Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
Mannes geahnt hatte. Es brach ihr fast das Herz, als sie an das Baby dachte. »Wie kannst du mir so etwas antun, James«,flüsterte sie und legte unwillkürlich eine Hand auf ihren Leib. Tränen strömten ihr über die Wangen. »Warum?«, sagte sie leise. »Ich brauche dich doch ... Ich brauche dich jetzt mehr als je zuvor.« In diesem Augenblick verwandelte ihre Verzweiflung sich in Wut.
Mit der selbstzufriedenen Miene eines von der Liebe gesättigten Mannes beobachtete James, wie Davinias Taxi sich hinter einem roten Doppeldeckerbus in den Verkehr einfädelte und in Richtung Park Lane fuhr.
Estella ging zu ihm hinüber, zitternd vor Zorn.
Als James spürte, dass jemand neben ihm stand, wandte er sich um. »Estella!« Alle Farbe wich aus seinem Gesicht. Estellas Blick sagte ihm deutlich, dass sie Zeuge des rührenden Abschieds von seiner Geliebten geworden war.
»Du erinnerst dich also noch an mich – Estella Lawford, die seit kaum einem Jahr deine Frau ist?« Sie starrte ihn finster an. »Und bis vor einer Minute habe ich nicht mal geahnt, dass mein geliebter Mann in aller Öffentlichkeit einer Affäre mit meiner lebenslustigen Cousine frönt, die nicht viel intelligenter ist als ein Regenwurm und deren Mann gerade erst unter der Erde liegt!«
James geriet in Panik, denn Estella hatte so laut gesprochen, dass sie die Aufmerksamkeit anderer, ebenfalls auf Taxis wartender Hotelgäste erregte. Er nahm ihren Arm und versuchte sie fortzuziehen, doch Estella rührte sich nicht von der Stelle.
»Können wir nicht irgendwohin gehen und wie zivilisierte Menschen über diese Sache sprechen, Estella?«
»Wieso? Gerade eben hat es dir nichts ausgemacht, deine Affäre öffentlich zur Schau zu stellen.« Sie schüttelte den Kopf. »Wie konntest du mich so demütigen? Ich komme gerade von deinem Büro und habe mich dort schon schrecklich blamiert, als ich erfahren musste, dass du gar nicht mehr dort arbeitest – und das schon seit fast fünf Wochen!«
Verlegen und schuldbewusst senkte James den Kopf und starrte zu Boden. »Ich hätte es dir ja erzählt ...«
»Ach, wirklich? Und ich habe mir schon Vorwürfe gemacht, weil ich glaubte, ich hätte es vergessen! Wolltest du mir vielleicht auch von der Affäre mit meiner Cousine erzählen?«
»Estella, bitte, sprich leiser!«, beschwor James sie.
»Warum sollte ich?«
»Lass uns nach Hause gehen und dort reden!«
»Jetzt sag bitte nicht, dass da noch mehr ist ...« Estella bemühte sich verzweifelt, ein Schluchzen zu unterdrücken. Sie war wütend auf sich selbst, dass sie ihre Gefühle nicht unter Kontrolle hatte, denn sie wollte James nicht zeigen, wie es in ihrem Innern aussah; das ließ ihr Stolz nicht zu. Plötzlich fiel ihr ein heller Fleck Lippenstift an James’ Mundwinkel auf, der die Affäre umso wirklicher erscheinen ließ. Estella wurde so zornig, dass sie ihm eine schallende Ohrfeige versetzte. »Hättest du deine leidenschaftlichen Küsse und Umarmungen nicht wenigstens auf das Hotelzimmer beschränken können, in dem du den Vormittag mit diesem Weib verbracht hast? Musstet ihr euch auch noch vor allen Leuten zeigen?« Fast blind vor Tränen wandte Estella sich ab – keinen Augenblick zu früh für James, denn der hatte auf der anderen Seite des Platzes einige ihrer Freunde entdeckt.
Er folgte Estella und ergriff ihren Arm. Sie aber schüttelte James’ Hand ab und starrte ihn feindselig an. »Rühr mich nicht an!«, rief sie und erregte dadurch noch mehr Aufmerksamkeit. »Wage es ja nicht, mich jemals wieder anzufassen!« Sie ging weiter, und James hielt es für das Beste, ein wenig Abstand zu halten. Zwar wusste er, dass es feige war, doch für einen Anwalt – selbst wenn er vorübergehend nicht arbeitete – waren ein guter Ruf und das Ansehen sehr wichtige Dinge.
James folgte Estella in den Hyde Park. Er war besorgt wegen ihres seelischen Zustands, doch Estella war eine kluge und vernünftige Frau. Bestimmt würde sie sich nicht gleich in denSee stürzen – hoffte er zumindest. Er hatte kein Verlangen danach, in seinem besten Anzug ins Wasser zu springen, um sie herauszuholen. Aber er musste jetzt über alles mit ihr sprechen; so wie bisher konnte es nicht weitergehen, sonst hatte er weiße Haare, noch bevor er dreißig war.
Kurz nachdem Estella den Park betreten hatte, glaubte sie, sich übergeben zu müssen. Sie wusste nicht, ob es an der morgendlichen Übelkeit lag oder daran, dass James eine Affäre mit ihrer Cousine hatte, und für den
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