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Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Titel: Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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hatte.
    »Ja?«
    »Hast du genug Geld fürs Kino?«
    Woher wußte er das? »Ja…«
    Graham hielt einen Zehner hoch. »Du wirst sie nach dem Film auf einen Happen einladen wollen.«
    Neal schüttelte den Kopf. »Danke, Graham, aber ich will nicht…«
    »Nimm schon. Du arbeitest gut; du hast dir ein bißchen Spielgeld verdient. Lade sie irgendwohin ein, wo’s Servietten gibt.«
    Neal schnappte sich den Schein. »Danke, Graham.«
    »Und jetzt hau ab; ich will die Show vor dem Spiel mitkriegen.«
    Neal verschwand. Graham widmete sich erneut seiner Zeitung, aber er dachte dabei an Eileen O’Malley, die sechzehn gewesen war, als er auch sechzehn gewesen war, und deren blaue Augen einem das Herz hatten stehenbleiben lassen.
     
     
10
     
    »Du suchst gut, Neal«, sagte Graham eines Samstagvormittags während der wöchentlichen Trainingsstunden.
    »Danke.«
    »Du kannst einen Raum lesen.« Das war die Wahrheit. Neal hatte gerade in Grahams Appartement einen braunen M & M gesucht, einen normalen, ohne Erdnuß – und nach zehn Minuten gefunden. Er war mit Klebeband im Wasserkasten der Toilette befestigt gewesen.
    »Aber«, schränkte Graham ein, »wenn Helen Keller jetzt hereinkäme, wüßte sie sofort, daß jemand das Appartement durchsucht hat.«
    »Ist die nicht tot?«
    »Trotzdem. Sie würde es wissen.« An jenem Abend hatte Neal eine feste Verabredung, ein richtiges Rendezvous, mit Carol Metzger, also hatte er es eilig. Trotzdem nervte es ihn, daß Graham nie zufrieden war. Was wollte er bloß?
    »Durchsuch die oberste Kommodenschublade.«
    Das wollte er also.
    Neal ging zur Kommode, zog die Schublade heraus und unterteilte sie im Geiste in Würfel. Er hob die Plastikschüssel für das Kleingeld an, entdeckte nichts sonderlich Interessantes und wollte sie gerade wieder abstellen, als Graham ihm Einhalt gebot.
    »Guck mal, wie du sie hochgehoben hast«, sagte Graham. Er wartete auf eine Antwort.
    Neal hatte keine.
    »Du hast sie schräg hochgehoben. Hast sie gekippt.«
    »Erschieß mich.« Was machte das schon für einen Unterschied?
    »Du mußt sie senkrecht anheben. Und warum?«
    »Damit ich sie genau auf die gleiche Stelle zurückstellen kann, ist doch wohl klar.«
    »Kluges Kerlchen. Also, dann üb’!«
    »Was soll ich üben?«
    »Es ist nicht so einfach, wie du glaubst, etwas hochzuheben und wieder hinzustellen. Ich trainiere derweil mit einer kalten Flasche Bier.«
    Also hob Neal anderthalb Stunden lang Gegenstände an und stellte sie wieder ab, und es war tatsächlich nicht so einfach, wie er gedacht hatte. Am besten ging es, wenn er knapp eine Armeslänge entfernt stand, den Ellenbogen ein wenig beugte und das Handgelenk nach unten klappte.
    »Was ist mit Fingerabdrücken?« fragte er Graham. Na, Alter, hast du daran schon gedacht?
    »Na ja, wenn du die Wohnung eines FBI-Agenten durchsuchst, könntest du ja Handschuhe anziehen. Aber wenn du gut bist, wird der normale Bürger beim Nachhausekommen nicht merken, daß du da warst.«
    Als Nächstes beschäftigten sie sich mit Fenstern. »Guck mal hinter den Vorhang.«
    Neal langte nach dem Vorhang.
    »Stop!«
    »Ich hab ihn noch nicht mal berührt!«
    »Du wolltest ihn zurückziehen. Heb ihn hoch. Und keine dummen Sprüche, bitte.«
    Neal hob den Vorhang hoch.
    »Jetzt laß ihn los.«
    Neal tat, wie geheißen.
    »Und?« fragte Graham.
    »Er ist wieder da, wo er vorher war.«
    »In der Wohnung eines Mannes kommt es auf sowas meistens nicht an, aber Frauen fällt es auf. Wenn eine Frau nach Hause kommt und in ihrem Wohnzimmer ‘ne Leiche liegt, ruft sie die Bullen an und sagt: ›Da liegt ein toter Mensch in einer Blutlache auf dem Teppich vor dem Vorhang, der irgendwie unordentlich ist.‹ Jetzt zieh die Jalousie hoch.«
    »Du wirst mich stoppen, bevor ich die Schnur angefaßt habe, richtig?«
    »Ja. Leck deinen Finger an.«
    »Und dann dreh’ ich mich dreimal im Kreis und sage: ›Nirgends ist es schöner als daheim‹?«
    Graham zeigte ihm den Finger. »Da drauf kannst du dich im Kreis drehen«, sagte er. »Aber erst leckst du deinen Finger an und…«
    »Welchen?«
    »Irgendeinen. Tu’s einfach. Jetzt… mit der Spucke…«
    »Spucke?«
    »Markiere die Stellung der Jalousie am Fensterrahmen.«
    Danach zog Neal die Jalousie hoch und ließ sie wieder herunter, genau so, wie sie gewesen war.
    »Und du dachtest, ich wäre bekloppt.«
    »Dasselbe gilt für Schiebefenster, richtig?«
    »Kluger Junge.«
    Neal holte sich eine Cola aus dem Kühlschrank. »Als

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