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Ein Jahr in Paris

Titel: Ein Jahr in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silja Ukena
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sich die feux d’artifices der Feuerwehr an. Allerdings haben in den vergangenen Jahren etliche Départements um Paris herum zum 14. Juli den Verkauf von Benzin in Kanistern verboten. Damit die Banlieue nicht ihr eigenes Feuer entfacht.
    12 Wie wichtig das Quartier für die Identifikation der Pariser ist, verstand ich erst einige Jahre später auf einer Silvesterfeier in Barcelona. Der Zufall hatte uns unter lauter Spaniern ausgerechnet neben ein älteres französisches Ehepaar gesetzt. Die conversation verlief eher schleppend – bis zu dem Moment, als ich meine Zeit in der Rue du Rocher erwähnte. „Ah, oui!“ , rief die Dame aus. „C’est notre quartier!“ Das Eis war gebrochen, und es wurde einer der lustigsten Abende, an die ich mich erinnern kann.
    13 Sprich: Tutu. Die Bezeichnung ist vergleichbar mit dem deutschen „Wauwau“.
    14 Auf deutsch etwa: „Guten Tag, meine Liebe, wie geht es?“ – „Guten Tag, Kitty! Danke, sehr gut. Und dir?“ – „Ah, man schlägt sich so durch. – Du musst zum Gemüsehändler gehen. Er hat wundervolle Feigen heute.“
    15 Denise Baudu, Heldin aus Emile Zolas „Au Bonheur des Dames/ Das Paradies der Damen“, Paris 1883. Nach 500 Seiten voller Abenteuer und Intrigen heiratet sie schließlich den Millionär und Kaufhausbesitzer Octave Mouret.

August – Champagner für alle
    4. Kapitel, in dem es nur um Männer geht – sonst zunächst um nichts, denn es ist August, und alle sind verreist –, dann aber doch noch eine Einladung ans Meer ausgesprochen wird.

    Erkenntnisse: Une seule hirondelle ne fait pas le printemps.
    Oder: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.
    Aufgabe des Monats: einen Mann finden.

    S IE SUCHEN EINEN M ANN in Paris, einen „Jules“, wie man hier sagt? Nun, nichts leichter als das, glauben Sie mir. Die Probleme fangen erst hinterher an, wenn man ihn gefunden hat. Das Einzige, was man sich vorher überlegen muss, ist, was für einen Mann man möchte. Davon hängt nämlich ab, an welchen Ort man sich begeben muss. Der Rest passiert dann quasi von allein. Es ist wie beim Angeln. Man wirft seine Köder aus – als da sind: schöne Beine, ein wenig Dekolleté, die Andeutung eines BHs unter der Bluse – und dann wartet man ab. Bloß nicht so tun, als sei man auf irgendetwas aus.

    Ihre Beine sind nicht geeignet dafür, zu zwei Dritteln unbedeckt über einen Boulevard zu schweben? Macht nichts, ein tiefer Blick hinter einem langen Wimpernvorhang zum Beispiel tut es auch. Oder – je nach Milieu – eine filterlose Zigarette, ein kleiner Nasenring, eine Schiebermütze mit dem Sticker einer aktuellen „Anti”-Bewegung. Und dann mussman natürlich raus. Ins Café, in den Park, die Gemüseabteilung des nächstgelegenen Monoprix, zur Ausstellungseröffnung. Manchmal genügt es auch schon vollkommen, hoch erhobenen Hauptes die Straße entlangzumarschieren. Es funktioniert tatsächlich. Paris IST die Stadt der Liebe. Es kommt dabei nur auf eine gewisse Haltung an. Stolz würde man vielleicht hierzulande sagen, aber das trifft es nicht ganz. Pariserinnen haben das im Blut. Aber dazu später mehr. Denn es kommt in diesem Moment nicht darauf an, Pariserin zu sein. Ich bin wirklich keine große Schönheit und habe gemessen an den Audrey-Tatou-haften Französinnen in allem zwanzig Zentimeter zu viel, und dennoch sackte ich niemals in meinem Leben so viele Komplimente und Avancen ein wie in meiner Zeit an der Seine. Klingt wundervoll? War es auch. Und wie gesagt, die Probleme fangen erst hinterher an. Wenn der Fisch angebissen hat. Aber so weit ist es noch nicht.

    Ich versuchte es „rive gauche“ , im Quartier der Denker und Poeten. Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Boris Vian, Juliette Gréco, Marguerite Duras und so weiter. Sie wissen schon. Dort eben, wo der Geist beheimatet ist und nicht das Geld. Das stimmt zwar so auch schon lange nicht mehr, seit Dior die Räume der altehrwürdigen Buchhandlung „Le Divan“ aufkaufte und das Café „Les Deux Magots“ von dicken Amerikanern in weißen Turnschuhen erobert wurde. Oder vielleicht sogar schon seit Sartre tot und Saint-Germain-des-Près bei vielen nur noch Saint-Germain-des-Prix heißt, weil nur die Reichen und die Schönen bereit sind, 6,90 Euro für einen Kaffee auszugeben. Aber wenn man sich Wohnungen kaufen kann, bei denen der Quadratmeter 10 000 Euro kostet, dann kommt es darauf ja auch nicht mehr an. Bezeichnend für den Wandel ist vielleicht, dass heute jemand wie Bernard-Henri Lévi am

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