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Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Titel: Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Er ist ein Freund der Familie.«
     
     
7
     
    Eines Nachmittags, Neal war dreizehn, besuchte Graham ihn zu Hause. Er hatte zwei Päckchen Football-Karten, eine Rolle Pflaster und eine kleine Schere bei sich.
    Er breitete alles auf dem Küchentisch aus. Dann stellte er sich auf die Zehenspitzen und inspizierte die Oberseite des Kühlschranks.
    »Du mußt hier saubermachen«, sagte er.
    »Du bist der einzige, der da jemals hinguckt.«
    »Ich hab dir was mitgebracht.«
    Neal schaute sich die Sachen auf dem Tisch an und sagte: »Ich hätte lieber ‘n Playboy.«

    Graham schälte die Football-Karten aus ihrer Folie und packte die flachen Kaugummis beiseite. Er legte fünf Karten aus, Bild nach unten, wie beim Pokern. Die nächsten fünf gab er Neal.
    »Sieh sie dir gut an«, sagte er.
    »Ich bin zu alt für Football-Karten, Graham.«
    »Bist du zu alt, dir dein Geld zu verdienen?«
    Neal betrachtete jede Karte einzeln.
    »Jetzt gib sie mir wieder.«
    Neal zuckte mit den Achseln und gab sie zurück. Graham mischte sie unter die anderen, legte wieder fünf Karten aus und gab die nächsten fünf Neal.
    Neal sah sie an und fragte: »Und?«
    Graham machte den Kühlschrank auf. »Du hast keine Milch, keine Eier, keinen Orangensaft. Und eine der Karten hast du jetzt zum zweiten Mal auf der Hand. Welche?«
    »Heute nachmittag geh ich einkaufen. Ich glaube, vielleicht Roosevelt Grier.«
    »Du ›glaubst, vielleicht Roosevelt Grier‹?«
    »Okay, es war Roosevelt Grier.«
    »Stimmt. Spielen wir noch mal.«
    »Warum?«
    Graham sagte nichts. Er mischte die Karten, wählte fünf aus und gab sie Neal. Neal guckte sie fünf Sekunden an, dann schnappte Graham sie ihm wieder weg, mischte sie unter die anderen, gab ihm wieder fünf.
    »John Brodie?«
    Graham schüttelte den Kopf.
    »Okay«, sagte Neal. »Dann Doug Atkins. Was macht das für einen Unterschied? Worum geht es?«
    »Es geht darum, daß es dir in unserem Beruf besser auffallen sollte, wenn du jemandem mehr als nur einmal begegnest. Es geht darum, daß du in unserem Beruf besser ein Auge für Details hast. Schnell und präzise. Es geht darum, daß du…«
    »… in unserem Beruf…«
    »… ein gutes Gedächtnis haben mußt.«
    Graham sah sich weiter in der Küche um. »Ich gehe einkaufen. Du bleibst hier und prägst dir die Karten ein.«
    »Was soll das heißen: ›einprägen‹?«
    »Gib mir dein Haushaltsgeld.«
    Neal ging ins Schlafzimmer und kam mit fünf Dollar zurück.
    »Wo ist der Rest?« fragte Graham.
    »Welcher Rest? Es ist ganz schön teuer, hier zu…«
    »Limo, Schokoriegel, Zeitschriften… Was ist mit dem Budget, das wir aufgestellt haben?«
    »Es ist mein Geld.«
    »Gib schon.«
    Neal kam mit weiteren sieben Dollar zurück und knallte sie Graham hin.
    »Bis bald«, sagte Graham.
    »Yippie.« 
     
    Graham stellte die beiden großen Einkaufstüten auf den Küchentisch, legte die empfindlichen Lebensmittel in den Kühlschrank, nahm Neal die Karten weg und setzte sich. Er packte die Pflasterrolle aus, schnitt zehn schmale Streifen ab und klebte sie über die Namen der Spieler. Dann hielt er Neal eine Karte hin.
    »John Brodie.«
    Graham hielt die nächste hoch.
    »Alex Sandusky.«
    Die nächste.
    »Jon Arnett.«
    Er schaffte alle zehn, ohne Fehler.
    »Nicht schlecht«, sagte Graham.
    »Nicht schlecht?«
    »Guck sie dir nochmal genau an«, sagte Graham. Nach ein paar Minuten klebte er alles außer den Augen zu. Er hielt Neal eine Karte hin.
    »George Blanda?«
    »›George Blanda?‹« mokierte sich Graham.
    »Alex Sandusky?«
    »George Blanda war richtig.«
    »Schummler.«
    »Dein erster Versuch ist meistens richtig.«
    Sie machten den Nachmittag über weiter. Graham ordnete die Karten in Gruppen an, zeigte sie kurz, und Neal mußte die Reihenfolge aus dem Gedächtnis aufsagen. Oder er zeigte ihm fünf Gruppen und fragte dann, in welcher Gruppe ein bestimmter Spieler gewesen war. So lange, bis Neals Antworten stimmten. Jedesmal. 
     
    Nächster Samstag. Bei Graham.
    »Miss April.«
    »94-60-93. Braune Haare, grüne Augen. Mag Sonnenbaden, Schwimmen, Wasserpolo. Möchte Schauspielerin werden. Abtörner: Bikinistreifen, engstirnige Menschen.«
    »Miss Oktober.«
    »96-60-96. Blond, blaue Augen. Einsfünfundsechzig. Aus Texas. Mag Pferde, Schmuse-Musik, Picknicks. Möchte Schauspielerin werden. Abtörner: Umweltverschmutzung, Hunger in der Dritten Welt, engstirnige Menschen.«
    Graham holte das Pflaster. »Wer ist das?«
    »Janice Crowley. Miss… irgendwann im

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