Ein Iglu für zwei (German Edition)
alle neu erstandenen Kleider bei Danny im Schrank zurückgelassen habe. Sie hätten mir jetzt sehr nützlich sein können. Jedenfalls eines davon. Zum Glück bin ich in Lucys Kleiderschrank mal wieder fündig geworden. Ein rotes Kleid. Ob das Zufall ist, dass mir ausgerechnet diese Farbe in die Finger gerät?
Gegen neunzehn Uhr verlasse ich die Wohnung und fahre in meinem Auto zu der Villa von Mr. und Mrs. Daniels senior. Ich freue mich darauf, Mrs. Daniels wiederzusehen. Sie besitzt so eine wohlmeinende Offenherzigkeit, die mir liegt.
Als ich das Anwesen der Daniels erreiche, kann ich schon von Weitem Richards blaue Limousine ausmachen. Er ist also schon da. Wem das kleine rote Fahrzeug daneben gehört, ist mir allerdings schleierhaft. Ich dachte, ich wäre der einzige Gast. Schon vor der Tür werde ich von Mrs. Daniels freudestrahlend begrüßt. Mütterlich drückt sie mich an ihre Brust.
„Miss Bergstroem, wie schön, dass Sie kommen konnten. Wir freuen uns ja so!“
Mr. Daniels stößt nun dazu und drückt mir die Hand.
Höflich begrüße ich beide und reiche der Dame des Hauses meinen überdimensionalen Blumenstrauß, welchen ich extra einen Tag zuvor in der Blumenhandlung von Lucys Eltern bestellt habe. Mrs. Atkinson persönlich, also Lucys Mutter, ist daran schuld, dass dieser Strauß so voluminös wie ein mittelgroßes Buschwerk ist. Als ich ihr mitteilte, für wen die Blumen gedacht seien, da schwatzte sie mir prompt die XXL-Version auf, deren Notwendigkeit ich sofort begriff. Kleine Leute, kleine Sträuße. Große Leute, große Sträuße. So oder so ähnlich machte sie mir unmissverständlich klar, dass alles andere nicht infrage käme.
Vielleicht hätte ich besser nicht auf sie hören sollen, denn Mrs. Daniels verschwindet fast vollständig hinter dem Strauß, dessen sich nun Mr. Daniels bemächtigt und den er gleich fortträgt. Mrs. Daniels hakt sich bei mir unter und führt mich ins Haus.
„Ich muss Sie vorwarnen, liebe Miss Bergstroem. Wir haben heute unverhofften Besuch erhalten. Ganz sicher werden Sie überrascht sein.“
Hoffentlich spricht sie nicht von Danny. Gerade war ich dabei, meinen Kopf für Richard freizuschaufeln. Würde ich auf Danny treffen, müsste ich mit meinen Bemühungen, ihn aus meinen Gedanken zu graben, wieder von vorne beginnen. Das ist müßig und uneffektiv.
„Von wem sprechen Sie?“
Doch als ich meine Frage zu Ende formuliert habe, beantwortet sie sich bereits von selbst und wirft etwa zehnmal so viel neue Fragen auf. Heute Abend scheint die Farbe Rot zu dominieren. Denn Elisabeth Palmer steht neben Richard und unterhält sich mit ihm. Das träume ich wohl gerade. Was will sie hier? Woher kennen sie sich überhaupt? Und weshalb spricht sie ausgerechnet mit Richard? Hat sie es auf alle Männer abgesehen, denen ich begegne?
Kurz berechne ich meine Erfolgsaussichten in einem Gefecht mit ihr. Sie ist einen halben Kopf größer als ich und ihre gesamte Statur wirkt wesentlich kompakter. Körperlich bin ich ihr also mit allergrößter Wahrscheinlichkeit weit unterlegen. Ein Ringkampf kann demnach schon im Vorfelde als verloren erklärt werden. Da meine Stärken auch nicht unbedingt in der verbalen Disziplin zu finden sind, wäre es klüger, den Mund zu halten.
Ebenso fehlt mir die nötige Zeit, einen wirkungsvollen Schlachtplan zu erarbeiten, mit dem ich sie nicht nur aus diesem Haus, sondern möglichst weit aus meinem Gesichtsfeld katapultieren könnte. Also stelle ich mir nun die alles entscheidende Frage: Sie oder ich? Wir beide sind eine zu viel. So viel ist klar! Ich bin der planmäßige Gast und sie der unverhoffte Besuch. Wer muss also weichen? Um diese Frage zu beantworten, brauche ich keine Sekunde.
Trotzdem überlege ich, freiwillig das Feld zu räumen. Einzig und allein um des lieben Friedens willen. Doch als ich Mrs. Daniels gerade von meiner plötzlich erkrankten Tante berichten will, welche als Ausflucht meines eben geplanten übereilten Aufbruchs dienen soll, fällt Richards Blick zu seiner Mutter und mir herüber.
„Malina! Da bist du ja endlich. Darf ich dich meiner Cousine Elisabeth vorstellen? Ich glaube, ihr seid euch bereits bekannt.“
„Das kann man wohl sagen“, giftet Elisabeth in meine Richtung.
Waaaas? Sie ist seine Cousine? Ausgerechnet sie? Weshalb? Ich meine, was hat sich Mutter Natur nur dabei gedacht? Es gibt so viele Cousinen auf dieser Welt. So schätzungsweise massenhaft. Die Auswahl wäre demnach annähernd grenzenlos
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