Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
sie nicht in der
Musikbranche tätig war.
„Ich würde vorschlagen, ich bringe dich jetzt nach Hause.
Ich muss heute sowieso noch mit deinem Papa reden und da werde ich das Thema
dann auch mit ihm ansprechen. Bist du damit einverstanden?“
Lizzy nickte unglücklich. „Versprich mir, dass du Papa nicht
der Camilla wegnimmst“, sagte sie mit einem flehenden Blick.
Emily nahm ihre feuchte zarte Hand zwischen ihre Hände und
merkte, dass sie sich ganz kalt anfühlte. „Wenn dein Papa lieber Camilla als
mich will, dann werde ich verschwinden, das verspreche ich dir“, sagte sie
ernst und dachte, welche Last dieses kleine Mädchen die ganze Zeit schon mit
sich herumtrug.
Lizzy sah Emily prüfend an. „Schwör es beim Leben deiner
Mutter“, forderte sie.
Also gut, Emily hob die Hand. „Ich schwöre.“ Sie musste an
ihre Mutter denken und dass sie schon mindestens einen Monat nichts mehr von
ihren Eltern gehört hatte. Lizzy stand auf, wischte sich die Tränen vom Gesicht
und ging voran. Emily hatte ein kleines Kissen mitgenommen, so dass sich Lizzy
auf den Rücksitz ihres Fahrrads setzen konnte. Der Geigenkoffer hatte zum Glück
Schulterriemen und so fuhren sie beide schwankend in die Weststadt. Josue kam
eine Stunde später mit Flo an der Hand, den er von einer Nachbarin abgeholt
hatte. Sie begrüßten sich eher kühl und Emily war nur froh, als das Abendessen
und die Zubettgeh-Prozedur abgeschlossen waren und sie endlich im Wohnzimmer
saßen und Gelegenheit zu einem Gespräch hatten. Josue ließ sich auf den
elfenbeinfarbenen Wohntraum sinken. Emily nahm in einem Schwingsessel ihm
gegenüber Platz. Josue bot ihr ein Glas Wein an. Sie fragte, ob er auch ein
Bier hätte. Er holte ihr ein Jever und an seiner Miene sah sie, dass er das
nicht attraktiv fand, wenn Frauen Bier tranken – was sie schon vermutet hatte.
Wortlos starrten sie beide vor sich hin.
12
Die Nebenbuhlerin, eine Zigarette danach und ein
interessantes Manuskript
„Also, dann schieß los“, sagte sie und sah keine
Veranlassung, ihm das Gespräch besonders leicht zu machen.
„Es ist nicht so wie du denkst.“ Das war wohl der klassische
Anfangssatz, mit dem Männer so eine Situation einleiteten. Das kannte sie doch
schon von Klaus.
„Hm, wie ist es dann?“
Josue holte weit aus. Erzählte in epischer Breite, wie
niedergeschlagen er das erste Jahr nach Kathleens Tod gewesen war. Wie sich
Camilla immer wieder um ihn und die Kinder gekümmert hatte. Manchmal war sie
mit ihrem Mann dagewesen, oft aber auch alleine. Sie hatte für die Kinder und
ihn gekocht, wenn er dazu nicht in der Lage war, sie hatte ihm stundenlang
zugehört. Emily konnte sich wirklich nicht vorstellen, dass Camilla so eine
aufopfernde und uneigennützige Person war, aber vielleicht hatte sie sich
wieder täuschen lassen. Frauen, die so schön waren, begegnete sie oftmals mit einem
gesunden Misstrauen, dabei konnten sie ja nichts für ihr Aussehen.
„Ja und manchmal, wenn es spät wurde, blieb sie dann auch
über Nacht“, erzählte er gerade.
„So ganz keusch, meinst du, hier auf dem Sofa?“, hakte Emily
nach.
„Nein, nicht ganz so“, gab er verlegen zu.
„Ihr habt euch also geliebt?“ Er nickte langsam. „Und mit
ihr hat es geklappt im Bett?“
Er schwieg lange. „Sie war die Einzige, mit der es
funktioniert hat nach Kathleens Tod“, sagte er leise.
Emily sprang auf. „Dann hast du mich vorgestern Nacht
angelogen?“
„Nein, ich habe nur nicht
alles erzählt“, erwiderte er vorsichtig.
„Liebst du sie?“
Wieder schwieg er geraume Zeit und seufzte dann. „Nein,
jedenfalls nicht so wie Kathleen. Aber das ist auch müßig darüber nachzudenken,
sie würde ihren Mann niemals verlassen.“ Damit war bereits Emilys nächste Frage
beantwortet, was ihr Mann davon hielt. „Aber sie führen eine offene Ehe, das
ist schon in Ordnung“, schob er hinterher.
Emily starrte vor sich hin. Die kleine Kerzenflamme auf dem
gläsernen Wohnzimmertisch warf dunkle Muster an die Wand.
„Und wie stellst du dir das vor mit ihr, mit mir?“ fragte
sie dann leise, während sie das Brennen in ihrer Kehle zu ignorieren versuchte.
Er schaute sie unsicher an. „Ich will Camilla nicht
verlieren, sie bedeutet mir wirklich viel.“ Dann streckte er die Hand nach ihr
aus und zog sie zu sich. Sie folgte ein wenig widerstrebend. Er wandte ihr
Gesicht mit seiner warmen Hand zu seinem, so dass sich ihre Nasen fast
berühren. „Aber du bedeutest
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