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Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord

Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord

Titel: Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Doktorarbeit.
    Die Akten aus dem Jahr 1930 befanden sich in neunzehn großen Kartons, während allein die Unterlagen des Leichenbeschauers aus dem Jahre 1939 fast den gleichen Umfang hatten. Carmine grub den Fall von Morton Ponsonby im Oktober 1939 aus, suchte dann in der ersten der 1930er Kisten nach Leonard Ponsonby. 1930 hatte man noch kein System gehabt, das die einzelnen Blätter fest mit der Aktenmappe verband – und wahrscheinlich ebenfalls keine Angestellten, die sich noch mit den Akten beschäftigten, sobald sie geschlossen worden waren.
    Aber da war sie, wo sie sein sollte: PONSONBY, Leonard Sinclaire, Geschäftsmann, 6 Ponsonby Lane, Holloman, Conn. Alter 35. Verheiratet, drei Kinder.
    Jemand hatte einen Tisch und einen Bürostuhl unter ein Dachfenster aus Plastik gestellt; dort hinüber ging Carmine mit den beiden Ponsonby-Akten sowie einer weiteren, dünnen Akte, in der sich die Einzelheiten der beiden anderen Morde vor dem Bahnhof befanden.
    Zuerst sah er sich die Unterlagen über Morton Ponsonby an. Der Hausarzt der Ponsonbys hatte es abgelehnt, eine Sterbeurkunde zu unterschreiben, weil der Tod so plötzlich und unerwartet gewesen war. Es fand sich jedoch nichts, was andeutete, dass der Mann irgendetwas Unsauberes argwöhnte; er wollte lediglich, dass eine Leichenöffnung durchgeführt wurde, um zu sehen, ob er irgendetwas übersehen hatte. Ein typischerpathologischer Bericht folgte, der mit der stereotypen Redewendung der damaligen Zeit begann: »Dies ist der Leichnam eines gut genährten und anscheinend gesunden männlichen Halbwüchsigen.« Doch die Todesursache war keine Hirnblutung gewesen, wie Eliza Smith gesagt hatte. Der Pathologe führte den Tod auf Herzversagen zurück, er spielte zwar nicht in Patsys Liga, aber er führte dennoch das volle Programm der Untersuchungen auf Gifte durch, ohne einen entsprechenden Nachweis erbringen zu können. Für 1939 alles in allem eine gründliche Arbeit.
    So, weiter zu Leonard Ponsonby. Das Verbrechen geschah Mitte Januar 1930, bei einer Schneehöhe von gut einem halben Meter – es war einer der kältesten Winter, der im Januar Schneestürme mit sich brachte. Der Zug, der seinen Ausgang in Washington, D.C., genommen hatte, war aus der Penn Station in New York City kommend wegen eingefrorener Weichen und eines Schneerutsches von einem steilen Abhang auf die Strecke mit zweistündiger Verspätung eingelaufen. Statt abzuwarten, hatten die Passagiere sich entschieden, die Strecke vom Schnee zu befreien. In einem Wagen hatte sich eine Gruppe von etwa zwanzig Betrunkenen befunden, arbeitslose Männer, die hofften, in Boston Arbeit zu finden. Sie hatten sich am unwilligsten an der Schaufelaktion beteiligt, volltrunken, wütend, aggressiv. Als der Zug Holloman erreichte, hielt er dort für eine Viertelstunde, was es den Durchreisenden ermöglichte, im Bahnhofscafé einen Imbiss zu kaufen.
    Aha, das war die interessanteste Neuigkeit! Leonard Ponsonby stieg nicht aus! Vielmehr betrat er den Zug, um nach Boston zu reisen. Es war neun Uhr abends, und dieser Zug nach Boston war der letzte des Tages, er setzte seine Reise fort, während das Bahnhofspersonal die letzte Runde machte, um wegen der Heerscharen von Vagabunden, die auf der Suche nach Arbeitdurch das Land streiften, die Wartesäle und Toiletten abzuschließen, obwohl die rund zwanzig Betrunkenen den Zug in Holloman gar nicht verlassen hatten. Irgendwo zwischen Hartford und der Grenze zu Massachusetts sprangen sie in die Nacht hinein ab, was der Grund war, weswegen sie überhaupt unter Verdacht geraten waren und warum sie, nach erfolglosen Recherchen, am Ende die Schuld abbekamen.
    Leonard Ponsonby lag mit zerschlagenem Schädel im Schnee; neben ihm eine Frau und ein kleines Mädchen, ebenfalls mit eingeschlagenen Schädeln. Der Inhalt von Ponsonbys Brieftasche identifizierte ihn, doch die Frau und das kleine Mädchen trugen nichts bei sich, das verriet, wer sie waren. In ihrer alten, billigen Handtasche befanden sich ein Dollar und neunzig Cent in Münzen, ein Taschentuch sowie zwei Kekse. Eine Reisetasche enthielt saubere, aber sehr billige Unterwäsche für eine Frau und ein kleines Mädchen, Socken, Strümpfe, zwei Schals und ein Kleid für ein kleines Mädchen. Die Frau war recht jung, das Kind etwa sechs. Ponsonby wurde beschrieben als gut gekleidet und wohlhabend, mit 2000 Dollar in Scheinen in seiner Geldbörse, einer mit Diamant besetzten Krawattennadel und vier kostbaren Diamanten in jedem seiner

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