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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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sie:
„Jetzt habe ich Hunger. Emily, lassen Sie uns Torte essen.“ Das ließ sich Emily
nicht zweimal sagen. Sie grüßten die junge Dame hinter dem Infotresen und
fuhren zügig ins Café Schafheutle. Alle Tische waren besetzt.
    Frieda Vogel entschied: „Wir warten“.
    Da winkte es aus der Ecke hinten rechts. „Frieda Schätzchen,
setz dich doch zu uns.“ Frau Vogel sah sich neugierig um. „Oh Gott, meine alten
Singdrosseln.“
    „Sollen wir?“, fragte Emily.
    „Na gut, auf in den Kampf.“
    Emily steuerte vorsichtig den Rollstuhl durch das volle
Café. Überall wurden pflichtschuldig Stühle gerückt und Taschen weggeschoben.
An besagtem Tisch saßen drei ältere Damen mit Hüten. Emily war noch nie
dahintergekommen, wieso der Hut nicht abgelegt wurde, selbst wenn man sich
sonst in Innenräumen doch der äußeren Hüllen entkleidete. Sie begrüßten Frieda
überschwänglich, aber auch ein wenig verkrampft, wie es Emily schien. Frieda
versuchte, locker zu plaudern, aber es gelang ihr auch nicht so wie sonst.
    „Singst du noch gelegentlich?“, wurde sie gefragt.
    „Natürlich“, antwortete Frieda. „Darf ich euch meine
ausgezeichnete Begleiterin vorstellen, Frau Neumann aus Hamburg.“
    „Sie sind Pianistin?“, wurde sie gefragt.
    Frieda antwortete für sie: „Sie spielt hervorragend.“
    Emily schluckte. Welch eine Komödie. Zwei Tische neben den
Damen wurde ein Tisch frei.
    „Wollen wir an den anderen Tisch?“, raunte sie.
    Frieda Vogel nickte kaum merklich. „Wir müssen weiter, meine
Lieben. Es war reizend, euch einmal wiedergesehen zu haben.“ Emily entging
nicht der leicht bittere Unterton. Sie schob Frieda an den freien Tisch. Die
seufzte erleichtert. „Viel länger hätte ich das auch nicht ausgehalten.“
    „Oh, Sie haben sich doch ganz entzückend geschlagen“,
flachste Emily.
    „Sehen Sie, wir haben
jahrelang zusammen im Bachchor gesungen und viel gemeinsam unternommen. Als ich
krank wurde, kannten sie mich aber nicht mehr, als wäre ich ansteckend“, sagte
sie traurig.
    „Vielleicht ist das so im Alter, wenn man noch einigermaßen
fit ist, dass man sich dann nicht mit richtig Alten und Kranken abgeben
möchte“, sinnierte Emily. „Ich weiß es nicht, denn in der Situation war ich
nie.“
    Emily dachte an die fitteren älteren Menschen im
Seniorenheim. Es gab ihrer Beobachtung nach diesbezüglich zwei Kategorien von
Menschen. „Im Seniorenheim habe ich das auch schon beobachtet. Es gibt die, die
über allem stehen und so tun, als hätten sie mit dem Elend der anderen nichts
zu tun. Dann gibt es aber auch die, die sich ganz selbstverständlich mit den
Schwächeren abgeben, ihnen helfen und überall ihre Liebe verteilen. Aber ich
denke, das sind nicht so viele“, sagte sie traurig. Zum Glück wurden sie durch
die Kellnerin aus ihren tiefen Gedanken gerissen, die endlich ihre Bestellung
aufnahm. Frieda Vogel bestellte ein Kännchen Kaffee und eine Sachertorte. Emily
wusste, dass sie wieder nur zwei Gabeln davon essen würde. Sie bestellte eine
Bananentorte und einen Cappuccino. Gedankenverloren betrachtete Emily die
anderen Gäste.
    „Was ist los mit Ihnen, Emily?“, fragte Frieda. Emily
erschrak.
    „Sie stehen heute ganz neben sich, auch wenn Sie gut
schauspielern können.“
    „Das Kompliment gebe ich doch glatt zurück.“ Emily grinste.
„Ja, mein bewegtes Leben macht mir zu schaffen.“
    Frieda setzte sich aufmerksam in ihrem Rollstuhl zurecht.
„Ich bin ganz Ohr.“
    „Na gut.“ Emily räusperte sich. „Ich bin letzte Woche mit
einem anderen Mann ins Bett gegangen.“ Sie wartete ab, aber Frieda schaute
einfach weiter aufmerksam und schien nicht sonderlich erschüttert. „Ich muss
die ganze Zeit an diese Nacht denken. Und ich habe mich mit Josue versöhnt und
er hat mir verziehen.“
    „Und wo liegt das Problem?“
    „Ich war mir so sicher mit Josue und ich glaube, ich liebe
ihn, und die Kinder liebe ich auch.“
    „Und?“
    „Aber David geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Er ist so ganz
anders, aber ich kenne ihn kaum.“ Frieda wiegte bedächtig den Kopf. Die Torten
und Getränke wurden gebracht.
    „Was sagt Ihr Verstand?“
    „Dass ich spinne und mir David möglichst schnell aus dem
Kopf schlagen sollte, so kurz vor der Hochzeit.“
    „Und was sagt Ihr Bauch?“
    „Dass ich neugierig auf ihn bin und ihn und seine Geschichte
gerne näher kennenlernen möchte.“
    „Erfahrungsgemäß gibt der Bauch keine Ruhe, bevor er seinen
Willen bekommen

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