Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
beballerten sich immer weiter mit Parsons-Gewehren, Haubitzen und Mörsern.
In einer interessanten Randnotiz hatte Carmine herausgefunden, dass das schwarze Schaf der Familie, Roger, in Kalifornien nüchtern und vernünftig wurde, die Roger’s-Rib-Kette gründete, einen Filmstar heiratete, es sich im Leben schön einrichtete und dann auf einer Nutte in einem schäbigen Motel starb.
Das Hug war aus William Parsons Sehnsucht entstanden, etwas zum Andenken an seinen verstorbenen Sohn zu tun, aber es wurde eine schwere Geburt. Selbstverständlich erwartete die Chubb University, die Leitung und die Geschäftsführung zu übernehmen, aber das war nicht Parsons Absicht. Er wollte eine Angliederung an die Chubb, aber weigerte sich, der Chubb die Führung zu überlassen. Am Ende brach der Widerstand der Chubb zusammen, als sie mit einem Ultimatum erschreckender Verhältnisse konfrontiert wurden. Sein Forschungszentrum, sagte William Parson, würde er, wenn nötig, an ein heruntergekommenes, nicht elitäres, unorganisiertes Lehrinstitut außerhalb des Bundeslandes angliedern. Als ein Chubber wie William Parson so etwas sagte, gab sich das Chubb geschlagen. Obwohl das Chubb dabei durchaus auch einen Teil des Kuchens abbekam: Der Universität wurden fünfundzwanzig Prozent des jährlichen Budgets für die Angliederungsrechte bezahlt.
Carmine wusste auch, dass das Direktorium sich alle drei Monate traf. Die vier Parsons und Cousin Spaight kamen mit der Limousine aus ihren Wohnungen in New York und stiegen für eine Nacht in Suiten des Cleveland Hotel gegenüber dem Schumann-Theater ab. Das war notwendig, weil M. M. sie jedes Mal zum Essen einlud, in der Hoffnung, er könnte die Parsons dazu überreden, ein Gebäude zu errichten, das eines Tages die Kunstsammlung William Parsons beherbergen würde. Diesewichtigste Privatsammlung Amerikas hatte William Parson in seinem Testament dem Chubb vererbt, aber die Auslieferung war dem Ermessen der Erben überlassen worden, die es bislang vorgezogen hatten, auch noch an der kleinsten Leonardo-Skizze festzuhalten.
Als der Professor die Hand ausstreckte, um das Tonbandgerät einzuschalten, hob Carmine seine eigene Hand.
»Entschuldigung, Professor, aber dieses Treffen ist strikt vertraulich.«
»Aber das Protokoll! Ich dachte, wenn Miss Vilich ausgeschlossen wäre, könnte sie das Protokoll hinterher vom Band aufschreiben.«
»Kein Protokoll«, entgegnete Carmine mit fester Stimme. »Ich beabsichtige, so deutlich wie auch detailliert zu sein, was bedeutet, dass nichts von dem, was ich sage, diesen Raum verlässt.«
»Verstanden«, sagte Roger Parson junior unvermittelt. »Fahren Sie fort, Lieutenant Delmonico.«
Nachdem er geendet hatte, war die Stille so vollkommen, dass ein kurzer Windstoß draußen wie das Brüllen eines Löwen klang; jeder Einzelne von ihnen war aschfahl und saß zitternd da, mit offenem Mund. In all der Zeit, die er M. M. kannte, hatte Carmine noch nie erlebt, dass den Mann etwas aus dem Gleichgewicht gebracht hätte, aber nach diesem Bericht schien sogar sein Haar den Glanz verloren zu haben. Obwohl vielleicht nur Dean Dowling, der als Psychiater für sein Interesse an organischen Psychosen bekannt war, die Verwicklungen komplett verstand.
»Das kann niemand aus dem Hug gewesen sein«, sagte Roger Parson junior und tupfte seine Lippen mit einer Serviette ab.
»Das muss noch bewiesen werden«, meinte Carmine. »Wir haben keinen speziellen Verdächtigen, was bedeutet, dass alle Mitglieder des Hug unter Verdacht stehen. Aber wir könnenübrigens auch niemanden aus der medizinischen Fakultät ausschließen.«
»Carmine, glauben Sie wirklich, mindestens zehn dieser vermissten Mädchen sind verbrannt worden?«, fragte M. M.
»Ja, Sir, das tue ich.«
»Aber Sie haben gar keine wirklichen Beweise dafür gegeben.«
»Nein, es sind reine Indizien, aber es passt zu dem, was wir wissen: Wenn die Laune des Schicksals nicht gewesen wäre, wäre Mercedes Alvarez letzten Mittwoch komplett verbrannt worden.«
»Das ist widerwärtig«, flüsterte Richard Spaight.
»Das war Schiller!«, schrie Roger Parson III. »Er ist alt genug, um ein Nazi gewesen zu sein.« Heftig wandte er sich dem Professor zu. »Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen keine Deutschen einstellen!«
Roger Parson junior klopfte scharf auf den Tisch. »Young Roger, das reicht. Dr. Schiller ist nicht alt genug, um ein Nazi gewesen zu sein, und es ist nicht Aufgabe dieses Direktoriums, zu spekulieren.
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