Ein Iglu für zwei (German Edition)
sehr einfach. Ich dachte, du wärst anders. Ehrlich und aufrichtig. Wahrscheinlich hab ich zu viel in dir vermutet.“
Überraschend steht mein Vater zwischen uns und packt Danny an beiden Schultern.
„Sie liebt dich! Das ist ihr einziger Fehler. Dein Mund spricht, bevor dein Kopf denkt. Das ist dein Fehler.“
Kurz blicken sich beide Männer in die Augen, bevor mein Vater sich von Danny abwendet und mich am Arm fortzieht. Als wir über den Hügel schreiten, schaue ich mich ein letztes Mal nach Danny um. Noch immer steht er unverändert an der gleichen Stelle und sieht uns nachdenklich hinterher.
Ein Bad mit Folgen
Auch wenn ich eigentlich vorhatte, die kommenden Wochen bei meinen Eltern zu verbringen, so hielt ich es plötzlich nicht mehr aus in dieser Einsamkeit. Es zog mich in die Stadt zurück. Ich brauchte Menschen und geschäftiges Treiben um mich herum. Ablenkung.
Phil und ich hatten uns doch noch ausgesprochen. Na ja, mein Mund war „aus“ und er hat „gesprochen“. Dabei erfuhr ich gleich so nebenbei, dass Madeleine – meine und seine Ex – ihn verließ, um ein neues Leben in einer anderen Stadt anzufangen. Phil ist eine Urpflanze. Niemals hätte er sie begleitet. Einen alten Baum kann man nicht verpflanzen. Auch wenn er noch gar nicht so alt ist. Aber ein Baum ist er schon. Der mal alt werden will. Und zwar dort, wo seine Wurzeln sind. Für ein Stadtleben ist er nicht geschaffen.
Ich stehe mit meinen Eltern auf dem Gelände des kleinen Flughafens, um mich von ihnen zu verabschieden. Es ist schwer, wieder gehen zu müssen. Aber in der jetzigen Situation wäre es schwerer zu bleiben. Außerdem möchte ich einige Dinge in New York regeln. Oder sagen wir, ich habe kontinuierlich darüber nachgedacht, was ich in New York noch alles regeln könnte, damit ich was regeln kann, nur um was zu regeln. Ich brauche dringend Abwechslung.
Lucy und Namid wollen mich in New York vom Flughafen abholen. Ehrlich, ich find es wirklich klasse, dass die beiden ein Paar sind. Aber müssen sie denn gerade jetzt vor meinen Augen als Paar auftreten? Könnte mich nicht erst der eine vom Flughafen einsammeln und der andere dann zufällig dazustoßen?
Okay, okay, okay ... ich weiß, das ist furchtbar egoistisch von mir. Ich freue mich ehrlich für sie. Nur, das lenkt mich von meinem Problem mit Danny nicht ab.
Mein Vater drückt mich diesmal besonders lang zum Abschied. Fast habe ich das Gefühl, er will mich gar nicht mehr loslassen. Mir ist nicht entgangen, dass ihm das Geschehene mit Danny und mir beschäftigt. Nicht, dass er noch etwas dazu gesagt hätte. Er schweigt beharrlich in dieser Angelegenheit. Wie auch in allen anderen Lebensbereichen.
Als er mich auf dem Schotterweg von Danny wegzog und ihm zuvor diese vier kleinen ausdrucksvollen Sätze mit auf den Weg gab, da sprach mein Vater auf der Rückfahrt und die folgenden achtundvierzig Stunden kein einziges Wort mehr. Weder mit mir noch mit meiner Mutter. Natürlich kenne ich ihn gut genug, um zu wissen, dass dies nicht weiter besorgniserregend ist. Das kommt auch mal vor, ohne dass ihn Sorgen plagen. Trotzdem hätte ich seine Gedanken gern gekannt. Ich weiß, dass ihm Dinge auffallen, die anderen verborgen bleiben. Sicher hätte mir das nützlich sein können. Auf die eine oder andere Weise.
Nun stehen wir schon so ein paar lange Sekunden auf dem Asphalt des Flughafengeländes und umarmen uns schweigend. Abschiedszeremonien dieser Art liegen mir am meisten. Man muss nicht angestrengt nach den richtigen Worten suchen, welche die Abreise doch nicht leichter machen, sondern man kann einfach nur stumm in den Armen des anderen Abschied nehmen.
„Manche Pfade sind lang und beschwerlich. Aber nicht unerreichbar. Vertraue deinem Gefühl!“
„Danke, Dad. Das mache ich.“
Was heißt das jetzt? Könntest du bitte etwas deutlicher werden?
Kurz nach der Landung in New York bin ich etwa fünf Pfund leichter. Mein gesamter Mageninhalt – abgesehen meiner festgewachsenen Organe – befindet sich in der Bordtoilette. Etwa ein Dutzend Mal habe ich mich übergeben, aber jetzt scheint es mir wieder gut zu gehen, als wäre nichts gewesen. Ob eine bisher nie da gewesene Reisekrankheit oder vielleicht doch die Schwangerschaft auf mein Wohlbefinden, beziehungsweise meinen Bauch, gedrückt haben, weiß ich nicht so genau. Aber jetzt ist ja alles wieder gut. Einfach so. Ist auch nichts mehr drin, was heraus könnte aus meinem Magen.
Lucy und Namid stehen eng
Weitere Kostenlose Bücher