Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Titel: Ein Jahr ohne Juli (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Kessler
Vom Netzwerk:
habe das Gefühl, er brennt mir ein Loch in die Tasche, aber solange Mum und Craig dabei sind, habe ich keine Ruhe.
    »Muss ich unbedingt mit?«, frage ich.
    Mum macht ein enttäuschtes Gesicht. »Ich dachte, du magst unsere Unternehmungen und bist gern mit mir zusammen.«
    »Doch, wirklich. Ganz ehrlich. Es ist nur, dass ich unbedingt zu Juli muss.«
    Wieder seufzt Mum. »Ach, Jenny. Kannst du Juli nicht mal einen Morgen sich selbst überlassen? Ich weiß, es ist schrecklich, so was zu sagen, aber …«
    »Aber was?«
    »Ich weiß ja, wie sehr sie dich braucht – wie sehr sie alle dich brauchen –, aber kannst du sie nicht einmal allein lassen und ein bisschen mit uns zusammen sein? Vor allem, weil Juli zur Zeit so unberechenbar ist. Du hast doch selbst gesagt, wie schwierig sie in letzter Zeit ist.«
    »Habe ich das?«
    »Na ja, nicht so direkt. Aber ich merke doch, dass du das denkst. Nie kommst du so vergnügt von ihr zurück wie früher.« Mum wird plötzlich rot. »Also – nicht dass ich das erwarten würde. Es tut mir leid. Ich wünsche mir nur manchmal die alte Jenny zurück.«
    Das geht mir wie dir, Mum!
    »Sie ist meine beste Freundin«, sage ich.
    »Ich weiß. Es ist nur – also, manchmal kommt es mir vor, als ob dein Motiv eher so eine Art …« Ihre Stimme erstirbt.
    »Eine Art von was?«
    »Ach, ich weiß auch nicht. Ich sollte so was nicht sagen. Ich selbst bin ja auch nicht besser. Ich fange mich ja auch gerade erst wieder, weißt du, nachdem Dad und ich –« Sie verstummt und geht auf unsere Anlage zu. »Nun komm, lass uns losgehen.«
    Ich hole sie ein. »Nein, sprich weiter«, sage ich.
    Mum bleibt stehen und dreht sich nach mir um. »Okay, dann sage ich es. Schlechtes Gewissen. Als ob du nie genug für sie tun kannst, immer was gutzumachen hast, ihr das Leben leichter machen willst. Also, ich verstehe das ja – ganz bestimmt  –, aber manchmal frage ich mich doch, ob es dich nicht davon abhält, dein eigenes Leben weiterzuleben. Es ist, als ob du so lange nicht glücklich sein kannst, solange Juli es auch nicht ist.« Mum greift nach meiner Hand. »Und ich weiß nicht, ob das nicht noch sehr lange dauert«, setzt sie leise hinzu.
    Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich kann nur eines denken – es hat sich also noch nichts verändert.
    »Komm, lass uns ausgehen«, sagt Mum. Sie hält immer noch meine Hand, und nimmt mich mit zum Apartment. Ich muss Juli und meinen Brief wohl auf später verschieben. Anscheinend braucht mich Mum gerade genauso sehr wie Juli.
    »Kommt Dad auch mit?«, frage ich vor der Wohnung.
    Mum bleibt abrupt stehen. »Jenny, das ist nun wirklich nicht lustig«, sagt sie und starrt mich an.
    Ich starre zurück. »Was?«
    »Natürlich kommt Dad nicht mit.«
    »Warum nicht?«, frage ich. Ich merke, wie ich in der Pause, ehe sie antwortet, die Luft anhalte.
    »Ach Jenny, bitte fang nicht schon wieder davon an.«
    »Mit was nicht anfangen?«
    »Das haben wir doch schon so oft durchgekaut. Das hier ist meine Woche mit dir und Craig.«
    Mir wird innerlich ganz kalt. »Deine Woche? Ihr … ihr habt euch getrennt?«, sage ich dumpf.
    Mum bleibt an der Tür stehen und sieht mich an. »Ich dachte, du kommst damit klar«, sagt sie jetzt noch sanfter. »Wir sind doch übereingekommen, dass es das Beste ist. Es ist auf Dauer gesehen besser für dich und Craig, meinst du nicht auch?«
    »Was ist besser?«
    »Es ist nicht gut für euch, dauernd in einer so angespannten Atmosphäre zu leben.«
    »Angespannten Atmosphäre? Bei uns hat doch nie eine angespannte Atmosphäre geherrscht – ihr versteht euch doch super, du und Dad.«
    »Jenny, lieb, dass du das sagst, vor allem, da ich weiß, dass viel auch mein Fehler war. Aber du musst nicht heucheln. Wir wissen doch alle, wie es war.«
    »Wie was war?«, frage ich. Was ist mit meiner Familie geschehen?
    Mum schüttelt nur den Kopf. »Jenny, wo hast du nur die letzten zwei Jahre gesteckt?«
    »Ich …« Ja, gute Frage, Mum .
    »Wir haben es beide nach allen Kräften versucht, aber seit, na ja, du weißt schon, seit Mikey …«
    Ein Stich fährt mir ins Herz, und ich ringe um Atem.
    »Es ist einfach nicht mehr wie früher«, fährt Mum fort, die nichts davon bemerkt. Seit Mikey was? Lebt er noch? Was ist mit ihm? Ich kann sie nicht direkt fragen, sonst macht Mum sich ernsthaft Sorgen um mich. Sie redet noch weiter.
    »Wir haben uns beide verändert, und es ist gut, dass wir uns das eingestanden haben. Es stimmt einfach nicht

Weitere Kostenlose Bücher