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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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dass sie noch Interesse an
der ausgestellten Subkultur, Graffiti und dem ganzen Umfeld hatte. Emily hievte
den Rollstuhl aus dem Kofferraum, klappte ihn auf und schob ihn neben die
geöffnete Beifahrertür. Die stadtfein gemachte Frieda Vogel saß bald darauf in
eine warme Decke gepackt darin.
    „Geht es Ihnen auch wirklich gut genug?“, fragte Emily zum
dritten Mal.
    „Lass gut sein Kindchen, ich weiß schon noch, was ich mir
zumuten kann und was nicht“, sagte sie. Emily schloss das Auto ab und gab ihr
den Schlüssel, den sie langsam in ihrer Handtasche verstaute. Emily schob den
Rollstuhl zum Aufzug. Frieda Vogel schien aufzuatmen, als sie am Palais
Graimberg vorbei auf die Fußgängerzone zurollten. Sie wies Emily links und
rechts auf Geschäfte hin, die es immer noch gab, und war ganz entzückt bei
einem für sie unbekannten Deko-Geschäft, das ebenerdig lag, so dass Emily sie
einfach hineinschieben konnte. Sofort kam sie mit dem Verkäufer ins Gespräch,
der hierhin und dorthin sprang, um ihr hier einen Lampenschirm und dort ein
paar witzige Salzstreuer zu präsentieren. Frieda machte Großeinkauf. Sie
erstand eine Haarbürste, deren Griff einen nackten Frauenkörper darstellte,
einen bunten Lampenschirm aus handgeschöpftem Papier, ein Fragespiel: Die
hundert intimsten Fragen Ihres Lebens – „das spiele ich dann mal mit meinen
Zivis“ – und einen Papphocker mit einem Dekor aus buntem Gemüse. Emily
versuchte alles an den Griffen des Rollstuhls aufzuhängen und dachte dabei, es
wäre geschickter gewesen, die Dinge später einzukaufen.
    „Können wir die Einkäufe hier deponieren und später
abholen?“, fragte da schon die clevere Frieda Vogel. Mit einem charmanten
Winken verabschiedete sie sich von dem Verkäufer. „Das hat Spaß gemacht“, sagte
sie beim Verlassen des Geschäfts. Emily unterdrückte die Frage, wo sie diese
Dinge in ihrer klassisch eingerichteten Wohnung unterbringen wollte.
    Dann rollten sie weiter Richtung Kurfürst-Friedrich-Museum.
Rechterhand musste Frau Vogel noch bei einem Schmuckgeschäft anhalten, dessen
Ketten und Tücher es ihr besonders angetan hatten. Sie pellte sich mühsam aus
ihrer dicken Jacke, um die Wirkung einiger Ketten zu begutachten. Emily beriet
sie nach besten Kräften, hätte sich aber Annas Treffsicherheit gewünscht.
Schließlich erstand sie eine Kette mit silbernen, gehämmerten Kettengliedern
und taubenblauen Steinchen, die ihre Augen gut zur Geltung brachten, und eine
mit dicken roten Kugeln gepaart mit braunen Ornamenten, die ein wenig
afrikanisch wirkte und angeblich gut zu Friedas Pelzmantel passen würde. Wann
sie den wohl noch ausführen würde, fragte sich Emily wehmütig. Frieda bezahlte.
Sie schien eine Menge Bargeld dabeizuhaben.
    Wenig später deutet sie mit ihrem krummen Zeigefinger auf
das Café Schafheutle: „Da möchte ich nachher noch hin, liebe Emily. Aber jetzt
widmen wir uns erst einmal der Kunst.“ Emily fand, sie sah schon richtig
erschöpft aus, sagte aber nichts. Sie schob sie in den Innenhof des
kurpfälzischen Museums und bei der Kunsthalle die Rollstuhlplanke hoch. Sie
zahlten den Eintrittspreis für eine Person – Emily war als Begleitperson frei –
und betraten die großzügigen Räume mit den vereinzelten Exponaten. Frieda
steuerte selbst, wo sie hinwollte, und Emily folgte ihr. Vieles schien
interessant zu sein, ohne Erklärung des Künstlers hatte sie aber nur einen
vagen Eindruck, um was es ging. Aber vermutlich ging es bei moderner Kunst
nicht immer um etwas, anders als im Leben, dachte sie.
    „Emily, kommen Sie bitte her. Können Sie mir vorlesen, was
da steht?“
    Emily las den kurzen Erläuterungstext. Frieda strahlte. „Das
ist er, das muss er sein. Stellen Sie sich vor, das war einmal mein Schüler.
Nicht sonderlich begabt, aber er scheint ja andere Talente zu haben. Ist das
nicht ein Zufall?“
    Nun musste jedes Exponat dieses Künstlers genauestens unter
die Lupe genommen werden. Emily wurde immer wieder gefragt: „Was halten Sie von
der Textur?“, „Wie finden Sie die Raumwirkung?“ Sie fühlte sich leicht
überfordert und vermutete, dass Frieda Vogel auch nicht die große Kennerin war,
als die sie sich gerade ausgab. Aber es war ihr Spiel und Emily freute sich,
mitspielen zu dürfen.
    Sie fuhren noch in das Untergeschoss und sahen sich einige
Videoinstallationen an. Das war aber wenig aufregend für Frieda, die die Dinger
sicher noch verwaschener sah, als sie ohnehin schon waren. Endlich sagte

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