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Ein Hund zu Weihnachten

Ein Hund zu Weihnachten

Titel: Ein Hund zu Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Kincaid
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schien mich zu verstehen. Er legte mir den Kopf auf die Schulter und drückte seine kalte Nase an mein Ohr, so als wollte er sagen, dass er sehr gerne bei uns war. Als ich ihn losließ, lief Christmas zu seinem Ball und legte ihn mir vor die Füße.
    »Du bist ziemlich direkt, mein Freund, nicht wahr?« Ich warf den Ball, so weit ich konnte, und er jagte hinterher. Good Charlie hatte dieses Spiel auch geliebt, allerdings hatte er eine Frisbeescheibe bevorzugt.
    Wir hatten Charlie auf einem Friedhof in einem kleinen buddhistischen Kloster in den Gebirgsausläufern nahe unseres Stützpunktes in Tan Son Nhut begraben. Als wir den Mönchen Charlies Geschichte erzählten, berieten sie sich einen Moment und kamen dann zu dem Ergebnis, dass Charlie die Wiedergeburt eines amerikanischen Kriegshelden aus früheren Zeiten gewesen sein musste. Sie schienen sehr erfreut, seine Seele bei sich zu haben und versprachen, sich um sein Grab zu kümmern. Und sie meinten das zweifelsohne ernst.
    Ich habe ein paar handfeste Erinnerungsstücke aus  der Zeit damals. Eines davon ist eine Narbe, die sich von meinem Oberschenkel wie ein hässliches pinkfarbenes Eisenbahngleis bis zum rechten Knie hinunterzieht. Ein anderes ist mein kaputtes rechtes Bein. Ich bekomme deswegen Kriegsversehrtenrente, aber es pocht und schmerzt bis heute und zwingt mich, langsamer zu gehen, als ich eigentlich will. Und schließlich liegt da noch ein purpurrotes Herz, mein Verwundetenabzeichen, in der obersten Schublade meines Nachttisches. Eines Tages werde ich diesen Orden dort anbringen, wo er hingehört - auf Charlies Grab.
    Christmas jaulte, um mich auf den Ball aufmerksam zu machen, den er mir vor die Füße gelegt hatte, und riss mich so aus meinen Gedanken. Ich sah ihn an und sagte: »Tja, alter Junge, es wird nicht so einfach werden, wie ich gedacht habe, dich wieder abzugeben. Aber Vertrag ist Vertrag, nicht wahr?«
    Christmas setzte sich hin, und ich sagte zum Spaß: »Hand drauf, Junge.« Prompt gab er mir seine Pfote, und ich schüttelte sie.
    Es war schön, wieder einen Hund um sich zu haben, und ich erinnerte mich daran, was für eine besondere Art von Freundschaft Mensch und Hund verbinden kann. Ich warf den Ball zum Haus, und wir machten uns beide auf den Weg hinein zum Abendessen.
    Mary Ann wollte dieses Abendessen zu etwas ganz Besonderem machen. Sie deckte den Tisch im Esszimmer mit weihnachtlichem Geschirr, das wir vor einigen Jahren von unserer Tochter geschenkt bekommen hatten. Auf dem Tisch lag eine ihre Lieblings-Weihnachtstischdecken, und in der Mitte standen rote und grüne Kerzen. Nach dem Essen halfen wir Mary Ann beim Abwaschen, eine Aufgabe, die Christmas gerne mit übernahm: Er leckte auch noch den letzten Krümel von den Tellern. Den Rest des Abends verbrachten wir im Wohnzimmer am Kamin vor dem Fernseher. Schließlich machte ich das Licht aus, und wir gingen die alte Treppe hinauf ins Bett.
    Wenn im Winter die Sonne untergeht, fällt die Temperatur schnell ab. Zwar hatten wir unser altes Haus schon vor vielen Jahren isolieren lassen und eine Zentralheizung eingebaut, aber trotzdem ist es oft kalt, und man braucht im Winter Heizdecken und dicke Schlafanzüge. An diesem Abend, als ich unter die warmen Decken geschlüpft war, tat es besonders gut, Mary Ann neben mir zu spüren. Wir hörten, wie Todd unten in seinem Zimmer leise mit Christmas sprach.
    »Ich glaube, er mag diesen Hund, George.«
    »Bist du dir da sicher?«, fragte ich.
    »Was ist mit dir, George - magst du den Hund?«
    »O ja, ich denke schon. Wenn man langhaarige Hunde mag, dann ist er sicher der Richtige.«
    »Es schien dir heute besser zu gehen.«
    »Ja, ich habe mich besser gefühlt, viel besser.«
    »Was war los mit dir, George?«, fragte sie und legte mir die Hand auf den Arm.
    »Ich musste über manches nachdenken.«
    »Das hattest du befürchtet, nicht wahr?«
    »Ja, ich denke schon.«
    Sie legte mir den Kopf auf die Schulter, und ich fügte hinzu: »Ich möchte dir für etwas danken.«
    »Wofür?«
    »Habe ich dir schon oft genug gesagt, wie wichtig mir jeder einzelne deiner Briefe war?«
    »Du hast es mir schon tausendmal gesagt.«
    »Ich hätte es eine Million Mal sagen sollen. Danke nochmal, Mary Ann.«
    »Ich liebe dich, George.«
    »Ich liebe dich auch. Gute Nacht.«
     

SECHS
    Der 20. Dezember war gekommen. Es war ein Sonntag, und wir bereiteten uns auf unser Familienfest und den Besuch der Nachbarn vor. Der Duft von gebratenem Speck und Truthahnbraten

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