Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
Schlüsselmoment war. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und streifte seine Wange mit einem leichten Kuss. »Es war ein wunderbarer Nachmittag«, sagte sie leise.
    Er beugte sich vor, legte ihr einen Arm um die Taille und küsste sie mit leicht geöffneten Lippen. Seine Körperwärme rief in Carol eine überraschende Welle des Verlangens hervor, und sie musste eine bewusste Anstrengung machen, um sich seiner Umarmung nicht völlig hinzugeben. »Kann ich dich heute Abend sehen?«, fragte er mit heiserer, tiefer Stimme.
    Sie brauchte eine gewisse Distanz, legte ihm die Hand auf die Brust, und ihre Finger fühlten dabei sein Herz klopfen.
    »Tut mir Leid«, sagte sie. »Ich muss arbeiten.«
    Tadeusz schob schmollend die Lippen vor und zog ein trauriges Gesicht.
    Carol löste sich von ihm. »Ich muss über Nacht ein paar Dinge an meinen Rechtsanwalt schicken. Wir sind mitten in einem Immobilienkauf, und er hat morgen früh einen Termin. Ich hätte es heute Nachmittag machen sollen, aber du hast mich weggelockt.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Schon gut. Morgen Abend dann? Kommst du zu mir zum Essen?«
    »Einverstanden«, sagte sie. »Aber du hast doch noch vor, mir morgen die interessante Seite deiner Geschäfte zu zeigen, oder?«
    »Natürlich. Ich muss gleich morgen früh ein paar Dinge erledigen, aber danach stehe ich dir zur Verfügung.«
    »Prima. Ruf mich an wegen der Zeit. Danke noch mal, Tadzio, es war wirklich schön, mit dir zusammen zu sein.«
    »Mit dir auch«, sagte er und ging auf den Wagen zu. »Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal so viel gelacht habe.«
    Carol musste unwillkürlich lächeln, als sie in den Aufzug trat. Es würde nicht lange andauern, das war klar, aber jetzt spielte er mit, als folge er Morgans Regieanweisungen. Sie hoffte, dass es so weitergehen würde.
     
    Tadeusz wartete nicht auf den Aufzug. Stattdessen rannte er die drei Treppen hinauf und nahm immer zwei Stufen auf einmal. Er hatte vergessen, dass er so viel Energie hatte, wie er jetzt in sich spürte. Caroline war nicht Katerina, wie Darko nie müde wurde, ihn zu erinnern. Es war nur ihr Äußeres, das ähnlich war. Aber wie verschieden ihre Persönlichkeiten auch sein mochten, sie hatten doch eine ähnliche Wirkung auf ihn. Zum ersten Mal seit Katerinas Tod fühlte er sich, wenn er mit Caroline zusammen war, wieder wie ein Mensch.
    Er wusste, dass er vorsichtig sein musste, nicht aus den Gründen, die Darko misstrauisch machten, sondern weil er die Wirkung emotionaler Reaktionen kannte. Als eine Art Trostpflaster für sein wundes Herz war es enttäuschend vorhersehbar, dass er sich in die erste interessante Frau verlieben würde. Aber er glaubte, dass er sich zu Caroline Jackson hingezogen gefühlt hätte, wann immer, wo immer und auf welche Weise er sie auch kennen gelernt hätte. Wäre Katerina noch am Leben, hätte er dies eingeräumt, aber nichts unternommen. Da Katerina jetzt tot war, gab es keinen Grund, warum er sich nicht gestatten sollte, Caroline gern zu haben. Wenn er seine neu erwachten Gefühle einfach nicht zu beachten versuchte, wäre das bestimmt die sicherste Strategie. Aber ein Mann wie er, der immer mit dem Risiko lebte, konnte sich Frauen gegenüber genauso wenig absichern, wie er der gefährlichen und lukrativen Welt den Rücken zukehren konnte, die ihm ein so herrliches Leben ermöglichte.
    Tadeusz stieß die Feuerschutztür auf und trat in die Vorhalle, die zur Wohnung führte. Er war nicht allein, denn Darko Krasic saß auf einer niedrigen Fensterbank, die kurzen Beine vor sich ausgestreckt, während der Rauch seiner Zigarre einen feinen Dunstschleier in der Luft zurückließ. Tadeusz blieb nicht stehen, sondern ging direkt auf seine Wohnungstür zu. »Ich habe dich hier nicht erwartet«, sagte er und hatte den Schlüssel schon ins Schlüsselloch gesteckt.
    »Ich habe etwas, das sich nicht aufschieben lässt«, sagte Krasic und folgte seinem Chef in die Wohnung. Tadeusz legte seinen Mantel ab und hängte ihn an die Garderobe im Flur. Krasic ging weiter ins Wohnzimmer, warf seine Lederjacke über die Lehne der Couch und rief: »Ich könnte einen Drink vertragen.«
    »Bedien dich, du weißt ja, wo alles steht.«
    Krasic goss sich ein Glas Jack Daniels ein und trank das meiste davon mit einem Schluck. Dann schenkte er noch einmal nach und setzte sich in einen modernen Sessel, der viel bequemer war, als er aussah. Er drückte seine Zigarre in einem tiefen Kristallaschenbecher auf dem

Weitere Kostenlose Bücher