Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
musste.
»Ich bin ruiniert, Estella«, sagte James, als könne er ihre Gedanken lesen.
Sie starrte ihn offenen Mundes an. James war finanziell am Ende und warf sich deshalb Davinia an den Hals? Damit hätte Estella am allerwenigsten gerechnet. Das konnte nicht wahr sein! Verblüfft fragte sie sich, was James vorhaben mochte.
»Du glaubst mir nicht, aber es stimmt. Wir haben kein Geld mehr. Wenn du mit dem Gedanken spielst, dir einen teuren Anwalt zu nehmen – das würde uns nur noch tiefer in Schulden stürzen, und davon haben wir weiß Gott schon genug.«
»Du erwartest doch nicht, dass ich dir diesen Unsinn glaube! Du arbeitest lange und viel, und deine Kanzlei läuft sehr gut!«
»Warum bin ich dann aus dem Foley-Gebäude ausgezogen?«
»Weil du ein größeres und schöneres Büro haben wolltest ...«
James’ Wangen überzogen sich mit dunklem Rot. »Ich bin ausgezogen, weil ich mir die hohe Miete fürs Büro nicht mehr leisten konnte. Und ich verdiene ganz sicher nicht genug, um ein Haus in Mayfair zu bezahlen und für das Leben aufzukommen, das wir führen. Es kostet viel Geld, reiche Freunde zu bewirten.«
»Warum hast du das nicht schon eher gesagt? Ich brauche nicht wie die Wexford-Smiths oder die Wynstan-Powers zu leben. Ich kann auf die bessere Gesellschaft verzichten. Ich wäre auch mit einem ruhigen Leben zufrieden.«
»Aber ich brauche diesen Luxus, Estella.« James senkte den Kopf. Er wirkte plötzlich wieder sehr verlegen. »Und ich könnte das Leben führen, von dem ich träume ... an Davinias Seite.«
Estella starrte ihn sprachlos an. Wie hatte sie ein ganzes Jahr mit ihm verheiratet sein können, ohne ihn richtig zu kennen? »Willst du damit sagen, du möchtest dich scheiden lassen, um Davinia zu heiraten?« Sie war sicher, dass James’ Antwort Nein lauten würde; allein der Gedanke war absurd. Aber sie sollte sich gründlich irren.
»Ja. Das wird das Beste sein«, sagte er völlig emotionslos.
Estella zuckte zusammen. »Das Beste für wen? Ich liebe dich, James! Wir haben sogar darüber gesprochen, ein Kind zu bekommen!« Es lag ihr auf der Zunge, ihm zu sagen, dass sie bald ein Baby haben würden.
» Du hast darüber gesprochen, Estella. Ein Kind würde aber nicht in das Leben passen, das ich mir vorstelle. Deshalb bin ich immer vorsichtig gewesen.«
Für einen Moment verschlug es Estella die Sprache. James wollte das Kind nicht, das sie unter dem Herzen trug! Siekonnte es kaum glauben. Am liebsten hätte sie ihn angeschrien: »Du warst nicht vorsichtig genug!« Ihr Beschützerinstinkt war geweckt, und sie legte eine Hand auf ihren Leib.
»Warum hast du mich dann geheiratet, James?«
»Weil ich dich geliebt habe.«
»Geliebt habe ?«
»Ich liebe dich immer noch, aber nicht so sehr, dass ich dafür ein Leben ohne Glanz und Luxus in Kauf nehmen würde. Du weißt, wie sehr ich die gesellschaftlichen Empfänge mag. Dort knüpft man die wichtigsten beruflichen Kontakte. Es tut mir Leid, aber so bin ich nun mal, und Davinia kennt die richtigen Leute ...«
Estella konnte ihm nicht folgen. Nichts von dem, was er sagte, ergab einen Sinn. James war immer noch ihr Ehemann und der Vater des Kindes, das sie erwartete, auch wenn ihm weder an ihr noch an dem Baby etwas zu liegen schien. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass wir in finanziellen Schwierigkeiten sind? Du hättest Davinia nicht deine Seele verkaufen müssen. Ich hätte arbeiten können. Hast du vergessen, dass ich Tierärztin bin?« Zwar hatte Estella diesen Beruf seit ihrem Examen an der Universität von Edinburgh keinen Tag ausgeübt, aber nur, weil James es so gewollt hatte.
»Das würde nicht viel helfen. Du würdest nicht genug verdienen. Und wenn du gearbeitet hättest, Estella, wären unsere Freunde zu der Ansicht gelangt, dass ich nicht erfolgreich bin.«
Plötzlich hatte Estella genug von seiner Eitelkeit. »Das wäre sicherlich besser gewesen, als sich zu ruinieren. Was werden deine so genannten Freunde denn jetzt von dir halten?«
James antwortete nicht. Er musste an sich selbst und seine Zukunft denken und konnte keine Rücksicht auf Estellas Meinung nehmen.
Estella war klar gewesen, warum er nicht gewollt hatte, dass sie arbeitete – es hätte so ausgesehen, als könne er nicht alleinfür eine Frau aufkommen. Geblendet durch seinen Charme hatte sie seinen Hunger nach Ansehen zu verstehen versucht und ihren eigenen Ehrgeiz begraben, in der stillen Hoffnung, bald ein Kind zu haben. Doch das meiste von dem, was
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