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Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord

Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord

Titel: Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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geschafft und die Gespenster gefunden hätte.
    »Vielen Dank, dass Sie mir das alles erzählt haben, Mrs Smith. Gibt es noch einen anderen Hugger, über den ich Ihrer Meinung nach etwas wissen müsste? Tamara?« Er holte tief Luft. »Desdemona?«
    »Die beiden sind keine Mörder, Lieutenant, genauso wenig wie Chuck und Walt. Tamara ist eine dieser beklagenswerten Frauen, die einfach keinen guten Mann finden können, und Desdemona« – sie lachte – »ist Britin.«
    Carmine ging zu seinem Wagen zurück. Eines musste er noch tun, sagte er sich: Claire Ponsonby aufsuchen und in Erfahrung bringen, warum sie ihn angelogen hatte, was den Zeitpunkt ihrer Erblindung betraf. Und vielleicht wollte er sie außerdem auch einfach nur mal
sehen
– wollte einer lebenden, atmenden Tragödie ins Gesicht sehen. Vater und Familienvermögen verloren, als sie fünf war, das Augenlicht mit vierzehn, ihre Freiheit mit sechzehn, als sie nach Hause kommen musste, um eine verrückt gewordene Mutter zu versorgen. Ein Job, der ungefähr einundzwanzig Jahre dauerte. Und doch hatte er bei ihr nie auch nur einen Hauch von Selbstmitleid wahrgenommen. Eine tolle Frau, diese Claire Ponsonby. Doch warum hatte sie ihn angelogen?
    Kaum bog der Ford in die Einfahrt von Ponsonby Lane 6 ein, schlug Biddy an. Also war Claire zu Hause.
    »Lieutenant Delmonico«, begrüßte sie ihn in der offenen Tür. Sie hielt Biddy am Halsband fest.
    »Woher wussten Sie, dass ich es bin?«, fragte Carmine beim Eintreten.
    »Der Klang Ihres Wagens. Er muss einen sehr starken Motor haben. Kommen Sie in die Küche.«
    Sie durchquerte das Haus, ohne ein einziges Möbelstückauch nur zu streifen, und kam dann in den überheizten Raum mit dem AGA-Herd.
    Biddy legte sich in eine Ecke, behielt Carmine dabei aber stets im Auge.
    »Ihr Hund mag mich nicht«, sagte er.
    »Es gibt nur sehr wenige Menschen, die Biddy mag. Was kann ich für Sie tun?«
    »Sagen Sie mir die Wahrheit. Ich komme gerade von Mrs Eliza Smith, die mir erzählt hat, dass Sie gar nicht blind zur Welt gekommen sind. Warum haben Sie mich belogen?«
    Claire seufzte. »Nun, man sagt, man kann vor seinen Sünden nicht davonlaufen. Ich habe gelogen, weil ich die Fragen so sehr hasse, die zwangsläufig folgen, wenn ich die Wahrheit sage. Wie zum Beispiel, was für ein Gefühl war das, als Sie nichts mehr sehen konnten? Hat es Ihnen das Herz gebrochen? War es das Schrecklichste, was Ihnen je widerfahren ist? Ist es noch härter, blind zu sein, wenn man zuvor sehen konnte? Und so weiter und so fort. Nun, ich kann Ihnen sagen, es hat sich angefühlt wie eine Todesstrafe, nein, das Herz hat es mir nicht gebrochen, und ja, es ist in der Tat das Schrecklichste, was mir je widerfahren ist. Sie haben gerade eben meine Wunden geöffnet, Lieutenant, und ich blute. Ich hoffe, Sie sind jetzt zufrieden.« Sie kehrte ihm den Rücken zu.
    »Es tut mir leid. Aber ich musste das fragen.«
    »Ja, das
sehe
ich!« Plötzlich wirbelte sie herum und lächelte ihn an. »Jetzt muss ich mich entschuldigen. Fangen wir noch mal von vorne an.«
    »Mrs Smith hat mir außerdem erzählt, dass Sie und Charles einen Bruder hatten, Morton, der ziemlich genau zu dem Zeitpunkt unerwartet verstarb, als Sie erblindeten.«
    »Mein Güte, da hat Eliza heute Morgen aber geplaudert, was? Sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich ein wenig stutenbissig bin,aber Eliza hat immer alles bekommen, was sie haben wollte. Ich nicht.«
    »Die Stutenbissigkeit verzeihe ich, Miss Ponsonby.«
    »Nicht mehr Claire?«
    »Ich denke, ich habe Sie zu sehr verletzt, um Sie weiter Claire nennen zu dürfen.«
    »Sie haben mich nach Morton gefragt. Er starb, kurz nachdem ich nach Cleveland gegangen war. Man hat sich nicht die Mühe gemacht, mich zu seiner Beerdigung nach Hause zu holen, obwohl ich mich durchaus gern von ihm verabschiedet hätte. Sein Tod kam so plötzlich, dass der amtliche Leichenbeschauer eingeschaltet wurde, also gab es durchaus genug Zeit, mich nach Hause zu holen, bevor sein Leichnam zur Bestattung freigegeben wurde. Trotz seiner geistigen Behinderung war er ein süßer kleiner Kerl. Traurig …«
    »Herzlichen Dank, Miss Ponsonby. Vielen Dank, und es tut mir leid, wenn ich Sie verärgert habe.«
    Der Leichenbeschauer war eingeschaltet worden … Das bedeutete, zu Morton Ponsonbys Tod gab es eine Akte in der Caterby Street. Er würde einen Beamten losschicken, der sie ausgraben sollte.
    Auf der Rückfahrt nach Holloman schaute Carmine auf dem alten Gräberfeld

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