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Ein Jahr in San Francisco

Ein Jahr in San Francisco

Titel: Ein Jahr in San Francisco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Bayers
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freundlich ist. Und das nicht ohne Grund: Das Silicon Valley ist eine der effizientesten Leistungsgesellschaften, die ich erlebt habe. Wenn alle einander einen Gefallen tun, sich gegenseitig neue Kontakte verschaffen, freundlich, zugänglich und positiv sind, zieht jeder Profit daraus und schafft wiederum ein Stückchen Nährboden für neue Ideen. Während des Essens stellt sie uns das Programm vor, und wir erzählen ihr von Healthquestion . „Endlich mal wieder etwas im Gesundheitsbereich“, sagt sie begeistert. Vijay zeigt ihrauf dem iPad den aktuellen Stand der Website, die öffentlich noch nicht zugänglich ist. „Aktuell arbeiten wir am Businessplan, und wir suchen auch nach einer Finanzierung“, sagt er. „Im Rahmen unseres Programms bekommt man Zugang zu Investoren und Finanzgebern. Ihr solltet euch bewerben“, schlägt sie vor. Gegen Ende des Termins haben Vijay und ich zwar kaum eine Auster herunterbekommen, glauben aber, dass wir eine Chance haben, uns für ihr Gründerprogramm zu qualifizieren. „Hey, es ist gut gelaufen. Sie findet Healthquestion interessant. Ich finde, das sollten wir feiern“, freue ich mich, während wir zu unseren Rädern zurückgehen. „Hanni, heute so optimistisch?“ Stimmt schon, letztlich haben wir noch nichts in der Hand. „Ich werde eben amerikanischer“, kontere ich. „Am Wochenende wird gefeiert. Es ist Halloween. Ein Freund von mir macht eine Hausparty in Haight-Ashbury “, schlägt Vijay vor, und ich habe absolut nichts dagegen einzuwenden.
    So starten Vijay, Rose, Alex und ich am darauffolgenden Wochenende unsere Halloween - Tour nach Haight-Ashbury . Während des Summer of Love im Jahre 1967 war das Viertel das vibrierende Epizentrum der Hippie-Bewegung. Und selbst über vierzig Jahre später noch hängt der Duft der Flower-Power-Kinder in seinen Straßen: in den Läden, die Räucherstäbchen und Wasserpfeifen verkaufen, im Red Victorian Hotel, das zugleich Reise in die Hippie-Vergangenheit und Friedensmuseum ist, sowie an den Hängen des Hippie-Hills im Golden Gate Park, an denen die letzten übergebliebenen Hippies Joints rauchen, trommeln und singen. Weil keine Zeit mehr für eine langwierige Kostümwahl geblieben ist, haben wir uns kurzerhand in einem Kostümladen mit Komplettverkleidungen eingedeckt. So endet Rose als Black Swan und ich als Petra Pan. Vijay und Alex gehen als Skelette. Auf der Haight Street angekommen, warten wir noch auf Freunde von Alex.
    Wenngleich viele der mittlerweile heruntergekommenen Häuser renoviert wurden und aus den Peace-&-Love-Einwohnern urbane Trendsetter geworden sind, kann ich mir vorstellen, was wohl während des Summer of Love entlang der Straßen Haight und Ashbury los gewesen ist. Heute an Halloween ziehen Verkleidete in Partylaune durch die Straßen. Darunter auch ein schwankendes, als Batgirl verkleidetes Mädchen mit einer nicht minder alkoholisierten Freundin im Schlepptau. „Das Mädel würde in Gotham City in dem Zustand wohl eher unter die Räder kommen“, stellt Vijay grinsend fest und biegt seinen Plastikknochenarm zurecht, der ein bisschen aus der Form geraten ist. „Und ihre Hexenfreundin scheint auch nicht ganz nüchtern zu sein“, ergänzt Rose. Mittlerweile stehen die zwei taumelnd neben uns. Ich kann dem Batgirl in die Augen schauen, die nur mit großen Pupillen ausdruckslos ins Leere starren. „Oder die beiden haben irgendetwas geraucht“, meint Rose. „Kein Wunder in einer Stadt, in der du auf Rezept problemlos Marihuana bekommst. Es gibt ja sogar Cannabis-Lieferservices, bei denen du kurzfristig und diskret deinen Bedarf bestellen kannst“, merkt Vijay an. Im nächsten Moment sackt das Batgirl in sich zusammen und fällt auf den Bordstein. Die Hexe merkt das Abtauchen ihrer Freundin erst gar nicht und läuft einfach weiter. Erschrocken blicke ich ihr nach. Dann dreht sie sich schließlich doch um und schaut verwirrt in unsere Richtung. „O nein!“, ruft Rose und wir stürzen zu dem Mädchen. Wir sprechen sie an. Keine Reaktion! Sie bewegt sich nicht, doch ihr steht Schweiß auf Stirn und Dekolleté. „Was sollen wir machen?“, frage ich Rose panisch. Alex ist der Einzige, der einigermaßen ruhig bleibt. „Sie hat irgendwas genommen.“ Er wendet sich der Hexe zu und stellt ihr ein paar Fragen, doch sie starrt nur verwirrt auf das am Boden liegende Batgirl. „Ihre Freundin ist auch nicht mehr in der Lage, sie zu versorgen. Hier ist doch ein Krankenhausum die Ecke auf der Clayton Street

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