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Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Titel: Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Einzelgäste reserviert ist: »Ich muß Ihnen einen Tisch anbieten, aber Sie hätten besser in irgendeine Bar gehen sollen, wo Sie keinen ganzen Tisch blockieren würden, also trinken Sie wenigstens genug.«
    »Tisch für eine Person, bitte.«
    »Selbstverständlich, Sir. Bitte folgen Sie mir.«
    Neal zeigte auf einen leeren Zweier gegenüber dem Tisch von Allie. »Ist der frei?«
    Der Kellner zuckte mit den Achseln. »Ganz wie Sie wünschen, Sir.«
    Er führte ihn zu dem Tisch und reichte ihm die Karte. »Einen schönen Abend.«
    Und jetzt? dachte Neal. Komm schon, du Genie, was jetzt? Du könntest dich zu ihr rüberbeugen, ihr auf die Schulter tippen und sagen: »Hab ich dich.« Du könntest ihr einfach erklären, daß du auf Menschenjagd bist, und eine 17jährige zu einem Vizepräsidentschafts-Kandidaten zurückbringen mußt und dafür zwanzigtausend Eier kriegst, du könntest… Er konnte ihr Parfüm riechen, irgendein Moschusduft. Er konnte plötzlich verstehen, wieso ein paar armselige Lehrer…
    Beruhige dich, Mann. Take it easy. Trockne dir deine verschwitzten Hände ab. Verdammt, du hast doch nur tausend Undercover-Einsätze hinter dich gebracht, der Grundsatz ist immer gleich: rankommen, dranbleiben, abwarten.
    Er studierte die Karte. Jetzt konnte er genausogut in aller Ruhe essen. Leider gab es keine Cheeseburger. Er entschied sich für das Lamm. »Kellner. Ey, Kellner!« hörte er den Anzug sagen. East End. Aber er versuchte, nach Oxbridge zu klingen. Der Kellner kam.
    »Wo bleiben unsere Steaks?«
    »Sie werden gerade gebraten, Sir. Wollten Sie sie roh?«
    »Wenn Sie Witze machen sollen, sage ich Bescheid.« Seine Augen wurden zu Schlitzen. Wenn hier einer Witze machte, dann er.
    »Mach ihn kalt, Colin«, sagte der Lachsack.
    Ein Name. Colin. Danke dir, Jesus. »Wenn Sir nicht zufrieden ist…«, sagte der Kellner.
    »Dann wird Sir jedenfalls nicht gehen, wenn es das ist, was Sie meinen. Und jetzt holen Sie uns unser Essen. Selbst ›Wimpy‹ hat einen besseren Service.«
    »Und besseres Essen.« Der Lachsack meinte das ernst.
    »Ist ja gut, Crisp«, sagte Colin. »Iß du deinen Salat.«
    »Wenn du ihn nicht ißt, eß ich ihn. Ich sterbe.« Oh, Allie, wenn du wüßtest, wie lange ich darauf gewartet habe, daß du das sagst… Oder irgend etwas anderes.
    Crisp schob ihr den Teller rüber. »Du bist immer hungrig. Wieso wirst du nicht dick?«
    »Ja, Colin, wieso nicht?« fragte sie. Ein Insider-Witz.
    »Besser leben mit Chemie, Liebling«, sagte Colin. »Und besser lieben.«
    O Mann.
    Der Kellner unterbrach ihn. »Haben Sie sich entschieden, Sir?«
    »Ich nehme das Lamm, bitte.«
    »Einen Wein, Sir?«
    »Suchen Sie einen aus.«
    »Danke sehr, Sir.«
    Colin spielte vor einem vollen Haus und war begeistert. Er wußte, was er sich leisten konnte, um die Gäste und die Touristen zu reizen, ohne daß sie ihn rauswarfen. Er war laut und nervig genug, um alle zu stören.
    »Ich muß mal«, sagte Allie.
    »Schon wieder?«
    »Ist schon ‘ne Weile her.«
    Warum muß sie sich verteidigen? dachte Neal.
    »Dann geh.«
    »Komm mit.«
    »Du bist doch schon ein großes Mädchen. Das Türchen mit dem Rock vorne drauf.«
    »Du weißt schon, was ich meine.«
    Sie sprachen jetzt leiser. Privatsache. Neal konnte sehen, daß Colin es nicht leiden konnte, unterbrochen zu werden.
    »Später«, sagte Colin.
    »Komm schon, Collie. Jetzt.«
    Collie? Wie in Lassie, wie in wau-wau, komm her, Timmy ist in den Brunnen gefallen?
    »Komm, bitte?«
    Neal achtete auf ihre Augen. Er wußte nie, ob Augen nun die Spiegel oder die Fenster der Seele waren. Vielleicht beides. Einwegspiegel. Jedenfalls wurden Allies Augen bereits feucht. Und sie waren knochentrocken gewesen, als Neal hereingekommen war.
    Colin griff ein. »Trink noch ‘n Bier.« Allies Finger spielten mit dem Flaschenhals. Ihre Nasenflügel, wie es immer so schön heißt, bebten. Dann drehte sie ihren Charme voll auf.
    »Nur ein bißchen für meine Erkältung. Meine Schniefnase…?«
    Colin grinste sie an. Ein Kompromiß. »Ja, diese Sommer-Erkältungen sind die schlimmsten. Ich hab selbst ein bißchen Schnupfen.« Er stand auf. »Dann komm, Liebes. Ihr zwei paßt auf den Tisch auf Ja? Ihr könnt gehen, wenn wir wieder da sind.«
    Die Klos waren im Keller, am Ende eines langen, dunklen Ganges. Allie lehnte sich an die Wand, Colin schirmte sie mit seinem Körper ab und schob ihr den Löffel unter die Nase. Sie hielt sich ein Nasenloch zu, sog die Luft schnell und scharf ein und

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