Ein Hund namens Gracie
Gracie die Köpfe aneinanderzustoßen. Anne trat etwas graziöser ein als Merlin, mit einem breiten Lächeln, das mir bedeuten wollte, wie toll ich alles dekoriert hatte. Als sie sah, dass es bei uns genauso einen Eindruck wie am 28. April oder 4. Oktober machte, holte sie einmal tief Luft und sagte: »Hey, Partyjunge! Ich bin ein bisschen früher gekommen, um dir bei den Vorbereitungen zu helfen!«
Ich sah sie mit zusammengekniffenen Augen an: »Das stimmt doch gar nicht!«
Sie lächelte noch breiter und ihre Augen strahlten so, dass man die ehemalige Ballkönigin gut erkennen konnte. »Natürlich stimmt das!«
»Es stimmt nicht, gib’s schon zu, Anne.«
Sie hatte ihren Mantel ausgezogen und reichte ihn mir, immer noch strahlend, wobei sie sich einen Eindruck vom Zustand unserer Behausung verschaffte und ihre Ärmel hochkrempelte. »Kumpel, ich bin früher gekommen, weil mir aus irgendeinem merkwürdigen Grund etwas an deiner Gesellschaft liegt und ich dir helfen könnte, falls es nötig wäre. Du hast wahrscheinlich gerade gedacht, dass dein Leben den Bach runtergeht und die Party ein Desaster wird, stimmt’s?«
Kennen Sie das: Wenn es einem schlecht geht und eine Freundin oder ein Freund versteht, was mit einem los ist, bevor man es selbst begriffen hat, fängt man fast an zu heulen.
Anne klopfte mir auf die Schulter. »Okay«, sagte sie.
»Wir machen jetzt aus diesem Macker-und-Meute-Loch das ultimative Sylvester-Party-Palais.« Und das taten wir. Es dauerte noch nicht einmal so lange, wie die meisten Leute dafür brauchen, ein Bild aufzuhängen. Es war natürlich hilfreich, dass sie meterweise Lametta und Papierschlangen mitgebracht hatte, dazu eine Tüte Luftballons, ein paar Dutzend Tröten und vier lange Mond-und-Sterne-Lichterketten, die unser Erdgeschoss zusammen mit vielen, in Wasserschälchen schwimmenden Teelichtern aussehen ließen, als hätten sich ein paar Sternbilder zu uns verirrt. Es war das und es waren irgendwelche Horsd’œuvres, deren Zutaten sie in der Zeit »zusammenschmiss«, die ich brauchte, um eine Tüte Mehl zu öffnen.
Es gelang Mark, eine ganze Minute, bevor unsere ersten offiziellen Gäste eintrafen (und das heißt, jeder außer Anne), in meinem Hyundai vorzufahren. Er begrüßte Sarah, Dottie, Gracie und Merlin, die alle ein wenig Aufmerksamkeit von ihm forderten. Mark arbeitete sich durch die Meute und murmelte: »Tut mir Leid, ihr Viecher, ich muss unter die Dusche, hier sieht’s ja klasse aus, Mann, haste gut gemacht, schon wer da? Ich bin in fünf Minuten wieder unten, um dir zu helfen, nein, Dottie...« und verschwand im ersten Stock.
Anne warf mir einen Blick zu, halb amüsiert, halb entschlossen. »Na gut«, sagte sie. »Wir machen es so: Du gehst an die Tür. Die Garderobe kommt in den hinteren Schrank. Alle sollen ihre Sachen selbst aufhängen. Cue Music, vielleicht frühes Motown, könnte etwas Feststimmung aufkommen lassen - in meiner Tasche sind ein paar Kassetten, Greatest Hits von Temptations und zwei von den Supremes.
»Anne, bist du zufällig Mary Poppins?«
Sie lächelte. »Ich erklär’s dir später. Dann hätte ich gerne, dass du das Eis aus dem Tiefkühlschrank holst und in die große Wanne tust, und zwar auf einen Kasten Bier, mitten auf dem Tisch. Sprudel und Saft und so kommen ans andere Ende, neben die Plastikbecher, und eine Tüte Eis in die grüne Schüssel. Dann treffen wir uns wieder hier. Hast du alles?«
»Ähm.« Ich konnte mich zwar an nichts mehr erinnern, was nach dem »Du gehst an die Tür...« kam, aber ich wollte sie nicht enttäuschen und dachte mir, es würde mir schon wieder einfallen, wenn ich nicht mehr mitten im Scheinwerferkegel ihrer sendungsbewussten Blicke stand.
»Gut. Ich gucke mal nach den Horsd’ceuvres und stelle die Teller mit den Keksen auf. Ich schreie, wenn ich deine Hilfe brauche, um die Punschschüssel reinzubringen.« Sie rannte auf die Küche zu, stoppte aber bei dem Sack mit den bunt eingewickelten Päckchen. Sie nahm eins hoch und fragte: »Was ist das?«
»Hm, es ist, na ja...« Plötzlich kam mir die Idee richtig albern vor. Was hatte ich mir dabei gedacht? »Es sind Partyüberraschungen. Für die Hunde der Leute. Hausgemachte Hundekuchen. So wie die, die ich für...«
»Was für ’ne tolle Idee.« Sie lächelte. »Kein Wunder, dass du so beliebt bist.« Da klingelte es an der Tür, und sie verschwand in der Küche. Ihr strahlendes Lächeln hing noch an der Stelle, die sie gerade verlassen
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