Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
gegründet und geleitet haben. Sie wurde 1866 gebaut und bot Platz für ungefähr zweihundert einheimische Siedler, bis sie wegen einer schlimmen Dürre 1915 aufgegeben werden musste.«
»Ist das da vorn ein Fluss?«, fragte Estella, die beeindruckt auf eine gewundene braune Schlucht in der Landschaft starrte.
»Ja, das ist der Cooper River. Wenn es in Queensland heftig regnet, führt er Wasser und speist den Lake Eyre, der, wie ich schon erwähnte, aber die meiste Zeit des Jahres bloß eine riesige trockene Salzmulde ist.«
»Ja, ich habe Ihre Bemerkung, ich sei so nützlich wie ein Kanu auf dem Lake Eyre, nicht vergessen.«
Murphy wirkte nicht im Mindesten schuldbewusst. »Wir werden sehen«, sagte er.
Die kleine Cessna flog weiter, scheinbar ins Unendliche, und Estellas Mut sank. Sie fragte sich, wohin sie ihr ungeborenes Kind mitnahm und ob es nicht unverantwortlich war, es so weit entfernt von jeder Zivilisation zur Welt zu bringen. Schreckensvisionen geisterten durch ihren Kopf, und sie schauderte.
Das hier wird entweder das Schlimmste, was ich je getan habe – oder das Beste, dachte sie und legte, wie so oft in den letzten Tagen, eine Hand schützend auf ihren Leib. Und ich hoffe um deinetwillen, mein Kleines, dass es das Beste wird.
4
D ie Cessna begann den Landeanflug. »Das da unten ist die Versorgungsstation Mungerannie«, erklärte Murphy. »Sie liegt genau in der Mitte zwischen vier verschiedenen Wüsten: der Tirari, der Strzelecki, der Simpson und der Sturt’s Stony Desert. Wir landen in ein paar Minuten.«
Estella blickte aus dem Fenster. »Es hört sich vielleicht dumm an, aber ... wo wollen Sie landen? Ich sehe keine Spur von einer Rollbahn.« Sie erblickte nur ein Gebäude, das in der weiten, von rotem Staub bedeckten Landschaft nicht viel größer aussah als ein Kieselstein. Als sie tiefer hinuntergingen, erkannte sie auf dem Dach des Hauses das in riesigen weißen Lettern gemalte Wort Mungerannie. Estella nahm an, dass es den Flugzeugen die Orientierung erleichtern sollte, denn die Versorgungsstation war in dieser unendlichen Wüste, wo alles mit der Umgebung zu verschmelzen schien, leicht zu verfehlen. Hinter dem Haus erkannte sie ein altersschwaches Vehikel, das aussah, als würde es bis zu den Achsen im Staub stehen; es erschien Estella irgendwie symbolisch für alles Fremde in der lebensfeindlichen Umgebung des Outback. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie versuchte, sich die Landung vorzustellen, und bei dem Gedanken daran, die Räder von Murphys Maschine könnten im Staub versinken, geriet sie regelrecht in Panik.
Murphy sah es ihr an und grinste schadenfroh. »Hier draußen braucht man keine richtige Landebahn, die Straße tut’s auch!«
Estella starrte ihn an. »Welche Straße ?«
»Für Londoner Begriffe ist sie wahrscheinlich ein bisschen dürftig, aber für uns hier erfüllt sie ihren Zweck.« Seine dunklen Augen funkelten, doch Estella war zu verschreckt, um seinen seltsamen Sinn für Humor zu würdigen.
»Halten Sie sich fest!«, befahl er.
»O Gott!«, stieß sie hervor und barg ihr Gesicht in den Händen, während sie auf den Moment des Aufsetzens wartete.
Sie fühlte, wie die Räder des Fahrwerks die so genannte Straße berührten und wie die Maschine über Unebenheiten und durch Schlaglöcher holperte, bis sie schließlich vor dem Gebäude inmitten einer Wolke aus rotem Staub zum Stehen kam, der vom Wind rasch davongetragen wurde.
Von ein paar heftigen Stößen abgesehen, war die Landung gar nicht so schlimm gewesen, wie Estella befürchtet hatte; trotzdem schlug ihr Herz rasend schnell, und sie fühlte, dass ihre Handflächen feucht vor Schweiß waren. Sie gab Murphy die Hauptschuld an ihrer Angst, denn er hatte absichtlich darauf verzichtet, sie zu beruhigen.
Als er den Motor abstellte, warf er ihr einen herausfordernden Blick zu, der ausdrückte: Na, was habe ich Ihnen gesagt? Estella beschloss, ihn zu ignorieren, und stieg aus der Maschine.
Es tat ihr gut, sich die Beine zu vertreten, doch die Hitze machte ihr das Atmen schwer. Und was noch schlimmer war: Als der Staub sich langsam verzog, wurde sie von unzähligen Buschfliegen überfallen.
»O Gott«, rief sie und wedelte heftig mit den Armen, um die Fliegen zu vertreiben.
»Sie gewöhnen sich schnell daran«, meinte Michael Murphy. »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin kurz vorm Verhungern. Wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich Hattie bitten, mir ein paar Kängurusteaks zu
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