Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Titel: Ein Jahr ohne Juli (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Kessler
Vom Netzwerk:
mehr zwischen uns. Das wissen wir alle. Es ist das Beste, Jenny.« Sie nimmt meine Hand. »Und ich schaffe es besser, mit der Situation fertigzuwerden, mit Thea und allem, nachdem wir keine ständigen Auseinandersetzungen mehr haben. Das hast du selbst gesagt.« Sie versucht zu lächeln. »Und wir sind wieder glücklicher«, sagt sie. Ich weiß nicht, ob sie sich das selbst einreden will, aber mich überzeugt sie kein bisschen, wenn ich sie mir so ansehe. »Zumindest mit der Zeit«, setzt sie hinzu, weil sie vielleicht meine Gedanken liest. »Es braucht seine Zeit. Aber du gewöhnst dich schon noch dran. Wir alle.«
    Sie dreht sich zur Wohnung um. »Nun komm, lass uns gehen. Es wird schon werden«, setzt sie mit einem kleinen Lächeln hinzu.

    Craig rutscht neben mich ins Auto. Er hat sich ja so verändert! Er trägt Jeans und ein lindgrünes T-Shirt. Sein Haar ist ganz kurz geschnitten. Ein gestylter kleiner Achtjähriger. Ich muss lächeln. Er streckt mir die Zunge heraus und knallt die Tür hinter sich zu.
    Thea sitzt in dem kleinen Kindersitz, den Craig früher hatte. Sie strampelt mit den Beinchen, deutet aus dem Fenster und ruft jedes Mal »mäh, mäh«, wenn wir an einem Schaf vorbeikommen, oder »hü, hü«, wenn draußen eine Pferdekoppel auftaucht. Ihre unschuldige Freude lenkt mich kurz von allem anderen ab, und für einen Moment, während wir im Auto sitzen, entspanne ich mich und lächle und lasse mich auf ihre Welt ein.
    Aber als wir dann in der Eis-Probierstube sind und herumlaufen, kann ich mich auf nichts konzentrieren. Ich will nichts anderes, als zurück und Juli besuchen. Ich halte es nicht aus, nicht zu wissen, wie es ihr im letzten Jahr ergangen ist.
    Mum, Craig und Thea probieren fast alle Eissorten. Craig verputzt mindestens drei Portionen Himbeerbaisereis, und Mum holt sich eine zweite Probierportion vom Lavendeleis, vom Honigeis und vom Schokoeis mit Orange und Cointreau. Thea verschmiert sich das ganze Gesicht und die Kleider mit knallbuntem Sabber, worüber alle lachen.
    Ich hole mir Vanilleeis, nur, damit Mum mich nicht weiter bedrängt und ständig fragt, ob es mir gutgeht. Aber mein Inneres ist in Aufruhr und es schnürt mir so die Kehle zu, dass ich nur ab und zu an meinem Eis lecke und den Rest dann in den Abfall werfe, als keiner guckt.
    Ich habe solche Angst vor dem, was ich erfahren werde, wenn wir zurückkommen. Ständig muss ich an Juli denken und will wissen, was mit ihr und ihrer Familie ist. Ich bete und hoffe, dass die Dinge sich trotz Mums Andeutungen von vorhin für sie gewandelt haben. Dass es Mikey besser geht und dass Juli okay ist und ihre Eltern wieder Fuß gefasst haben. Vielleicht hat Mum vorhin ja übertrieben. Vielleicht täuscht sie sich. Ich muss es herausfinden. Aber – nicht nur, dass das alles mit den Leonards passiert ist, jetzt haben sich auch noch meine Eltern getrennt! Die Zukunft wird immer schlimmer! Das einzig Gute daran ist Thea. Es muss doch noch mehr Gutes geben in dieser merkwürdigen neuen Welt. Muss es einfach!
    Aber in meinem Kopf überstürzen sich die schrecklichsten Gedanken und Fragen. Was ist, wenn ich nicht mehr zurückkann? Dauernd denke ich daran, wie Mrs Smith in der Zukunft stecken geblieben ist. Wenn mir das nun auch passiert?
    Was ist, wenn der Fahrstuhl nicht mehr funktioniert und wir dann alle abfahren und nach Hause müssen? Vielleicht kann ich, wenn ich Riverside Village verlasse, nie wieder in die Gegenwart zurück! Was ist, wenn mir das passiert? Dann geht es mir genau wie Mrs Smith. Dann habe ich ein Stück von meinem Leben verloren – nicht nur ein Jahr, zwei Jahre. Ich werde nie genau wissen, was passiert ist, und werde nie wieder glücklich. Ich balle die Hände zu Fäusten; sie sind feucht und glitschig vor Panik.
    »Ist das nicht schön?« Mum lächelt mir zu. »Wir vier zusammen auf einem Ausflug.«
    Ich nicke und schlucke heftig. »Mmm«, sage ich und versuche, mein Gesicht zu einem Lächeln zu verziehen.
    Den restlichen Vormittag verbringe ich damit, den anderen wie ein Zombie hinterherzulaufen. Ich versuche ganz normal zu tun und nicht ständig die Sekunden zu zählen, bis wir zurück sind und ich herausfinden kann, was mit Juli los ist.
    Kommt schon, bitte, lasst uns endlich nach Hause fahren , sage ich stumm vor mich hin, immer wieder. Bitte, lass alles in Ordnung sein.

    Kaum fährt Mum auf den Parkplatz, reiße ich meine Tür auf.
    »Immer mit der Ruhe, Jen, ich hab ja noch nicht mal den Motor

Weitere Kostenlose Bücher