Ein Hueter erwacht
zum Reden. »Tigers of Britain .«
»Annn wennn?« wurde die Frage wiederholt.
»Ich kenne . seinen Namen . nicht«, keuchte Suraiya.
Bei dieser Behauptung blieb Jug Suraiya selbst in höchster Pein -bis in den Tod.
Achtlos wandten die Zwölf sich von ihm ab, als er leblos zu Boden sank. Radhey Pai tat es ihnen gleich, aber nicht, weil ihm der Tod des Alten gleichgültig gewesen wäre, sondern weil der Anblick seines Leichnams ihn an Dinesh erinnerte.
»Du hassst .«
». esss .«
»... gehörrrt ...?«
Radhey nickte.
»Kennssst .«
». duuu diesssennn .«
». Orrrt?« »Ja«, antwortete Radhey und schicksalsergeben. »Folgt mir.«
Er wußte, daß er den Tod diesmal nicht zu nur einem Mann führen würde. Trotzdem weigerte er sich nicht, es zu tun, kam nicht einmal auf den Gedanken.
Weil ihm jener Kelch, einmal gespürt, längst zur Herzenssache geworden war - wichtiger als jedes Leben. Letztlich wohl wichtiger sogar als sein eigenes .
*
Geraint barg den Lilienkelch an seinem Herzen, und nach einer Weile meinte er, dessen trägen Schlag aus der Schwärze widerhallen zu hören, die den Kelch füllte. Darin wiederum - ob es nun tatsächlich so war oder nur eine Täuschung - meinte er ein weiteres Zeichen zu sehen: ein Zeichen dafür, daß er wirklich berechtigt sei, den Kelch zu besitzen - und zu benutzen.
Der Vampir lächelte stolz.
Wer weiß? ging es ihm durch den Sinn. Vielleicht bin wirklich ich der legitime Nachfolger des Hüters ... Ein Führer, der die Alte Rasse in eine neue Zeit geleiten soll!
»Mir ist nicht wohl bei der Angelegenheit.« Alfred nestelte unruhig an seinem Kragen, der ihm auf einmal viel zu eng zu sein schien.
Geraint legte ihm jovial die Hand auf die Schulter.
»Alfred, mein Freund«, sagte er, »du bist eine verfluchte Unke!«
»Ich meine ja nur .«
»Geh doch raus, wenn du's nicht mitansehen kannst.«
»Nein, schon gut. Tut, was Ihr nicht lassen könnt, Herr.«
»Irrtum, mein Bester: Ich tue, was ich tun muß.«
Geraint trat vor und an die Tafel, auf der Sham noch immer schlief. In gleicher Weise, wie der Vampir dem Mädchen vor Stunden die Augen geschlossen hatte, öffnete er sie ihm nun wieder, und Sham, nackt wie zuvor, sah noch im gleichen Moment hellwach zu ihm auf, als hätte sie trotz der geschlossenen Lider nicht wirklich geschlafen.
»Hallo, mein Liebe«, gurrte Geraint.
»Herr ...«, flüsterte Sham und reckte die Arme nach ihm.
Geraint wehrte die Geste ab und schob ihre suchenden Hände sanft zurück.
»Jetzt nicht«, sagte er lächelnd. »Ich habe ganz anderes mit dir im Sinn - etwas vielfach Größeres, als unsere Leidenschaft es war und je sein könnte.«
»Was könnte das sein, Herr?« fragte Sham erstaunt.
»Steh auf, meine Liebe«, wies er sie an, ohne auf die Frage zu antworten, und bot ihr galant die Hand dar. Fließend richtete sich die junge Frau in eine sitzende Position auf. Ihr Gesicht war so anmutig, daß Geraint einen Moment lang um Beherrschung rang. Nur zu gern hätte er sich ein weiteres Mal ... Aber nein, anderes war wichtiger, und Alfred konnte ihm gewiß gleichwertigen Ersatz besorgen.
»Was habt Ihr vor, Herr?«
Der Vampir hob spielerisch mahnend den Finger. »Sagte ich dir nicht, du mögest mich Geraint nennen?«
»Ja, He. Geraint.« Sham lächelte beschämt. »Verzeiht.« Erwartungsvoll sah sie dem Vampir ins Gesicht.
Geraint streckte ihr die Hand mit dem Kelch entgegen.
»Daraus wirst du trinken - wie ich es vorhin aus dir getan habe.«
»Ihr meint«, erwiderte Sham, »Ihr wollt Euer - Blut mit mir teilen?« Ihre Stimme klang fasziniert, doch tief in ihren Augen erkannte Geraint ein vages Flackern, das von Ekel kündete.
»So ist es.«
Es lag lange zurück, daß er letztmals einer Kelchtaufe beigewohnt hatte. Dennoch entsann Geraint sich ihrer, als wäre es gestern erst gewesen. Das Ritual war von solcher Bedeutung, daß kein Vampir es je vergessen könnte.
Diesmal jedoch war es nicht das Blut eines Sippenoberhauptes, das in den Lilienkelch floß.
Diesmal wurde ihm selbst diese Ehre zuteil!
Geraint reichte dem Mädchen den Kelch. Zitternd hielt Sham ihn fest, während der Vampir sich die rüschenbesetzte Manschette seines Hemdes den Unterarm hinaufschob. Der Nagel seines rechten Zeigefingers wuchs mit fast hörbarem Knirschen zur Klaue, und die senkte Geraint in Fleisch und Ader seines linken Handgelenks.
Schwarz und zäh trat Blut aus der sichelförmigen Wunde, und er ließ den Nagel darin, damit sie sich nicht
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