Ein Idiot kennt keinen Schmerz: Der Star aus Jackass
durch hatte. Diese halbbewussten Traumzustände, die ich mit meinem Stickstoff-Konsum immer erreichen wollte, konnte ich langsam nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden. Ich fing an, Stimmen zu hören und erlebte Halluzinationen, von denen ich sicher war, dass sie sich tatsächlich ereigneten. Das ging so weit, dass ich Leute durch meine Wohnung laufen sah, die sie in Wirklichkeit noch nie betreten hatten.
Ich habe oft gesagt, dass ich bei meinem Auftritt zur Premiere von Jackass: Nummer Zwei das Gefühl hatte, zu meiner eigenen Beerdigung zu gehen. Und das war wirklich so. Sicher, mir war schon klar, dass ich weiterhin arbeiten konnte, doch ich war sicher, dass nichts von diesen zukünftigen Dingen je wieder so herausragend oder spektakulär sein würde wie dieser Film. Und diese Aussichten auf den Rest meines Lebens machten mich total depressiv, ließen es vollkommen nutzlos erscheinen.
An jenem Abend gab es im »Roosevelt-Hotel« eine Vorabparty. Dann stieg ich mit meinem Vater, meiner Schwester, meiner Nichte, mit Dr. Drew und dem Schauspieler Ron Jeremy – ich weiß, keine spektakuläre Begleitung – für die kurze Strecke zum Kino in eine Limousine. Kaum waren wir angekommen, zupfte ich meinen Schwanz heraus und pinkelte auf den roten Teppich. Cassie, die damals gerade mal vier Jahre alt war, stand direkt neben mir. Papa war außer sich.
Ich wünschte, ich könnte behaupten, dieses Pinkeln auf den roten Teppich sei bloß die Tat eines Mannes gewesen, der so besoffen war, dass er nicht mehr wusste, was er tat. Klar war ich betrunken, doch diese kleine Provokation hatte nichts mit Alkohol zu tun, sondern mit Verzweiflung. Ich war sauer auf diesen roten Teppich und auf alles, was er repräsentierte. Ich war sauer, dass er für mich nie wieder da sein würde. Und ich war sauer, dass ich ihm nichts mehr anzubieten hatte. Ich wusste, dies war mein letztes Zucken. Diese Pinkelei war ein Abschiedsgruß an den roten Teppich, ein »Fick dich« und zugleich auch ein allerletzter Versuch, wenigstens so viel Aufmerksamkeit zu erregen, dass ich mir damit vielleicht doch noch einen neuen Gang über den roten Teppich verdienen würde.
Diese Premiere war für mich ein emotionaler Wendepunkt, doch oberflächlich betrachtet änderte sich danach an meinem Leben kaum etwas. Der Film war ein Riesenerfolg, aber ich setzte das Leben einer von Drogen vernebelten Publicity-Hure fort, eifrig bemüht und stets bereit, die Namen berühmterer Freunde zu erwähnen, um meinen eigenen im Gespräch zu halten.
Zu diesen Namen gehörte auch der der Schauspielerin und Sängerin Lindsay Lohan. May stellte mich Lindsay 2004 vor, und nachdem ich 2006 mal mit ihr eine Party gefeiert hatte, machten wir ab und zu etwas zusammen. Obwohl sie definitiv ein anspruchsvoller Typ ist, hat es Spaß gemacht, mit Lindsay Partys zu feiern, und ich glaube, sie fand all meine Mätzchen zumindest einigermaßen vergnüglich.
Zu jener Zeit genügte es, Lindsays Namen vor irgendeinem Aufnahmegerät nur zu erwähnen und man konnte mehr oder weniger sicher sein, dass die Geschichte innerhalb von Stunden, wenn nicht sogar von Minuten, im gesamten Internet kursierte. Als jenes Video mit diesem betrunkenen reichen Kerl, Brandon Davis, der Lindsay Lohan eine firecrotch (»Feuermöse«) nannte, sich in Windeseile verbreitete, mischte ich mich in diese Geschichte ein und stand ihr über TMZ.com bei. Das mag einen guten Eindruck gemacht haben, doch meine Motive dafür waren alles andere als edel. Ich wollte einfach nur ein bisschen von dem Scheinwerferlicht abbekommen. Ich lud den Kameramann von TMZ sogar zu einem Interview in meine Wohnung ein. Ich muss der einzige Mensch auf dieser Welt sein, der so etwas je gemacht hat.
Und als müsste ich auch noch den letzten Zweifel an meinen miesen Intentionen zerstreuen, trat ich schließlich noch in der Howard Stern Show auf und berichtete, Lindsay hätte mir eine Tüte mit Koks geklaut. So schnappte ich mir ein kleines Stück vom großen Kuchen der eigentlichen Story um Lindsays Drogenkonsum, von dem die Klatschpresse nicht genug kriegen konnte. Zu jener Zeit machte noch eine andere Geschichte die Runde, die besagte, dass Lindsay sich Geld von mir geborgt hätte. Das Ganze war genauso falsch wie die Meldung über Brad Pitt, der angeblich dabei erwischt worden war, wie er mit mir einen Joint geraucht hatte. Der Umstand, dass ich von beiden Geschichten hellauf begeistert war, sagt eine Menge darüber aus, was damals in
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