Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
die heiße Sonne. Magnetregler, die mit Zeitmessern verbunden waren, sorgten dafür, dass es Morgen- und Abenddämmerung gab.
»Ist es nicht unfair, ihnen die Weibchen vorzuenthalten?«, fragte Carmine.
Cecil kicherte. »Die behelfen sich halt, Lieutenant, so wie Männer im Gefängnis sich behelfen. Bumsen sich gegenseitig die Seele aus’m Leib. Aber es gibt ’ne ganz klare Hackordnung, und Eustace ist der Big Boss. Kommt ’n neuer Typ, krallt sich Eustace ihn als Erster, bumst ihn, reicht ihn dann weiter an Clyde, und der gute alte Clyde reicht den Neuen anschließend an den Nächsten und so weiter und so fort. Jimmy ist derLetzte in der Hackordnung. Er kommt höchstens dazu, sich selbst einen runterzuholen.«
»Tja, danke, Cecil, dass Sie mir alles gezeigt haben. Aber ich bezweifle, dass hier jemals ein Mädchen versteckt wurde.«
»Da hab’n Sie absolut recht, Lieutenant.«
»Wonach suchen Sie denn eigentlich?«, fragte Desdemona, als sie sich in der Maschinenwerkstatt, dem Traum eines jeden Mechanikers, zu ihm gesellte.
»Einen Schrank mit einem menschlichen Haar darinnen, einen Fetzen Kleidung, einen abgebrochenen Fingernagel, ein Stück Klebeband, einen Blutfleck. Irgendetwas, das nicht hier sein sollte.«
»Ach, deshalb die Vergrößerungsgläser und das helle Licht! Ich dachte, diese Zeiten wären seit Sherlock Holmes vorbei.«
»Sie sind die Werkzeuge der Wahl bei einer Suche wie dieser. Alle diese Männer sind Spezialisten darin, nach solchen Indizien zu suchen.«
»Mr Roger Parson junior ist darüber nicht besonders erbaut.«
»Das verstehe ich, aber fragen Sie mich mal, ob mich das kümmert. Die Antwort ist nein.«
Raum für Raum, Kämmerchen für Kämmerchen, Schrank für Schrank ging die Suche weiter. Zufrieden damit, dass sie im Erdgeschoss nichts gefunden hatten, zogen Corey und sein Team weiter in die zweite Etage, mit Desdemona und Carmine im Schlepptau.
Während dieser eher gemächlichen Inspektion des zweiten Stocks, wurde Carmine klar, wie durchaus angenehm das Leben im Hug unter normalen Umständen war; die meisten Laboranten hatten versucht, kühle Wissenschaft in eine gemütliche Atmosphäre zu verwandeln. Die Wände und Türen waren mit Cartoons gepflastert. Es gab auch Fotos von Leuten, Landschaftenund Poster von Dingen in lebhaften Farben, deren Natur Carmine noch nicht einmal erahnen konnten, obwohl er sie durchaus schön fand.
»Kristalle unter polarisiertem Licht«, erklärte Desdemona, »oder Pollen, Staubmilben und Viren unter dem Elektronenmikroskop.«
»Einige dieser Arbeitsplätze sehen aus wie Mary Poppinsville.«
»Meinen Sie Marvins?«, fragte sie und zeigte auf einen Bereich, in dem alles, von Schubladen über Kisten und Bücher mit selbstklebenden rosafarbenen und gelben Schmetterlingen bepflastert war. »Überlegen Sie mal, Carmine. Leute wir Marvin verbringen den größten Teil ihres Arbeitstages an ein und demselben Platz. Warum sollte dieser Platz grau und anonym sein? Arbeitgeber denken nie darüber nach, ob nicht die Qualität des Arbeitsergebnisses deutlich steigen könnte, wenn die Zellen, in denen Menschen arbeiten müssen, individueller und harmonischer gestaltet wären. Marvin ist ein Poet, das ist alles.«
»Ponsonbys Laborant, oder?«
»Richtig.«
»Hat Ponsonby nichts dagegen? Er kommt mir nicht so vor wie ein gelber und rosafarbener Schmetterlings-Typ, wenn an seinen Wänden Boschs und Goyas hängen.«
»Chuck würde gerne protestieren, aber er hat dafür keine Rückendeckung vom Professor. Die beiden haben eine interessante Beziehung, die zurück bis in die Kindheit reicht, und der Professor war schon damals der Chef, nehme ich an.« Sie erblickte Corey, der gerade einen Apparat aus feinen Glassäulen auf einem Gestell bewegen wollte, und schrie auf: »Wehe, Sie fassen den Mikrogasometer an! Wenn Sie den anstoßen, dann können Sie im Knabenchor von Venedig Sopran singen.«
»Ich denke nicht«, sagte Carmine ruhig, »dass es groß genugist, um irgendetwas zu verbergen. Sieh dich in der Kammer dort um.«
Sie schauten in jede Kammer vom Erdgeschoss bis zum Dach, aber fanden nichts. Paul kam herüber, untersuchte den OP und wischte über jede Oberfläche, auf der sich Flüssigkeit sammeln konnte.
»Aber«, sagte Paul, »ich bezweifle, dass wir hier etwas finden. Diese Mrs Liebman vergisst weder die Ecken noch die Unterseiten zu säubern.«
Abe trug sein Scherflein zur gedrückten Stimmung bei. »Ich habe so das Gefühl«, sagte er, »im
Weitere Kostenlose Bücher