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Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman

Titel: Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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zurückkehren. Als sie ihn stattdessen um die Scheidung bat, damit sie Marcus heiraten konnte, hat es ihm das Herz gebrochen. Ich mache deiner Mutter keinen Vorwurf, Estella. Sie konnte nicht in Australien leben. Die Einsamkeit und Abgeschiedenheit im Outback ist nicht jedermanns Sache. Aber ich werde jetzt den Schwur brechen, den ich bei deiner Geburt geleistet habe. Du bist eine erwachseneFrau, und es gibt Dinge, die du wissen solltest, weil sie dir in deiner Lage eine Hilfe sein könnten.«
    »Was für Dinge, Tante Flo?«
    »Am besten, ich fang ganz von vorne an und erzähle dir, wie deine Eltern sich begegnet sind. Wie schon gesagt, bin ich mein Leben lang mit deiner Mutter befreundet. Wir wohnten in benachbarten Häusern in der Whitehall Street, nicht weit von hier, und gingen in dieselbe Schule. Ross war ein paar Jahre älter als ich, aber als Kinder haben deine Mutter und er sich überhaupt nicht verstanden. Daran hat sich bis zum ersten Weltkrieg nichts geändert. Ross war gerade mit der Schule fertig, als der Krieg ausbrach. Er war ein intelligenter Bursche, und Vater wollte, dass er studierte, aber daraus wurde nichts. Zuerst hat er in einer Munitionsfabrik gearbeitet, dann meldete er sich zur Armee, wo er sein wahres Alter verschwieg, weil sie ihn sonst nicht genommen hätten. Er wurde nach Frankreich geschickt. Als Ross wiederkam, war er zu einem sehr gut aussehenden jungen Mann herangewachsen, und deine Mutter und er verliebten sich ineinander. Ross hatte bei der Armee viel mit Pferden zu tun gehabt; deshalb beschloss er, Tiermedizin zu studieren. Gleich nach seinem Examen 1924 haben er und Caroline dann geheiratet. Bald darauf bewarb er sich um eine Stelle in Australien. Wusstest du, dass er Tierarzt gewesen ist?«
    »Ich wusste es erst, als Mutter eine Bemerkung darüber machte, nachdem ich selbst gerade meinen Abschluss in Tiermedizin gemacht hatte. Sie hat sonst nie über ihn gesprochen, deshalb ist es mir so aufgefallen.«
    »Deine Mutter hat sich sehr gefreut, dass du Medizin studieren wolltest«, meinte Flo.
    »Aber nur, bis sie herausfand, dass ich Tiermedizin belegt hatte«, erwiderte Estella.
    »Das hätte sie nicht überraschen dürfen. Im Krieg hast du alle streunenden Tiere, die dir über den Weg liefen, mit in den Bunker genommen.«
    Estella lächelte zum ersten Mal, seit sie gekommen war.
    Stockend fuhr Flo fort: »Es tut mir Leid, dir sagen zu müssen, dass dein Vater ... Ross ... vor ein paar Monaten gestorben ist.«
    Estella blickte ihre Tante verwirrt an. Sie wusste nicht, was sie denken und empfinden sollte. »Er ... ist tot?«
    »Ja. Ein Wildpferd hat ihn gegen einen Zaun gedrückt. Dabei hat er sich schwer an Armen und Schulter verletzt, aber gestorben ist er an einer Embolie, einem Blutgerinnsel im Herzen.«
    Estella ergriff die Hand ihrer Tante. »Ich habe ihn ja nicht gekannt, Tante Flo, aber für dich tut es mir sehr Leid.«
    »Danke, Liebes. Er hat nicht oft geschrieben, weißt du, und wir hatten uns schon seit Jahren nicht mehr gesehen, aber ich vermisse ihn trotzdem, seit ich weiß, dass er nicht mehr da ist. Er war ein kluger, netter Mensch, der gern lachte. Und er besaß einen besonderen Sinn für Humor, der ihn allerdings immer wieder in Schwierigkeiten brachte.«
    »Weiß Mutter schon, dass er tot ist?«
    »Nein. Ich wollte warten, bis sie zurückkommt, und den geeigneten Zeitpunkt abpassen, um es ihr unter vier Augen zu sagen.«
    Estella war nie sonderlich neugierig auf ihren richtigen Vater gewesen, doch sie sah, dass es Flo gut tat, über ihren Verlust zu sprechen. »Du hast doch noch einen zweiten Bruder, nicht wahr, Tante Flo?«
    »Ja, meinen jüngsten Bruder, deinen Onkel Charlie. Er ist so verrückt wie ein Känguru im Schnee.« Flo musste daran denken, dass Charlie als junger Mann dem Alkohol und den Frauen verfallen gewesen war. Jetzt war er fast fünfzig Jahre alt, anscheinend aber immer noch nicht gefestigt genug, um zu heiraten. Charlie hatte zwar von einer Frau in seinem Leben gesprochen, doch es musste sich um eine Eingeborene handeln, denn er hatte sie als »Abo« bezeichnet.
    »Wo wohnt er?«
    »Er lebt noch immer in Kangaroo Crossing, wo auch dein Vater zu Hause war.«
    »Ja, Mutter hat mir erzählt, dass mein ... dass Ross in Australien lebte. Sie sprach davon wie von einem schrecklichen Ort am Ende der Welt.«
    Florence verstand sehr gut, dass es ihrer Nichte schwer fiel, Ross ihren Vater zu nennen. »Deine Mutter hat es dort nicht ausgehalten.

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