Ein Hippie-Traum
Hingucker, und genau das braucht man, wenn man in einer Band spielt. Man muss cool sein, wenn man zu einem Gig kommt. Mit Mort waren wir so ungefähr die Coolsten in der Stadt. So etwas hatte niemand. Da kam keiner ran.
Der Dad von Pam Smith sah das natürlich etwas anders, als ich damit vor ihrem Haus im Wohngebiet vorfuhr. Die Nachbarn dachten, es wäre jemand gestorben. Pam war meine Freundin, meine erste große Liebe. Soweit ich mich erinnere, sind wir ungefähr ein Jahr miteinander gegangen, vielleicht etwas weniger, aber auf jeden Fall eine lange Zeit für jemanden in dem Alter. Vor einiger Zeit habe ich ein aktuelles Foto von ihr gesehen, sie ist immer noch sehr hübsch. Auf dem Foto hatte sie ein Flanellhemd an, das genauso aussah wie die, die ich gern trage. Selbst nachdem ich aus Winnipeg weggezogen war, gingen meine Gedanken immer wieder zurück zu Pam, und ab und zu schickte ich ihr weitschweifige Briefe, auf die sie nicht antwortete, wahrscheinlich weil ihr nichts dazu einfiel. Kurz und gut, sie war meine erste richtige Liebe, meine erste Partnerin, wenn man so will, eine mit der ich reden konnte, und wie bei alten Freunden wird an dieser Stelle immer ein warmes Gefühl bleiben. Ich schicke dir gute Gedanken, Pam.
Heute habe ich genauso einen Leichenwagen wie Mort. Ich habe ihn von Taylor Phelps’ Partner bekommen, der meinte, Taylor habe sich gewünscht, dass ich ihn nach seinem Tod bekomme. Ich habe Taylor darin zu seiner Beerdigung gefahren. Dieser Wagen ist in Year of the Horse zu sehen, einem coolen Film über Crazy Horse von Jim Jarmusch. Der Film hat eine ganz besondere Bedeutung für mich, weil mein Dad darin vorkommt. Ich habe meinen Dad geliebt, und während des Drehs begann ich zu merken, dass er nicht mehr er selbst war. Einmal ließ ich ihn auf der Hoteletage allein, auf der wir gerade mit Jim drehten, und er verlief sich. Das warbeunruhigend. Egal was meine Mum sagt, ich weiß, dass er ein feiner Kerl war. Er hat immer getan, was in seinen Augen das Beste für mich war.
Eines schönen Morgens 1963 oder 64 wartete Mort vor unserem Haus in der Grosvenor Avenue 1123 in Winnipeg. Wir packten alles rein, was wir brauchten, und fuhren dann Richtung Südosten nach Fort William, Ontario. Es war unsere erste große Reise, und unser erster Nachtclub-Auftritt sollte im Flamingo Club sein. Ich war achtzehn. Ich fühlte mich phänomenal. (Mort hatte einen Achtzylinder-Reihenmotor und eine Dreigangschaltung. Er lief wie am Schnürchen, und um Benzin zu sparen, schaltete ich bergab immer in den Leerlauf, weil ich nicht wusste, dass das Getriebe dadurch unnötig beansprucht wurde, wofür ich später die Quittung bekam. Ich war schon damals sehr auf Energieeffizienz bedacht! Natürlich war Mort genau wie der LincVolt ein Riesenschiff, es hat sich also nichts Wesentliches geändert.)
Wir schafften es ohne Probleme nach Fort William, drei blauäugige Kids in der großen weiten Welt. Als wir im Flamingo Club ankamen – ein prächtig ausgestatteter Dinner-Club auf mehreren Etagen mit einer Tanzfläche und einer langen Theke, im Ort als The Flame bekannt –, wollten wir am liebsten sofort loslegen. Für die 325 Dollar pro Woche plus Abendessen spielten wir drei bis fünf Sets pro Abend. Am ersten Abend waren wir nervös, aber es lief gut.
Wir spielten sechs Tage die Woche. Und die Kohle war der Hammer! So viel hatte ich bis dahin noch nie verdient, und ich war überglücklich. Wir wohnten für wenig Geld im YMCA , sodass wir nach den Ausgaben für die Verpflegung immer noch etwas übrig hatten. Wir teilten es jeden Abend unter uns dreien auf: Bill Edmondson war unser Sänger und Schlagzeuger, Ken Koblun war am Bass und ich an der Gitarre. Ken, mein Klassenkamerad und ein Squire der ersten Stunde, führte seit unserem ersten Gig ein Tagebuch.
Das Flamingo brachte uns schließlich im Victoria Hotel unter, wo ich eine Menge Songs für unseren dortigen Auftritt schrieb.Wir wollten einen auf Jimmy Reed machen, denn ich vergötterte Jimmy und war mir sicher, dass diese Art von Musik perfekt in den Club passen würde. Ich schrieb im Hotel sofort ein paar Rhythm-and-Blues-Songs in diesem Stil, »Find Another Shoulder« und »Hello Lonely Woman«. Später schrieb ich noch viele mehr. Außerdem erweckten wir eine ältere Nummer mit einem ähnlichen Beat zu neuem Leben, »Ain’t It the Truth«. Alle diese Songs kamen vom R&B her, und wir haben echt was draus gemacht. Wir spielten »Hi-Heel Sneakers«, »Walkin’
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