Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
Ich bestehe darauf, dass der Professor unterstützt wird und nicht beschimpft.« Seine Verärgerung über den Ausbruch seines Sohnes immer noch in den Augen, blickte er Carmine an. »Lieutenant Delmonico, ich danke Ihnen sehr für Ihre Offenheit, und ich weise Sie alle an, Stillschweigen über jeden einzelnen Aspekt diese Tragödie zu bewahren. Obwohl«, fügte er relativ pathetisch hinzu, »wir wahrscheinlich damit rechnen müssen, dass zumindest etwas davon an die Presse durchsickert?«
»Früher oder später ist das unvermeidbar, Mr Parson. Das hier ist zu einer bundesweiten Ermittlung geworden. Jeden Tag wissen mehr Leute davon.«
»Das FBI?«, fragte Henry Parson junior.
»So weit ist es noch nicht. Der Grat zwischen einer vermissten Person und einem Entführungsopfer ist schmal, aber keine dieser Familien hat eine Lösegeldforderung bekommen, und die Sache bleibt momentan in Connecticut. Doch ich versichere Ihnen, wir werden jede Behörde kontaktieren, die in der Lage ist, zu helfen«, sagte Carmine.
»Wer leitet die Ermittlungen?«, fragte M. M.
»Ich bin zurzeit verantwortlich, Sir. Das kann sich jedoch ändern. Es sind sehr viele verschiedene Polizeibehörden involviert.«
»Wollen Sie den Job, Carmine?«
»Ja, Sir.«
»Dann sollte ich den Governeur anrufen«, sagte M. M., sich seiner Macht bewusst.
»Würde es helfen, wenn Parson Products eine hohe Belohnung aussetzt?«, fragte Richard Spaight. »Ein halbe Million? Eine Million?«
Carmine erbleichte. »Nein, Mr Spaight, bloß nicht! Zum einen würde sich die Aufmerksamkeit der Presse auf das Hug fokussieren, und zum anderen machen hohe Belohnungen die Polizeiarbeit nur noch schwerer. Sie holen jeden Blödmann und jeden Eiferer hinter dem Ofen hervor. Selbst wenn ich nicht sagen kann, dass eine Belohnung nicht doch einen guten Hinweis hervorbringen könnte, sind die Chancen doch nur sehr gering. Doch dafür Tausenden und Abertausenden von Hinweisen zu folgen, würde die Reserven der Polizei unerträglich strapazieren, und das alles vielleicht für nichts und wieder nichts. Wenn wir weiter auf der Stelle treten, dann könnte man vielleicht fünfundzwanzigtausend als Belohnung aussetzen.«
»Dann«, sagte Roger Parson junior, stand auf und ging zum Kaffee, »schlage ich vor, wir vertagen uns, bis Lieutenant Delmonico uns von neuen Entwicklungen berichten kann. ProfessorSmith, Sie und Ihre Leute sollten auf ganzer Linie mit dem Lieutenant kooperieren.« Er wollte sich Kaffee einschenken und hielt mitten in der Bewegung inne. »Der Kaffee ist noch nicht fertig! Ich brauche jetzt einen Kaffee!«
Während der Professor entschuldigend herumflatterte und erklärte, dass Miss Vilich sich normalerweise um den Kaffee am Ende der Konferenz kümmerte, schaltete Carmine die diversen Kaffeemaschinen an und biss in einen Apfelplunder. M. M. hatte recht. Köstlich.
Bevor Carmine an diesem Nachmittag sein Büro verließ, kam Commissioner John Silvestri durch die Tür gerauscht, um mitzuteilen, er habe aus Hartfort erfahren, eine Sondereinheit solle aufgestellt werden, die von Holloman aus operiere, da Holloman die besten Polizeilabors des Bundesstaates besitze. Lieutenant Carmine Delmonico sei die Leitung dieser Sondereinheit übertragen worden.
»Unbegrenztes Budget«, sagte Silvestri und wirkte noch mehr als sonst wie eine große, schwarze Katze. »Und Sie können von überall in Connecticut jeden Polizisten anfordern, den Sie brauchen.«
Danke, M. M., sagte Carmine bei sich. Damit habe ich praktisch eine Blankovollmacht, allerdings bin ich bereit, meine Dienstmarke darauf zu setzen, dass die Presse schon alles weiß, noch bevor ich dieses Büro verlasse. Wenn erst einmal die gesamte Bürokratie im Spiel ist, wird es zwangsläufig Klatsch und Gerede geben. Und was den Gouverneur betrifft – Serienmorde kommen politisch überhaupt nicht gut an.
Zu Silvestri sagte er: »Ich werde jede einzelne Polizeibehörde in unserem Bundesstaat persönlich aufsuchen und instruieren, aber momentan bin ich glücklich und zufrieden, wenn die Sondereinheit nur aus mir, Patrick, Abe und Corey besteht.«
Kapitel fünf
Mittwoch, den 20. Oktober 1965
Zwei Wochen waren vergangen, seit Mercedes Alvarez im Kühlraum des Hug gefunden worden war. Die Welle der neuen Berichte in Funk, Fernsehen und den Zeitungen ebbte langsam ab. Nicht ein Laut über den Verbrennungsofen drang nach draußen, was die Sondereinheit verblüffte. Ganz offensichtlich war der Druck von oben so groß,
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