Ein Hippie-Traum
auch Bruce keinen Saxofonisten dazuholen wird, um die von Clarence zu spielen. Diese Parts wird es in Zukunft nicht mehr geben. Sie sind Geschichte. Damit entfällt eine Menge aus unseren Repertoires.
Bob Dylan hat meines Wissens niemand Vergleichbaren, allenfalls früher einmal Mike Bloomfield – der war schon ein Wahnsinnsgitarrist. Bob malt jetzt, und Elliot – der früher einmal auch Bobs Manager war – hält ihn für einen Meister. Das wundert michnicht. Ich bin überzeugt, dass Bob eine meisterliche Hand hat, egal ob er nach einem Foto malt oder aus der Erinnerung an etwas Gesehenes. Er sucht sich seine Bilder. Das tut er schon lange. Der Einfluss seiner Songs kennt keine Grenzen, und was er im Folk in Gang gebracht hat, lässt sich gut auf die Malerei übertragen. Vielleicht fängt er gerade erst an. Wie die Musik hat die Welt der Kunst ihre eigenen Regeln, die es zu brechen gilt.
Mit Pam Smith in Falcon Lake, Manitoba, August 1964.
6. Kapitel
6. Kapitel
Mort
M it achtzehn kaufte ich Mortimer Hearseburg, kurz Mort, einen zum Leichenwagen umgebauten Buick Baujahr 46, der bei einem Bestatter zum Verkauf stand. Ich hatte die Annonce in der Zeitung gelesen und fuhr hin, und dort standen gleich mehrere zur Auswahl. Ein Leichenwagen wäre doch ein ideales Bandfahrzeug, dachte ich mir, dann bräuchten wir endlich nicht mehr das Auto meiner Mutter Rassy zu nehmen. Es dauerte immer eine halbe Ewigkeit, bis wir ihren kleinen Ensign be- und entladen hatten, ein englisches Modell von Standard Motors. Er bot eigentlich zu wenig Platz für unseren ganzen Krempel, aber was nicht passt … An dieser Stelle sei erwähnt, dass Rassy die größte Unterstützerin meiner musikalischen Bemühungen war. Von Anfang an glaubte sie an mich und sprach mir immer Mut zu. (Sie hieß übrigens in Wirklichkeit Edna, aber ihr Dad hatte ihr den Spitznamen Rassy gegeben.) In Winnipeg hatte sie mir bis dahin für alle Gigs mit den Squires ihren kleinen Wagen zur Verfügung gestellt, sie ließ uns im Wohnzimmer unserer kleinen Wohnung proben und lieh mir sogar Geld, damit ich mir Instrumente und Verstärker kaufen konnte. Mein Dad verweigerte sich, weil meine Schulnoten so miserabel waren. Einmal nahm sie mich samtGitarre und Verstärker mit zu Verwandten, denen ich »Malagueña« vorspielen sollte, weil sie mich für so brillant hielt. Das Problem war, ich kannte den Song überhaupt nicht, aber ich liebte das Improvisieren und überspielte, wie mir damals schien, die Akkordwechsel ziemlich genial.
Sie wurde richtig sauer, als mein Dad sich weigerte, mir Instrumente zu kaufen. Als 1984 sein Buch Neil and Me erschien, stand sie der Sache mehr als skeptisch gegenüber. Sie las daraus vor und schimpfte: »Um Himmels willen, was für ein Dreck!«, und merkte an, er hätte im Vergleich zu ihr ja gar keine Beziehung zu mir gehabt und keinen Finger gerührt, um mich bei meiner Musik zu unterstützen.
Sie hat ihm nie verziehen, dass er uns verlassen hat. Ich schon.
Als ich jedenfalls da ankam, wo der Leichenwagen stehen sollte, parkten auf einem mit Maschendraht umzäunten Platz zwei identische Fahrzeuge. Der einzige wirkliche Unterschied war der Innenraum, einmal blau und einmal weinrot. Damit meine ich die Samtverkleidung im hinteren Abteil. Von außen sahen sie echt heiß aus! Die Motorhaube lag mindestens zwanzig Zentimeter höher als bei einem normalen Roadmaster, und sie waren unheimlich lang. Der Radstand betrug fast vier Meter. Auf den vorderen Kotflügeln stand seitlich der Name Flxible. Zwei Sonderanfertigungen des 1948er Buick Roadmaster! Ich fasste es nicht.
Hinten hatten sie richtig schöne Vorhänge, einen Himmel aus edlem Samt und Rollos, und der vordere und der hintere Teil waren durch ein Schiebefenster getrennt. Auf dem Boden gab es Walzen, damit man die Särge leicht durch die riesige Hecktür hinein- und hinausschieben konnte. Was konnte es Besseres geben, dachte ich mir? Sie waren perfekt, um Amps und PA -Anlagen ein- und auszuladen, darin zu schlafen und Equipment zu verstauen. Sie kosteten je 125 Dollar.
Beide waren fahrbereit. (Das war der Vorteil an Leichenwagen, sie waren immer gut in Schuss.) Ich traf eine Entscheidung. Die blaue Innenausstattung sah etwas besser aus, also nahm ich diesen. Rassy zahlte die Rechnung. Danke, Mum! Ich konnte es kaum fassen, ich war absolut high vor Glück. Bei unserem ersten Gig mit Mort kam es mir vor, als hätten die Squires eine neue Identität. Der Leichenwagen war ein echter
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