Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
sie das dünne Häutchen über seine
prachtvolle Männlichkeit. Er drehte sie mit einem Schwung auf den Rücken,
streichelte sie noch einmal behutsam vom Hals über die Rundungen ihrer Brüste
und ihres Bauches bis hinunter zu ihrem feuchten Schoß, dann schwang er sich über
sie und drang vorsichtig in sie ein. Das tat ein wenig weh, schließlich war sie
aus der Übung. Doch Emily juchzte innerlich, dass sie nun endlich diese
Barriere überwunden hatten, und gab sich ganz dem gemeinsamen Rhythmus ihrer
Körper hin. Aber irgendetwas stimmte nicht. Josue verlangsamte seine Bewegungen
und sackte auf ihr zusammen, so dass sie fast keine Luft mehr bekam.
„Es tut mir leid“, flüsterte er an ihrem Hals. „Es ist schon
wieder passiert.“
Emily streichelte sanft über seine weichen Haare und
erschnupperte eine seltene Brise seines Achselschweißes.
„Ich fand es schön“, sagte sie und schluckte ihre
Enttäuschung hinunter. „Und weißt du, wir haben viel Zeit.“
Er nickte fast unmerklich und wälzte sich dann von ihr
herunter. Das Kondom blieb zwischen ihren Beinen hängen. Sie entfernte es
dezent. Wieder drehte er ihr den Rücken zu und sie kuschelte sich an ihn. Sie
war sich nicht sicher, aber vermutlich weinte er. Jedenfalls klang sein „Gute
Nacht“ ein wenig verschnupft.
Emily kam erschöpft von einem ihrer Zusatzdienste im
Altenheim und schob ihr Fahrrad Richtung Bismarckplatz. Die Grippe steckte ihr
immer noch in den Knochen und sie mochte gar nicht daran denken, dass das
Semester bald wieder begann. Sie hatte auch so genug zu tun und festgestellt,
es würde ihr gar nicht schwerfallen, als Privatier zu leben. Die Arbeit mit den
älteren Menschen machte ihr wirklich mehr Freude, als sie erwartet hätte. Sie
konnte auf die einzelnen Menschen dort inzwischen schon viel besser eingehen.
Wenn sie sich die Schicht mit Bohni teilte, verging die Zeit wie im Flug. Frau
Storck hatte sie neulich in ihr Büro gerufen, um noch einige Abrechnungsdinge
mit ihr zu besprechen, und ihr viel positives Feedback gegeben, das von dem
Personal, aber auch von den Bewohnerinnen und Bewohnern gekommen sei und danach
hatte sich Emily gefühlt, als könnte sie Bäume ausreißen.
Heute allerdings hatte sie ihren ersten Todesfall miterlebt.
Herr Bodelschwingh war mit vierundachtzig Jahren gestorben, zwar friedlich im
Bett, wie man sich das wohl so wünscht, aber sie hatte es entdeckt morgens beim
Frühstücksdienst und es hatte sie wieder an Freds Tod und die Ohnmacht und
Trauer danach erinnert. Schon beim Betreten des Zimmers hatte sie gewusst, dass
irgendetwas nicht stimmte. Dann hatte sie Herrn Bodelschwinghs wächsernes
Gesicht gesehen und hatte im Stationszimmer Bescheid gesagt, so dass ein Arzt,
die Angehörigen und das Beerdigungsinstitut informiert wurden. Später hatte sie
es bereut, sich nicht noch einige Minuten zu ihm gesetzt zu haben, um ihm die
letzte Ehre zu erweisen. Irgendjemand hätte das tun sollen, ehe die große
Geschäftigkeit über den Toten hereinbrach. Sie wusste, dass er nur zwei Töchter
hatte, die weit weg lebten und ihn selten besuchen konnten.
Sie musste noch einige Kleinigkeiten im Kaufhof einkaufen.
Vorher erinnerte sie sich aber an das Café, in dem sie mit Josue gewesen war,
und beschloss, sich einen nachmittäglichen Cappuccino zu gönnen. Sie öffnete
die schwere Glastür und trat in den hohen Raum ein, um sich nach einem ruhigen
Platz umzusehen. Da sah sie sie. Camilla saß auf der kunstledergepolsterten
Bank unter der verspiegelten Wand und ihr gegenüber saß unverkennbar Josue auf
einem Holzstuhl. Sie hatte ihre Wange in seine große Hand geschmiegt und sie
sahen sich vertrauensvoll oder besser gesagt innig an. Emily stockte der Atem
und eine lange Minute konnte sie sich nicht von der Stelle bewegen. Dann trat
sie leise den Rückzug an. Die Lust auf einen Cappuccino war ihr gründlich
vergangen.
Sie griff nach ihrem Fahrrad. In ihrem Gehirn summten lauter
ekelhafte dicke Fliegen, die miteinander tuschelten, so dass es nahezu
unmöglich war, einen klaren Gedanken zu fassen. Sind sie heimlich ein Paar,
klappt es deswegen nicht mit uns im Bett?, fragte die eine Fliege, sie sieht
einfach besser aus als du, konstatierte eine andere. Der hat was Besseres
verdient, zischte eine Schmeißfliege, die starke Ähnlichkeit mit Frau Schmitt
aufwies. Er hält dich zum Narren, summte eine andere vorbei und so ging das die
ganze Wegstrecke, während sie auf ihrem Fahrrad die Plöck hochkeuchte.
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