Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
Ruth das Thema schon abgeschlossen? Emily hatte nicht das
Gefühl, dass sie überhaupt schon angefangen hatte, über ihre Schwierigkeiten zu
reden.
„Weißt du was?“
Emily guckte fragend.
„Wir haben das Pfarrhaus in Hamburg-Altona besichtigt. Es
ist so schnuckelig, fehlt nur noch, dass es reetgedeckt wäre. Gabriels
Vorpastor hat einen richtigen Bauerngarten angelegt. Ich freu mich so drauf
umzuziehen. Auf die ganzen Leute und die neuen Aufgaben freu ich mich auch.
Irgendwie hängt mir mein Job doch zu den Ohren raus. Du hast es richtig
gemacht, nochmal was Neues anzufangen.“ Sie schaute Emily so strahlend an, dass
es ihr ganz warm ums Herz wurde. „Und dir habe ich mein neues Leben zu
verdanken.“
Emily zuckte bescheiden mit den Schultern.
„Gabriel hat mir von eurem Techtelmechtel erzählt, das ihr
beide hattet, bevor er mich kennengelernt hat.“ Emily horchte auf. Da wäre sie
ja gerne Mäuschen gewesen. „Ich bin dir so dankbar, dass du ihn hast abblitzen
lassen. Das wäre bestimmt nichts geworden mit euch beiden.“
„Warum denn nicht?“ Jetzt wollte Emily es wissen.
Ruth wurde rot, „Ich glaube, Gabriel braucht jemand
Beständigeres, der sich um ihn kümmert und ihn liebt, so wie er ist.“ Emily
nickte trotz des Seitenhiebs. Sie fühlte sich auch sehr beständig, aber im
Vergleich mit Ruth hatte sie vermutlich ein geradezu flatterhaftes Wesen.
Nun ja, Ruth hatte ihr gerade mal wieder gezeigt, dass man
wohl doch alleine mit seinen Problemen klarkommen musste. Sie erstach zur
Strafe den Kirschkuchen mit der Gabel und ließ die buttrigen Streusel auf der
Zunge zergehen. Natürlich würde sie das schaffen. Die anderen würden schon
sehen.
Lizzy und Flo standen beide auf Stühlen und waren mehl- und
teigverschmiert bis in die Haarspitzen. Sie waren mit Feuereifer dabei,
Plätzchen auszustechen, denn der erste Advent nahte mit Siebenmeilenstiefeln.
Flo stopfte sich immer wieder heimlich Teig in den Mund, obwohl Emily es ihm
verboten hatte. Sie hatte zwar frische Bio-Eier gekauft, dennoch hatte sie
Angst vor Salmonellen, die, wie sie wusste, für Kinder gefährlich waren.
Seufzend schaute sie sich um. Die Küche sah aus wie ein Schlachtfeld. Sie
schnupperte. Mist, die erste Fuhre im Ofen war reichlich braun geworden. Beim
Herausholen verbrannte sie sich noch den kleinen Finger. Hier gab es nur so
sonderbare Silikon-Topflappen. Emily würde einiges ändern müssen, wenn sie hier
einzog.
„Flo, Schluss jetzt. Du kriegst Bauchweh und ich hab’ dir
doch erklärt, dass rohe Eier dich krank machen können.“
„Trotzdem, so lecker.“
„Also pass auf. Jeder darf nachher ein paar Plätzchen
probieren. Wenn du jetzt nochmal Teig naschst, kriegst du keine, hast du
verstanden?“ Er nickte mit rotem Kopf.
„Lizzy, toll sehen die Plätzchen aus. So toll würde ich das
nicht hinbekommen.“
„Die sind für Oma Neumann.“ Emily musste erst einen Moment
überlegen, wen Lizzy meinte. Ihre Mutter und Lizzy schienen sich gut verstanden
zu haben. Sie wusste auch nicht, wieso es ihr manchmal nicht richtig vorkam,
dass sie jetzt Mama hieß und ihre Mutter Oma. Vermutlich wegen der Siebenmeilenstiefel.
Die anderen hatte da etwas länger Zeit, sich an ihre Rollen zu gewöhnen. Sie
legte Flos interessante Plätzchengebilde auf das Blech und bestrich sie mit
Eigelb.
Emily hatte sich noch gar keine Gedanken gemacht, wie sie
Weihnachten feiern würden. Vermutlich hier mit den Kindern. Sollte sie ihre
Eltern dazu einladen? Josue und sie hatten so wenig Zeit, solche grundlegenden
Dinge zu besprechen. Sie waren beide abends immer so fertig, wenn sie dann
endlich Zeit gehabt hätten.
In letzter Zeit hatten sie oft nur noch erschöpft die Glotze
angemacht und irgendeinen mehr oder weniger spannenden Film geschaut. Ging das
allen Eltern so? Emily hoffte sehr, dass das nur eine Phase war. Josue erzählte
wenig von seiner Arbeit. Natürlich konnte Emily nicht so mitreden, aber sie
wollte wissen, was ihn tagsüber beschäftigte. Sie erzählte ihm ausführlich von
den Nachmittagen mit den Kindern, woran er auch regen Anteil nahm. Sobald sie
aber etwas aus dem Studium oder von ihren Kommilitonen erzählte, merkte sie,
wie seine Aufmerksamkeit nachließ. Sie hatte sich vorgestellt, dass man sich in
einer Partnerschaft mehr austauschen könnte. Vielleicht sollte sie nach Dingen
Ausschau halten, die sie gemeinsam tun könnten. Vielleicht Tanzen gehen.
Obwohl, zum Tanzen waren sie vermutlich ein zu ungleiches Paar,
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