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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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mir bei dieser Sache zu helfen«, warf sie ein.
    »Ich weiß, aber ich bin nicht sicher, ob ich mich verantwortlich fühlen möchte, wenn ich etwas vorschlage, das dann schief geht«, sagte Tony mit einem müden Lächeln.
    Carol wich unwillkürlich etwas zurück. »Du könntest Katholiken Seminare in Schuldgefühlen geben, weißt du das? Hör zu, Tony, ich habe dich nur um einen Rat gebeten. Aber für mein Handeln übernehme ich schon selbst die Verantwortung.«
    Er verfluchte sich heimlich, dass er schon wieder nicht den rechten Ton gefunden hatte. »Du willst also Ratschläge?«, sagte er barsch. »Okay, ganz unvoreingenommen würde ich sagen, wenn Radecki wieder fragt, solltest du ihm sagen, dass du Osborne nicht umgebracht hast und dass du nicht weißt, wer es war. Und dass die Ähnlichkeit mit Katerina für dich genauso heikel ist wie für ihn. Dass du nicht willst, dass die Leute in dir jemanden sehen, der seinen privaten Kummer für geschäftliche Zwecke ausnutzt. Und dass es, offen gesagt, für dich einfacher wäre, die ganze Sache kurzerhand abzuschreiben, weil es nicht schwer ist, eine Bezugsquelle für illegale Arbeiter zu finden.«
    Carol nickte. »Danke, darüber werde ich nachdenken«, sagte sie steif.
    Tony schüttelte den Kopf. »Soll ich rausgehen und wieder reinkommen? Dann können wir noch mal von vorne anfangen? Hör zu, wir sind beide müde und gestresst, wir sollten das nicht aneinander auslassen.« Er nahm ihre Hand und umfasste ihre warmen Finger mit den seinen. »Sag mir, wie du dich fühlst.«
    Carol zuckte mit den Schultern. »Es ist schwer zu beschreiben. Eine Mischung aus überschwänglicher Freude, weil ich das Gefühl habe, es besser gemacht zu haben, als ich zu hoffen wagte, und aus schrecklicher Angst, weil ich weiß, dass ich bei einem Patzer kein Sicherheitsnetz habe. Ich lebe nur von purem Adrenalin, und das ist aufreibend. Mach es mich vergessen und erzähl mir, wie dein Tag war.«
    »Das ist auch nicht unbedingt erbaulich. Es hat einen vierten Mord gegeben.«
    Ihre Augen weiteten sich, so schockiert war sie. »So bald? Das ist sehr schnell hintereinander.«
    »Und er verliert die Kontrolle.« Tony fasste kurz zusammen, was er gerade am Abend von Marijke erfahren hatte. »Willst du meinen Entwurf für das Profil sehen?«
    »Wenn du nichts dagegen hast, ihn mir zu zeigen.«
    Er stand auf und zog ein paar Bogen Papier aus seiner Aktentasche. »Hier«, sagte er und gab sie ihr. »Möchtest du Kaffee?«
    »Mhm, bitte«, sagte Carol, die schon dabei war, den üblichen vorformulierten Haftungsausschluss in der Einleitung zu lesen. Während er den Kaffee machte, las sie aufmerksam den kurzen Bericht. Tony ließ sie in Ruhe, bis sie fertig war, dann kam er mit dem Kaffee.
    »Also, was meinst du?«, fragte er. »Eigentlich finde ich es ein bisschen dünn. Ich meine, ich habe nichts gefunden, was die Ermittlung entscheidend vorwärts bringt.«
    »Wenn man bedenkt, wie wenig du hattest, von dem du ausgehen konntest, würde ich meinen, du hast deine Sache gut gemacht«, sagte Carol beruhigend. »Das Wichtigste ist natürlich deine Theorie, dass er mit Schiffen und Wasserwegen zu tun hat.«
    »Ja, aber hast du eine Ahnung, wie viel Frachtverkehr es auf den Wasserwegen von Holland und Deutschland gibt? Es muss Tausende von Fahrzeugen auf den Flüssen geben, und unser Mann könnte auf jedem beliebigen tätig sein. Ich weiß nicht einmal, ob es Unterlagen zu den jeweiligen Routen gibt. Heute Abend habe ich noch kurz mit Marijke gesprochen, und sie meinte, die Schiffe müssten sich anmelden, wenn sie die Schleusen passieren oder an den Kais festmachen. Aber das reduziert die Zahl noch nicht sehr, und alle diese Listen durchzugehen könnte Monate dauern. Wir haben nicht monatelang Zeit, Carol.«
    »Und selbst eine Vorwarnung der potentiellen Opfer muss nicht unbedingt dazu beitragen, ihn zu fassen«, sagte Carol.
    »Das ist richtig. Es ist möglich, dass er einfach vorübergehend untertaucht und sich mit einer neuen Strategie meldet, um seine Opfer in Bedrängnis zu bringen.«
    »Wenn er Internet hat, was würde es bringen, bei den Internet-Versandbuchhändlern nachzufragen, wer eine große Auswahl an Büchern über Psychologie gekauft hat?«, fragte Carol.
    Tony zuckte mit den Achseln. »Wenn er auf einem Schiff lebt, wäre es für ihn leichter, die Bücher in einer Buchhandlung zu kaufen, statt sie an eine Adresse schicken zu lassen, zu der er einige Wochen lang vielleicht gar nicht

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