Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
Katerina. Wenn sie wie ein Schraubendampfer aussehen würde, dann wärst du viel weniger misstrauisch.«
    »Na ja, das ist selbstverständlich. Aber meinst du nicht, dass ihr Aussehen ein vernünftiger Grund für Misstrauen ist?«, fragte Krasic ungläubig.
    »Nein. Ich meine, es ist einer der schrecklichen Streiche, die das Schicksal uns spielt. Es würde mir leichter fallen, ihr zu trauen, wenn sie anders aussähe, glaube ich«, sagte er und wusste dabei genau, dass das nicht stimmte, aber er wollte Krasic keinen Ansatzpunkt liefern. Dann kam ihm plötzlich eine Idee, die aus Jahren der Erfahrung erwuchs. »Aber Darko, du bist doch derjenige, der sie überwacht hat.«
    Krasic sah bestürzt aus. »Wieso weißt du das? Hat sie es bemerkt? Hat sie etwas gesagt?«
    Tadeusz lachte laut. »Nein, sie hat nichts gesagt. Ich habe es erraten. Also, hat sie etwas Verdächtiges getan?«
    Krasic warf ihm einen verlegenen Blick zu. »Sie geht shoppen – und jeden Tag in diesen feudalen Wellnessclub in der Giesebrechtstraße.«
    »Ach, über so was muss man sich ja wirklich Sorgen machen, eine Frau, die auf ihre Figur achtet. Sie hat sich also nicht in irgendwelchen Bullenlokalen rumgetrieben oder unseren Mann absichtlich abgehängt?«
    Krasic schüttelte den Kopf. »Das nicht. Aber wenn sie nicht astrein wäre, dann würde sie ja erwarten, dass wir sie beobachten.«
    »Jetzt denkst du aber um die Ecke«, sagte Tadeusz, ging zu Krasic und klopfte ihm auf die Schulter. »Du bist ein guter Kumpel, Darko. Aber ich glaube, dieses Mal lässt du die Sorge um mich zu sehr deine Phantasie anregen. Ich glaube wirklich nicht, dass Caroline in einen machiavellistischen Plan gegen mich verwickelt ist, bei dem Motorräder und tote Gangster eingesetzt werden.«
    »Das heißt aber nicht, dass ich aufhören werde, sie zu beobachten«, sagte der Serbe bockig.
    »Es gibt keinen Grund, warum du das tun solltest.« Tadeusz trank sein Glas aus und wandte sich Krasic zu. »Aber die Kosten werden nicht aus meiner Kasse gedeckt, klar?« Jetzt klang er eisern und kompromisslos.
    Krasic, der wusste, wann er sich geschlagen geben musste, stand auf. »Pass auf, dass dir niemand in den Rücken fällt, Chef«, sagte er müde, nahm seine Jacke und ging.
     
    Der Hai ärgerte sich furchtbar darüber, dass ihn bei der Arbeit niemand ernst nahm. Die meisten seiner männlichen Kollegen verbargen ihre Verachtung nicht. Petra, für die er barfuß über glühende Kohlen gegangen wäre, beschützte ihn, was manchmal schlimmer als Geringschätzung war. Er war von seiner Versetzung zum Nachrichtendienst so begeistert gewesen, aber es erwies sich, dass er dort viel weniger Spaß hatte als erwartet. Immer bekam er nur Drecksarbeit zugeteilt, die alle anderen für unter ihrer Würde hielten. Er verstand genug von Psychologie, um zu wissen, dass eine Gruppe nur richtig funktionieren konnte, wenn es jemanden gab, auf den sich der Spott richten konnte. Er hätte sich nur gewünscht, dass nicht er diese Figur wäre.
    Er sehnte sich danach, eine außergewöhnliche, erfolgreiche Aktion zu landen, aufgrund deren man ihm Respekt entgegenbringen würde. Aber solange er in dieser Rolle als Kuli feststeckte, würde das nicht passieren. Zum Beispiel diese letzte Aufgabe, die Petra ihm aufgehalst hatte. Wie sollte er herausfinden, wem Darko Krasic vertraute und wem er ein Kind in seine Obhut geben würde? Er hatte in Krasics Unterlagen nachgesehen, wer seine Mitarbeiter waren, aber die meisten waren Leute, denen man nicht einmal trauen würde, den Hund zu halten, während man austreten ging, und schon gar nicht, um auf ein Kind aufzupassen. Dann kam ihm der Geistesblitz, in Erfahrung zu bringen, ob Krasic Verwandte in der Gegend hatte, denn ihm schwebte dieses stereotype Bild von Leuten vom Balkan vor, die – wie die Italiener – eher der Familie als sonst irgendjemandem trauen würden.
    Also hatte er lange, es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, die Akten durchstöbert und versucht, Blutsverwandte von Krasic aufzutreiben. Einwandererlisten und Aufstellungen vom Finanzamt, Eintragungen zu Grundstücken – alles hatte nichts gebracht. Jetzt musste er Polizeibeamte vor Ort anrufen und fragen, ob sie etwas wussten. Ganz Berlin hatte er schon durchforstet und näherte sich jetzt dem flachen Land in Brandenburg.
    Er strich die vorherige Nummer von seiner Liste und wählte die nächste, eine Nebenstelle in den nördlichen Außenbezirken von Oranienburg in der Nähe des früheren KZ

Weitere Kostenlose Bücher