Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
uns suchen, bis man uns gefunden hat.«
Murphy schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob wir wirklich Grund zur Hoffnung haben – aber ein bisschen mehr als vor ein paar Stunden auf jeden Fall.« Er reichte ihr ein Stück Dörrfleisch, das sie dankbar annahm. Es schmeckte zwar wie altes Leder, doch sie war vollkommen ausgehungert. »Am besten, wir lassen das Feuer brennen«, sagte sie. »Für den Fall, dass wir ein Flugzeug hören.« Plötzlich fiel ihr die Landepiste wieder ein. »Ich muss weiterarbeiten!« Sie wollte aufspringen, doch Murphy hielt sie am Arm fest.
»Nicht heute Abend«, sagte er.
»Aber ...«
»Kein Aber. Du ruhst dich jetzt aus, keine Widerrede.«
Estella fühlte sich tatsächlich steif, alle Knochen taten ihr weh. Doch so ging es ihr schon die ganze Zeit seit der verunglückten Notlandung. »Also gut. Aber ich werde gleich morgen Früh weitermachen. Ich muss versuchen, die Piste so schnell wie möglich fertig zu bekommen.« Sie war todmüde, doch es gab noch sehr viel zu tun. Vielleicht würde sie es in einem Tag nicht schaffen, doch sie wollte tun, was sie konnte.
»Wie viele Sterne man hier sieht«, flüsterte sie später, als sie in der Maschine lag, den Kopf auf Murphys Brust. Draußen war es stockdunkel, doch durch die offene Tür sah Estella den Schein des Feuers und die gewaltige Kuppel des Nachthimmels über der Wüste. Sie hatte diesen atemberaubenden Himmel oft von ihrer vorderen Veranda aus bewundert, doch hier in der Wüste schienen noch viel mehr Sterne am Himmel zu leuchten. Die Mondsichel stand hinter ihnen, doch ihr silbriges Licht fiel durch die zerbrochenen Fenster ins Innere des Flugzeugs.
Estella hatte keine bequeme Schlafposition gefunden, sodass Murphy darauf bestanden hatte, dass sie den Kopf auf seineBrust legte. Sie war viel optimistischer, seitdem sie wusste, dass es Hoffnung auf Rettung gab, und wohl deshalb hatte sie zu ihrer eigenen Überraschung sein Angebot angenommen. Nach dem, was sie bereits gemeinsam durchlebt hatten, war eine besondere Bindung zwischen ihnen entstanden.
»Ich wette, du hättest nie gedacht, dass du dich mal in dieser Lage wiederfindest, habe ich Recht?«, meinte Murphy.
Estella wusste, dass er grinste, obwohl sie ihn nicht anschaute. »Du meinst, dass ich auf dir liege?«
Trotz seiner Schmerzen musste Murphy lachen. »Stell dir vor, ich hätte dir am Tag unserer ersten Begegnung erzählt, dass du eines Tages mit mir in der Wüste strandest!«
»Ich wäre mit der ersten Maschine nach England zurückgeflogen«, sagte sie lächelnd. Sie spürte, dass er plötzlich ernst wurde, und drehte den Kopf, um ihn anzusehen. Sein Gesicht lag im Dunkeln, doch Estellas Züge wurden vom Mondlicht sanft erhellt. Zum ersten Mal wurde Murphy klar, wie schön sie war.
»Du hast schon von dem Kind gewusst, als du hergekommen bist, nicht wahr?«
Obwohl seine Frage überraschend kam, war jetzt nicht der Moment, irgendetwas zu verschweigen. »Ja. Das Baby war der Grund, dass ich nach Australien gekommen bin.«
Ihre Antwort erstaunte Murphy. Er hätte Fragen über Fragen gehabt, doch er war stets ein zurückhaltender Mensch gewesen und respektierte die Privatsphäre anderer.
Estella sah ihm an, dass er nicht verstand, und fügte deshalb hinzu: »Mein Mann wollte die Scheidung ...«
»Obwohl du ein Kind erwartest?«
»Er weiß nichts von dem Kind. Bevor ich es ihm sagen konnte, erklärte er mir, dass Kinder nicht in das Leben passen, das er sich vorstellt ...« Die Erinnerung war noch so schmerzlich, dass ihre Augen verdächtig schimmerten.
Murphy konnte kaum glauben, was er da hörte.
»Von da an wollte ich nicht mehr, dass James überhaupt von dem Baby erfuhr. Ich fand, dass er kein Recht darauf hatte ... und auch nicht auf mich. Deshalb habe ich die Stelle in Kangaroo Crossing angenommen.« Sie konnte das Mitleid in Murphys Blick nicht ertragen, deshalb wandte sie sich wieder den Sternen zu. »Ich brauchte ein Zuhause und die Möglichkeit, mich und mein Kind zu ernähren. Früher hat James nie erlaubt, dass ich arbeite, aber jetzt bin ich froh, dass ich einen Beruf habe, in den ich zurückkann.«
Murphy erkannte jetzt, warum Estella in der Stadt nichts von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte. In einem so kleinen Ort wurden viele Fragen gestellt, und Gerüchte verbreiteten sich in Windeseile. Er verstand, dass Estella ihr Privatleben nicht vor der Öffentlichkeit hatte ausbreiten wollen: Die Menschen in Kangaroo Crossing hatten erst nach Jahren
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