auf und blickte von der Schere auf sein langes Haar. »Musst du das denn machen?«
»Du hast mich doch im Fernsehen gesehen. Was meinst du denn?«
Sie seufzte und streckte eine Hand aus. »Ich mach das schon.«
Zehn Minuten danach fuhr er sich mit der Hand über den Kopf und
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